Philosophie nach Maß: Die Wacht am Main

Philosophie nach Maß:

Die Wacht am Main


Die Wacht am Main

Frankfurt am Main, die hessische Messe- und Flughafenstadt, die in längst vergangenen Zeiten einmal eine Perle bürgerlicher Vernunft sein wollte, steht dieser Tage fest und wanket nicht, fast wie Germania an Gevatter Rheins grünen Gestaden. Zumindest, wenn es um die dort anstehende Preisverleihung in der Paulskirche geht; Stichwort: Judith Butler.

In diesem Jahr ist, pünktlich zu Rosh HaShana, eine ausgemacht linientreue und lupenreine “Israel-Kritikerin” und Vorzeige-“Linke” an der Reihe, einen prominent benannten Adorno-Preis und jene 50.000 Euro in Empfang zu nehmen, die sich selbstverständlich auch für eine gute Sache spenden lassen würden, und zwar sowohl von der Kommune Frankfurt/Main als auch von der Preisträgerin.

Angesichts aller Proteste, die wegen der Butler-Preisverleihung zu hören sind: Alle Münder schweigen still, wenn ein starker Arm das will - so oder so ähnlich hat man sich das wohl in den Amtsstuben der schwarz-grünen Koalition gedacht, mit der Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) die liebenswerte Mainmetropole regiert.

Es nützte ein Schreiben des israelischen Botschafters nichts, das auf folgende Haltung hinaus lief: Frau Butlers akademische Meriten mögen schön und gut sein, aber ihre Meinung in praktischen Fragen der “Israel-Kritik” erschienen Herrn Hadas-Handelsman doch recht dubios; mit deser Meinung ist seine Exzellenz, der Botschafter, übrigens in ebenso guter wie zahlreicher Gesellschaft.

Sein Vorzimmer hatte die offizielle Meinung des jüdischen Staates über die Preisträgerin natürlich etwas diplomatischer verpackt, als ich das hier kann, damit aber einen Teil der Wirkung vielleicht verschenkt.

Denn noch mehr als Kritik fürchtet die sich aus selbstzweckhaften Gründen zu Unrecht angegriffen inszenierende Jury des Adorno-Preises Freundlichkeit und gutes Benehmen. Und hat sich zuletzt sogar von “Cicero” (die Fortsetzung der “Gala” mit anderen Mitteln) eine Argumentationshilfe schreiben lassen, die ihr das bestätigte, was sie schon immer über sich empfand: Dass sie Opfer allesamt sind.

Es ist Herrn Hadas-Handelsman nur in einem einzigen Detail zu widersprechen: Der Namenspatron des Frankfurter Preises, Theodor Wiesengrund-Adorno, hätte sich angesichts des Out-puts von Frau Butler wahrscheinlich im Grabe rumgedreht.

Immerhin stellt sich die Frage, ob Frau Butler wenigstens für sich selbst verständlich ist, bzw. schreibt bzw. denkt, nicht erst, seit sie für die ostentativ unverständliche Präsentation ihrer Gedanken von einer akademischen Philosophen-Peer-group den “Bad Writing”-Preis erhalten hat; das war tief in den 90ern.

Zur Begründung hieß es damals, dass es wohl die angsteinflößende Obskurität sein müsse, die es der Öffentlichkeit abnötige, Frau Butler mit einer Philosophin zu verwechseln.

Das scheint der Adorno-Preis-Jury entgangen zu sein, und wenn es ihr nicht entgangen ist, wird sie sagen: viel Feind, viel Ehr - wie zu des Kaisers Zeiten; eine “umstrittene” Philosophin macht sich im Bücherschrank nämlich noch viel besser, als eine “anerkannte”.

Denn gedankliche Verschwurbeltheit und unverständliche Schreibe ist in Deutschland – oder vielmehr: “in Europa”, wie man heutzuage schlechterdings zu sagen pflegt – geradezu eine conditio sine qua non geworden für alle, die als Denker eine offizielle Karriere machen möchten; und zwar nicht erst seit den Tagen Kants und Hegels.

Frau Butler scheint ihre déformation professionelle (vulgo: Berufskrankheit), die von den sozialen Verhältnissen aufgezwungen ist, mit überschäumender “Israel-Kritik” zu kompensieren. Das ist der Rhythmus, wo jeder mit muss.

Die “politischen” Gassenhauer der “legitimen Israel-Kritik” flöten Melodien für Millionen (nur Bares ist Wahres), und in der Tiefe ihrer Aversion, auf der Höhe ihres Ressentiments wird die “Philosophin” Butler dann urplötzlich, wie durch Zauberhand, sogar dem dümmsten Franz und der blödesten Grete verständlich.

