Ich bin müde: Warum es immer schwerer wird, die Fackel der Freiheit zu tragen

Ich bin müde: Warum es immer schwerer wird, die Fackel der Freiheit zu tragen


Liebe Leser, am 2. Oktober 2011 habe ich das heutige wöchentliche Format meines Blogs gestartet. Schon bald feiert die Liberale Warte, die in den ersten fünf Jahren als „Klodeckel des Tages“ noch mit einem eher satirischen Anstrich daherkam, also ihr zehnjähriges Bestehen.

Ich bin müde: Warum es immer schwerer wird, die Fackel der Freiheit zu tragen

Von Ramin Peymani, Liberale Warte

Es wird ein Jubiläum mit gemischten Gefühlen. Mit ein bisschen Stolz schaue ich auf mehr als 500 Essays zurück, die vieles früh vorwegnahmen. Doch ich bin müde. Ich bin müde, Woche für Woche zu warnen, zu mahnen, zu argumentieren, zu erklären, aufzuwecken, anzuspornen und zu appellieren. Nur Ihre Unterstützung, Ihr Zuspruch und Ihr enormes Interesse an meinen Publikationen hat mich bis hierher getragen. Ich weiß aus Tausenden von Rückmeldungen, dass ich vielen von Ihnen dabei helfe, den Mut nicht zu verlieren angesichts des rasanten Verfalls von Demokratie und Rechtsstaat sowie der immer weiter um sich greifenden Drangsalierung durch menschenverachtende Ideologen. Ich möchte Ihnen, den freiheitlich gesinnten Bürgern, die sich den gesunden Menschenverstand erhalten haben, gerne auch künftig eine Stimme geben, doch es wird immer schwerer, die Kraft dafür aufzubringen. Was ist noch zu retten in einem Land, das von einer Politikerkaste vereinnahmt worden ist, die das Gemeinwohl mit Füßen tritt, weil wir ihr nichts mehr anhaben können und Lobbyisten die ergiebigeren Argumente liefern? Wie will man auf der anderen Seite gegen ignorante Massen ankommen, die sich lieber in die Scheinwelt ihrer Tagträume flüchten, als den unbequemen Gedanken zuzulassen, dass ihr Weltbild einer Lebenslüge entspringt? Warum soll man sich verschleißen, wenn Argumente keine Wirkung mehr entfalten, weil die polit-medialen Agitatoren Emotionen als einzig geltenden Maßstab etabliert haben?

Bloße Behauptungen, undurchsichtige Rechenmodelle und willkürliche Referenzperioden genügten, um ein totalitäres System zu installieren

Es war die Staatsschuldenkrise, die eine Zeitenwende eingeleitet hat. Als Finanzkrise wurde sie von der Politik bezeichnet, um die Verantwortlichkeiten zu verschleiern. Es handelte sich aber keineswegs um einen Kollaps aus heiterem Himmel, sondern um die Folge falscher politischer Entscheidungen und Weichenstellungen. Die existierenden Betrugsmöglichkeiten für den Finanzsektor einerseits und die Überschuldungspolitik der Regierungen andererseits waren das Problem. In Europa wirkte dabei der Euro mit den vorgezeichneten Verwerfungen und Fehlanreizen wie ein Brandbeschleuniger. Kaum hatte sich die Lage scheinbar beruhigt, weil die Politik ihre Fehler durch den Bruch von Regeln und Gesetzen kaschierte, die aber nur wieder neues Öl ins Feuer gegossen haben, beschloss die globale Machtelite, dass es Zeit für moderne Völkerwanderungsbewegungen sei. Auch hier waren die Folgen absehbar und mitunter vielleicht sogar gewollt. Die globale Migrationsagenda hat die Welt im letzten Jahrzehnt nachhaltig verändert. Die Konsequenzen erleben wir in den westlichen Demokratien noch unmittelbarer als die Erschütterungen durch die Staatsschuldenkrise. Immer mehr hatten die Führer der ehemals Freien Welt daneben mit der Erzählung von der Klimakrise inzwischen eine Ideologie als Herrschaftsinstrument für sich entdeckt, die ihnen so viel Macht über die Menschen gegeben hat wie nie zuvor. Bloße Behauptungen, obskure Rechenmodelle und willkürliche Referenzperioden genügten, um ein System zu installieren, dessen perfide Narrative gerade in Deutschland verfangen, wo nicht nur die Staatsgläubigkeit der Bürger rekordverdächtig ist, sondern auch die Zahl erstklassig ausgebildeter Agitprop-Funktionäre. Eine ergebnisoffene Diskussion ist dabei ausgeschlossen.

Das Unheil hat seinen Lauf genommen und ich konnte es ebenso wenig verhindern wie die vielen Dutzend anderen Freien Autoren dieses Landes

Zu guter Letzt haben wir es mit Corona zu tun. Es scheint sich dabei geradezu um das Meisterstück der neuen Herrscherklasse zu handeln, die mit nonchalanter Selbstverständlichkeit den Rechtsstaat aus den Angeln hebt und Gesetzmäßigkeiten schafft, die noch vor kurzem völlig undenkbar schienen. Auch hier stützt sie sich auf undurchsichtige Modelle und willkürliche Grenzwerte. Was beim Klima so wunderbar funktioniert, ist für Corona gerade gut genug. Wieder ist eine offene Debatte verpönt, weil Fakten das Narrativ stören und Sachargumente die mit viel Aufwand geschaffene Panik gefährden. Mit dem Totschlagargument des Rechtspopulismus wird ohnehin längst alles im Keim erstickt, was regierungskritisch daherkommt. Schöne neue Welt. Das Unheil hat seinen Lauf genommen und ich konnte es ebenso wenig verhindern wie die vielen Dutzend anderen Freien Autoren dieses Landes. Wir treffen auf Millionen von Menschen, mit denen es uns gelingt, die Totalitären auf ihrem Weg ein wenig zu bremsen. Doch wir können die gewaltigen Systeme nicht zum Stillstand bringen, die uns in jeder denkbaren Hinsicht überlegen sind, von der unbegrenzten Ausstattung mit Steuern und Lobbygeldern über die Kontrolle der verfassungsmäßigen Organe bis zur vollständigen Besetzung des öffentlichen Diskurses. Wenn ich so kurz vor dem zehnjährigen Jubiläum der Liberalen Warte also um Kraft ringe, sehen Sie es mir bitte nach. Möglicherweise tut sich ja doch noch etwas. Vielleicht spüren die wohlig Schlummernden, dass ihr jahrelanger Selbstbetrug ihre Lage verschlimmert hat. Vielleicht können die Regierenden irgendwann Kritiker nicht mehr folgenlos niederknüppeln lassen. Vielleicht siegt die Kraft des Faktischen. Ich zweifle. Sagen Sie mir, warum ich falsch liege und alles gut wird. Ich bin müde.


Autor: Ramin Peymani
Bild Quelle: Zairon, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons


Dienstag, 17 August 2021

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