Von Petry über Luther bis Grass

Von Petry über Luther bis Grass


Frauke Petry von der AfD beschließt, den Begriff „völkisch“ zu entstauben, bzw. zu verstauben und zu parfümieren. Bisher ist sie nur für ihre praktische Intelligenz bekannt. Dazu gibt es das passende völkische Sprichwort: Ist dem Esel zu wohl, geht er aufs Eis.

Von Petry über Luther bis Grass

von Dr. Nathan Warszawski

 

„Völkisch“ soll das Adjektiv von „Volk“ werden. Wie „wölkisch“ das Adjektiv von Woelki oder „wolkig“ von Wolke. „Volkig“ wäre korrekt, klingt jedoch allzu ungewohnt. Na und?! AfD klingt auch nicht wie Musik in den Ohren!

Bisher benutzt man „völkisch“ in die Zeit vor und während Hitler als Zusammenfassung von „antisemitisch“ und „rassistisch“. Nun soll nach Petrys Willen „völkisch“ für „national“ (deutschnational?) stehen, da das internationale Wort „national“ nicht völkisch ist. Ich gebe „völkisch“ wenig Zukunftschancen und plädiere stattdessen für „wölkisch“ im Sinne von „unwissend verwirrt“.

 

Nächstes Jahr pocht das Lutherjahr an der Tür. Assoziativ stellt sich die Frage, ob Luther im heutigen Sinn völkisch gewesen ist. Er ist ein berühmter Judenhasser, was damals „Antijudaist“ heißt, da das Wort „Antisemit“ noch nicht gebraucht wird. Doch ist der Judenhasser Luther zusätzlich ein Rassist? Hierzu gibt es keine stichhaltigen Beweise. Sein Hass auf die christlichen deutschen Bauern reicht sicherlich nicht aus, in ihm einen Rassisten zu sehen.

Haben die Nazis Luther vervölkischt? Dafür gibt es genügend Anhaltspunkte. Sie feierten seinen Geburtstag auf seinen Wunsch hin mit brennenden Synagogen, selbst wenn nicht ausreichend Juden dabei umgekommen sind. Die Mehrheit der damals offiziellen Lutheraner, insbesondere die „Deutschen Christen“ DC, schmiegen sich eng an die Ideologie des Nationalsozialismus. Sie können mit Fug und Recht als völkisch nicht im Sinne Petrys bezeichnet werden. Nebenher entjuden sie ihren Heiland und behaupten, dass er Arier gewesen ist. Maria ist wohl eine flotte Römerin gewesen, was bereits ihr Name beweist!

 

Hier springen wir weiter. Die heutigen christlichen und manche muslimischen Araber behaupten voller Ernst, dass Jesus, den die DC für einen Arier halten, in Wirklichkeit ein Palästinenser gewesen ist, also ein Nachkomme der Philister. Auf Arabisch heißt Palästina nämlich „Filastin“, was „Land der Philister“ bedeutet. Krethi und Plethi (Kreter und Philister) werden bereits in der Bibel erwähnt. Heute würde man beide Völker als Griechen bezeichnen, also als Indoeuropäer oder unmodern als Indogermanen oder altmodisch völkisch als Arier. Somit stimmen die Araber und manche Deutsche aus Politik, Kirche oder Gewerkschaft, die den Juden den Staat Israel missgönnen, mit dem Gedankengut der DC und des Nationalsozialismus überein.

 

Und hier schließt sich endlich der Kreis zu Günter Grass. Kurz vor seinem Tod erinnert der Schreiber sich, dass er bei der SS gewesen ist. Betäubt von seinem Erinnerungsvermögen und seiner waagemutigen Aufrichtigkeit beginnt er Israel, den Staat der Juden, zu verfluchen. Viele Muslime stimmen ihm zu. Denn die Muslime, die für Hitler gekämpft haben, haben aus antijudaistischen Gründen wie er gewöhnlich in der SS gedient. Grass ist ihr Bruder nicht im Geiste, sondern im Kampf gegen die Juden, den sie schon unter Hitler beinahe gewonnen haben. Der Judenhasser Günter Grass verbittet sich, Antisemit genannt zu werden. Das ist nach Auschwitz in Deutschland noch nicht schicklich. Er ist kein Antijudaist, kein Antisemit, kein Antizionist, sondern ein „Israelkritiker“. Ein neues Wort mit unverändertem Inhalt ist geboren.

 

Der Leser, der mir bis hierher gefolgt ist, möchte nun wissen, wieso sich der Kreis, beginnend mit Frauke Petry bei Günter Grass schließt. Parteipolitisch gehört Grass in die SPD, die von der AfD bei Flüchtlingsfragen bisher gut unterscheidbar ist. Beim Verhalten Juden gegenüber nähern sich diese beiden Parteien rapide an und nicht im positiven Sinne. Doch dieses ist nicht der eigentliche Kreis, der sich schließt. Der Kreis schließt sich in der semantischen Feststellung, der die AfD, die SPD, die heutigen Lutheraner und alle Judenhasser einschließt, ob sie sich nun als Antijudaisten, Antisemiten, Antizionisten oder als Israelkritiker sich richtig bezeichnet fühlen:

 

Völkisch verhält sich zu Nationalsozialismus wie judenhassend zu Israelkritik.

 

 

Numeri 24 : 9 - Foto: Parteichefin Petry bei einber Parteiveranstaltung (Foto: von Harald Bischoff (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons)


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Mittwoch, 14 September 2016