Lamya Kaddor erklärt: `Man kann Israel nur bedingungslos unterstützen´

Lamya Kaddor erklärt: `Man kann Israel nur bedingungslos unterstützen´


In einer Kolumne für t-online.de hat Lamya Kaddor erklärt, man könne Israel nur `bedingungslos unterstützen´ .

Lamya Kaddor erklärt: `Man kann Israel nur bedingungslos unterstützen´

Von Gerd Buurmann

Lamya Kaddor führt aus, angesichts der weltweiten judenfeindlichen Bedrohungslage verschaffe die Gewissheit, einen Ort auf der Welt zu haben, zu dem man im Zweifelsfall fliehen könne, Juden ein notwendiges Gefühl von Sicherheit. Der Staat Israel sei eine Lebensversicherung für Juden: „Kein Wunder also, dass er von den meisten bedingungslos verteidigt wird und verteidigt werden muss – ganz egal, wer dort regiert.“

In der sehr lesenswerten Kolumne gibt es jedoch eine Stelle, bei der ich eine kleine, aber dennoch notwendige Korrektur vornehmen möchte. Lamya Kaddor schreibt:

„Wer derart martialisch auftritt, um Politik zu machen oder die eigenen Reihen hinter sich zu schließen, muss sich nicht wundern, wenn der Gegner aufrüstet; erst recht nicht in der Region, wo einst die Wiege des Talionsprinzips stand (Auge und Auge, Zahn um Zahn).“

Seit Jahrhunderten werden Lügen über Juden verbreitet. Juden wird vorgeworfen, Kinder zu schlachten, Brunnen zu vergiften und die Welt zu unterjochen. Viele dieser Lügen sind mittlerweile bei aufgeklärten Menschen verpönt. Es gibt jedoch manche Behauptungen, die nach wie vor Konjunktur haben. Am erfolgreichsten ist die Behauptung, bei dem Spruch „Auge um Auge“ handele es sich um ein Rachegebot.

Wenn Journalisten, Publizistinnen und Politiker über den Nahen Osten schreiben, geben sie sich gerne biblisch gebildet, schreiben „Auge um Auge“ und suggerieren damit, es gäbe eine jüdische „alttestamentarische Vergeltung“. Diese Vorstellung von dem alttestamentarischen Rachegott der Juden ist jedoch nichts weiter als eine uralte antijüdische Behauptung.

Manche Leute glauben, das jüdische Testament sei ein Buch der Rache. Manche Christen stellen dem Buch dann ganz selbstergriffen das christliche Testament als vermeintliches Buch der Nächstenliebe entgegen. Als Kronzeugen bemühen diese Leute stets die biblische Stelle „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ und begehen dabei schon den ersten Fehler, denn in der Bibel steht nicht „Auge um Auge“ sondern „Auge für Auge“.

Der Spruch עין תּחת עין ist Teil eines Rechtssatzes aus Sefer ha-Berit in der Tora. In der Bibel ist diese Stelle als Ex 21, 23–25 gekennzeichnet. Die korrekte Übersetzung lautet:

„… so sollst du geben Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme.“

Dieser Satz bedeutet nicht, dass eine Tat mit der gleichen Tat vergolten werden soll, sondern dass die Strafe der Tat abgemessen sein muss. Mit dieser Formel wurde die im Alten Orient verbreitete Blutrache eingedämmt, die übele Strafen für selbst kleine Vergehen vorsah. Diese Blutrache wurde durch eine Verhältnismäßigkeit von Vergehen und Strafe abgelöst. Die Formel verlangt vom Täter zum Beispiel einen angemessenen Schadensersatz in allen Fällen von Körperverletzung.

Die talmudische Erklärung der Tora, auf der die jüdische Tradition aufbaut, kommt zu dem Schluß (Traktat Bava Qamma 83b-84a), dass der Verlust eines Auges schlichtweg nicht durch die Wegnahme eines anderen Auges kompensiert werden kann. Die Formel kann somit eben nicht als „Wie du mir, so ich dir“ verstanden werden, sondern führt unter Bezugnahme auf den Rechtsgrundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz (Leviticus 24, 22) vielmehr einen Ausgleichsanspruch ein. Anstelle der drakonischen Aufrechnung wird mit der Formel mäßigend zwischen den Streitparteien vermittelt.

Mithin liegt die Bedeutung der Norm „Auge um Auge“ in einer realistischen Evaluation der tatsächlich im Schadensfall verletzten Rechtsposition. Im Talmud wird sogar der Schadensersatz definiert. Er setzt sich aus fünf Komponenten zusammen (Traktat Bava Qamma, Mischna 8,1):

Ersatz des materiell entstandenen Schadens
Schmerzensgeld
Heilungskosten
Ersatz des Arbeitsausfalls
Wiedergutmachung der Beschämung

Viele Leute, besonders israelkritische Journalisten, sehen diesen Kontext jedoch nicht und faseln stattdessen beharrlich von einem „Prinzip der Rache“, das aus diesem Zitat sprechen soll und erklären zudem, das Evangelium sei im Gegensatz ein Buch der Nächstenliebe. Dabei übersehen sie geflissentlich, dass es auch im Evangelium ab und an ganz schön unversöhnlich zugeht.

Der Gott der Christen und der Gott der Juden tun sich nicht viel, wenn es um Rache geht! Auch der Gott der Muslime ist nicht versöhnlicher. Ich würde sogar sagen, der Gott der Christen und der Gott der Muslime ist unversöhnlicher als der Gott der Juden. Der Gott des alten Bundes straft nämlich nur im Diesseits. Eine konkrete Jenseitsvorstellung wird in der Tora nicht artikuliert. Der Gott des Evangeliums und der Gott des Korans jedoch straft im Jenseits und zwar für immer und auf brutalste Weise.

Im Evangelium und im Koran öffnet sich die Schere zwischen Gottes Liebe und Gottes Hass extrem. Gott straft bis in alle Ewigkeit und es ist erschreckend, was für Strafen der christliche und der muslimische Gott für alle Ewigkeit bereithält. Mit der Hölle hat sich Gott ein ewiges Folterlager gesetzt. Ein versöhnlicher Gott sieht anders aus.

 

Tapfer im Nirgendwo


Autor: Gerd Buurmann
Bild Quelle:


Freitag, 15 November 2019

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