Philosophie hingegen ist immer so schwierig; und schlecht fürs Business scheint sie sowieso zu sein. So ist das in Berkley, diesem Ost-Jersualem der kalifornischen “Palästina-Solidarität”, und so ist das in London oder Deutschland.

Kurz: Alle, die sich sonst nicht unbedingt für Philosophie interessieren, denen aber die Galle quillt wegen der “Verbrechen wider das Völkerrecht” - natürlich nur, insofern diese die “Opfer der Opfer” (Joschka Fischers unsterblicher Beitrag zu Debatte) berühren - kaufen sich ein Buch von Frau Butler; sie brauchen es ja nicht zu lesen.

Um Philosophie scheint es also beim Adorno-Preis nur ganz am Rande zu gehen, denn schließlich ist eines Tages auch der andere Erz-Israel-Hasser der akadmischen “Linken”, Noam Chomsky, tot; da wäre es natürlich praktisch, wenn das Nachfolgemodell rechtzeitig am Markt für “akademisch” priviligierte “Israel-Kritik” platziert worden ist, um die Fackel der Wansinns weiterzureichen an die kommende Generation. Voilà, Judith Butler.

Die Preisträgerin selbst ist bei jedem Israel-Boykott dabei, der auf sich hält. Hamas und Hizbollah hält sie nach eigener Aussage für überaus progressive soziale Bewegeungen, die man als Teil der globalen “Linken” verstehen muss; genau, wie sich das für eine aufrechte “linke” Israel-Kritikerin eben gehört.

Aber: Tut sie das nur, weil sich sonst vielleicht kein Mensch für das interessieren würe, was sie denkt und schreibt, oder passiert ihr das aus einem eigenen, persönlichen Antrieb? Warum wird Frau Butler den Stallgeruch freiwilliger Unfreiwilligkeit nicht los?

Ihre Meinung zu Hamas und Hizballah versteht sich nicht einmal abwertend gegenüber der “Linken”, sondern stellt eine vollkommen zutreffende Standortbestimmung von Teilen dieser sozialen Bewegung dar. Insbesondere scheint sie aus einer “politischen” Adorationshaltung heraus geschrieben und gedacht zu sein, deren Epizentrum man sonst aus dem Karl-Liebknecht-Hauses kennt.

Eine Adorationshaltung gegenüber dem Terror, die auch in Peter Feldmanns schwarz-grüner Ratsstube zu Frankfurt/Main verständlich zu sein scheint; Frau Ashtons EU-Außen-”Politik”, die ganz versessen darauf ist, die Hizballah mit einem Wohlfahrtsverein zu verwechseln, und ein Deutschland, in dem man mit Kippa auf die Straße gehen kann, und das mit etwas Glück sogar überlebt, runden das Panorama ab.

Was zu der Personalie Butler zu sagen ist, wurde längst an anderer Stelle gesagt und es ist lediglich eins hinzuzufügen: Liebe Frankfurterinnen und Frankfurter. Ihr kommt mit Eurem pathetischen PR-Gag aus der Trickkiste des Standortmarketings, Eurem “Philosophen”-Preis (lokale Eigenwerbung: “Wir könne nicht bloß bänke/sondern auch dänke”) mindestens zehn Jahre zu spät.

Seitdem ist Frau Butler, nun ja, nicht gerade demodée und auch kein Gegenstand der Ridicule, aber doch zumindest in ihrer Fach-Zielgruppe, einer akademischen Öffentlichkeit, die weltweit aus nicht mehr als wanzig, dreißig Leuten besteht, bekannt als das, was sie ist: ein Produkt des Zeitgeists, ein Modeartikel, das Äquivalent zum Wunderbaum.

Frau Butler ist, um es mit einem Märchen zu sagen, nackt und trägt gar keine Kleider; und wenn ich ihre Gedanken richtig deute (denn verstehen kann man sie nicht) ist sie nicht einmal mit Nacktheit bekleidet.

Es geht ihr in diesem Punkt also genau, wie den meisten anderen Menschen auch, und wenn Frau Butler ehrlich mit sich selber wäre, müsste sie die an sie verliehene Auszeichnung aus Gründen des eigenen Anspruchs ablehnen; es sei, denn, Frau Butler hat auch keinen Anspruch an sich selbst.

Nun, liebes Frankfurt, nun freue Dich! Ihr habt eine Philisophin nach Maß, zum Ausschneiden und Sammeln. Wir wünschen Euch mit Eurer Frau Butler aus Berkley viel Vergnügen. Ihr habt Euch Euren Ruhm redlich verdient. Adorno, wie gesagt, hätte sich im Grabe rumgedreht, und dazu hätte er noch nicht einmal das heute sogenannte Institut für Sozialforschung besuchen müssen.

von Gerrit Liskow


Autor: 34
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Mittwoch, 05 September 2012

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