Ein historischer Rück- und Ausblick, wie dieses Drama beendet werden könnte: Warum Erdogan mit der NATO so umspringen kann und es auch tut

Ein historischer Rück- und Ausblick, wie dieses Drama beendet werden könnte:

Warum Erdogan mit der NATO so umspringen kann und es auch tut


Ein historischer Rück- und Ausblick, wie dieses Drama beendet werden könnte:

 Warum Erdogan mit der NATO so umspringen kann und es auch tut

Von Albrecht Künzle

Blicken wir 70 Jahre zurück ins Jahr 1949. Die westlichen Besatzungsmächte geboten den Deutschen, die Bundesrepublik zu gründen. Das geschah am 23. Mai – ohne die Ostzone! Ein halbes Jahr später geschah dasselbe mit der Gründung der DDR unter der Fuchtel der UdSSR. Drei Wochen vor der Gründung der BRD gründete sich am 4. April 1949 die NATO mit dem Anspruch eines „Verteidigungspaktes“. Verteidigung gegen welchen Pakt? Den Warschauer Pakt gab es ebenso wenig wie die DDR-Volksarmee. Nachdem die Westalliierten Adenauer am 23.10.1954 aufforderten, der NATO beizutreten, geschah dies am 09.05.1955. Das war den Russen schließlich zu viel, weshalb fünf Tage später am 14. Mai 1955 der Warschauer Pakt gegründet wurde.

Doch schon drei Jahre vor der BRD trat die Türkei 1952 der NATO bei. Besser, sie wurde beigetreten, und zwar von den USA. Warum? Zwischen den Großmächten war ein Wettrüsten im Gange, es gab bereits auf beiden Seiten Atomraketen, aber noch keine mit großer Reichweite. Deshalb wurden im Jahr 1958 in Großbritannien Mittelstreckenraketen der USA aufgestellt, die aber die Südrepubliken der UdSSR nicht erreichen konnten.

Deshalb schaute sich die USA die Türkei aus. Diese hatte zwar absolut nichts mit dem Nordatlantik zu tun, dessen Name das Bündnis trägt. Dafür hat sie aber den gleichen geographischen Vorteil wie England. Die Türkei ist fast vollständig von Wasser umgeben – ein quasi „unsinkbarer atomarer Flugzeugträger“. Ideal um ihre THOR- und JUPITER-Raketen der USA aufzustellen. Das geschah dann auch – und mündete in die Kuba-Krise 1962, die das Zeug für den 3. Weltkrieg hatte. Denn 1962 versuchten die militärisch immer noch unterlegenen Russen die bedrohlichen Raketen aus der Türkei weg zu bekommen, indem sie selbst Mittelstreckenraketen auf Kuba aufstellen wollten. Dieses Pokerspiel war riskant aber erfolgreich. Im Gegenzug zum Rückzug der russischen Schiffe aus der Karibik zogen die Amerikaner ihre Raketen aus der Türkei ab. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion wurde dieser Teil der Geschichte des Kalten Krieges bekannt – wird behauptet. Nein, ich kannte die Geschichte wie jeder, der Fakten suchen wollte.

Und heute? Heute gibt es Langstreckenraketen, die NATO bräuchte die Türkei nicht mehr als „unsinkbaren Flugzeugträger“. Aber inzwischen stellt Erdogans Armee die zweitgrößte der NATO nach den USA. Mit diesem „Pfund“ wuchert Erdogan. Diese türkische Armee steht aber unter einem Befehlshaber, der so unberechenbar ist wie einst der Gröfaz Hitler. Das Risiko des Despoten vom Bosporus ist größer als der Nutzen für die NATO. Er trägt das Risiko in sich, dass aus seinem Angriff auf das Nachbarland Syrien ein „Verteidigungsfall“ für uns wird. So jedenfalls die queren Gedanken eines Asselborn in Brüssel und einiger anderer. Und damit das Risiko eines Konflikts mit Russland mit ungewissem Ausgang.

Zu diesem Szenario sei Wikipedia bemüht: „2016 bescheinigten die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags, dass „[e]in türkischer Militäreinsatz in Syrien […] sich – wie die Militäreinsätze Frankreichs, Deutschlands, Großbritanniens, der USA und anderer Mitglieder der sog. ‚Anti-IS-Koalition‘ – völkerrechtlich auf das Selbstverteidigungsrecht in Gestalt des Rechts zur Nothilfe nach Art. 51 VN-Charta (zugunsten Frankreichs oder des Iraks) berufen“ könnte. Da die Kämpfe auf syrischem Territorium stattfänden, könne aus ihnen keine Beistandspflicht nach Art. 5 des NATO-Vertrags abgeleitet werden. Die Dienste betonten, dass sie nicht „[e]in militärisches Vorgehen der Türkei gegen das Assad-Regime selbst oder gegen die syrischen Kurden in Nordsyrien (YPG)“ zu beurteilen hätten, da ein derartiges Vorgehen nicht zur Diskussion stehe.“

Aber so schnell ändern sich die Zeiten: „Im Herbst 2019 wurde jedoch die Befürchtung laut, dass nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Nordsyrien Auseinandersetzungen zwischen dem türkischen und dem syrischen Militär zu einer Ausrufung des NATO-Bündnisfalls führen könnten“. Die Befürchtung des Einmarsches wurde nun wahr, hoffentlich nicht der Bündnisfall. Sonst wird aus dem „Bündnis“ eine gewöhnliche Bande von Staaten.

Deshalb: Werft Erdogan-Land aus der NATO. Beerdigt die Illusion, dass dieses islamische Land jemals zu Europa passen könnte. Die Türkei war es, die dem IS von ihm gekapertes Öl abkaufte – von wegen Terrorbekämpfung. Keine Milliarden mehr zur Förderung der Beitrittsfähigkeit der Türkei. Stellt Erdogan vor den internationalen Strafgerichtshof. Auf keinen Fall jedoch vor ein europäisches Gericht, damit dieses Trauma von der Zugehörigkeit der Türkei – eines vorderasiatischen Landes – endlich ad acta gelegt wird. Lasst euch von Erdogan nicht länger auf der Nase herumtanzen! Schließt seine 1.000 Botschaften in Deutschland, nämlich die DiTiB-Moscheen. Auch nach der Ära Erdogan gehört die Türkei weder geographisch noch gesellschaftlich und kulturell zu unserem Europa.


Autor: Albrecht Künzle
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Dienstag, 22 Oktober 2019