SPD-Kahrs: Verbieten und entlassen

SPD-Kahrs: Verbieten und entlassen


Johannes Kahrs, SPD-Bundestagsabgeordneter für Hamburg-Mitte, haushaltspolitischer Sprecher seiner Fraktion und Sprecher des Seeheimer Kreises, einer konservativ angehauchten Gruppe innerhalb der SPD-Fraktion, gehört nicht gerade zu den Politikern, deren Namen jeder kennt – wie Sigmar Gabriel, Martin Schulz oder Olaf Scholz.

SPD-Kahrs: Verbieten und entlassen

Von Henryk M. Broder

Im Laufe seiner politischen Karriere, die in den 80er Jahren bei den Jusos begann, machte er sich trotzdem einen Namen, indem er seine Gegner, auch in der SPD, niedermachte, als wäre er ein Gutsherr und sie seine Leibeigenen. Geht es gar um die AfD, kennt Kahrs kein Pardon und macht keine Gefangenen.

In einer Rede vor dem Bundestag am 12. September letzten Jahres rief er den AfD-Abgeordneten zu, „Rechtsradikale in diesem Parlament“ wären „nicht nur ein Problem“, sondern auch „unappetitlich“, sie hätten außer „dummen Sprüchen“ nichts anzubieten. „Man muss sich diese Traurigen nur mal angucken“, um zu erkennen, „Hass macht hässlich“, die AfD-Leute sollten mal „in den Spiegel schauen“. Die SPD-Fraktion quittierte diese Bemerkung mit Beifall und Lachen, die AfD-Abgeordneten verließen den Plenarsaal.

Kein Problem mit der LINKEN

Nun ist die AfD keine lupenrein und porentief demokratische Partei, aber das ist die LINKE, die aus der SED hervorgegangen ist, auch nicht. Und dennoch kam und kommt die SPD mit ihr bestens und ohne Bauchkrämpfe zurecht, u.a. in den Parlamenten und Landesregierungen von Berlin, Brandenburg und Thüringen, wo die LINKE den Ministerpräsidenten stellt. Demnächst auch in Bremen unter Beteiligung der Grünen.

Für Kahrs kein Problem. Die AfD dagegen möchte er „verbieten“ und „dann afd mitglieder aus dem beamtenverhältnis entlassen“, so Kahrs am 7. Juli auf Twitter als Antwort auf die Frage eines Users, wie er die AfD neutralisieren würde.

Kahrs ist sich möglicherweise nicht bewusst, vor welchem historischen Hintergrund er agiert. Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom April 1933 war der „rechtliche“ Hebel, mit dem jüdische und politisch unverlässliche Beamte aus dem Staatsdienst entlassen wurden, der Anfang der „Gleichschaltung“.

Davon kann in der Bundesrepublik keine Rede sein. Wie kommt aber ausgerechnet ein SPD-Abgeordneter auf die Idee, man könnte es wieder versuchen?

 

Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche - Übernommen von der Achse des Guten mit freundlicher Genehmigung des Autors.


Autor: Henryk M. Broder:
Bild Quelle: Cosmicgirl CC BY 3.0 via Wikimedia Commons


Sonntag, 14 Juli 2019