Ausgestoßener der Woche: Virenschleuder in der Umkleidekabine

Ausgestoßener der Woche: Virenschleuder in der Umkleidekabine


Die „einrichtungsbezogene Impfpflicht“ kommt. Nach einem aktuellen Beschluss von Bundestag und Bundesrat müssten Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheits- und Pflegebereichs bis zum 15. März 2022 nachweisen, dass sie vollständig gegen Covid-19 geimpft oder genesen sind oder aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Ausgestoßener der Woche: Virenschleuder in der Umkleidekabine

von Kolja Zydatiss

Betroffen sind Beschäftigte von:

  • Krankenhäusern
  • Einrichtungen für ambulantes Operieren,
  • Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
  • Dialyseeinrichtungen
  • Tageskliniken
  • Entbindungseinrichtungen
  • Behandlungs- oder Versorgungseinrichtungen, die mit einer der oben genannten Einrichtungen vergleichbar sind
  • Arztpraxen, Zahnarztpraxen
  • Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
  • Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes, in denen medizinische Untersuchungen, Präventionsmaßnahmen oder ambulante Behandlungen durchgeführt werden
  • Rettungsdiensten
  • sozialpädiatrischen Zentren
  •  medizinischen Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schweren Mehrfachbehinderungen
  • voll- und teilstationären Pflegeheimen für ältere, behinderte oder pflegebedürftige Menschen
  •  ambulanten Pflegediensten und weiteren Unternehmen, die den genannten Einrichtungen vergleichbare Dienstleistungen im ambulanten Bereich anbieten

Erinnernd an das maoistische China

Mitten in einer vermeintlichen oder tatsächlichen Gesundheitskrise werden also zahllose medizinische und pflegerische Fachkräfte ausfallen, die wegen ihrer Impfverweigerung entlassen oder ohne Bezüge beurlaubt wurden.

Nebenbemerkung: Garniert ist die betreffende Meldung auf der Webseite des Bundesministeriums für Gesundheit mit einem grafisch hervorgehobenen Zitat von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD):

„Die Herausforderung liegt darin, die aggressive Delta-Welle endlich nachhaltig zu brechen und die drohende Omikron-Welle noch zu verhindern. Langfristig wird es darauf ankommen, die Bevölkerung zu schützen, vor weiteren Wellen.“

Interessant ist hier nicht so sehr die Aussage, sondern ihre Integration in einen ansonsten staubtrockenen Ministerialtext. Das hat etwas personenkultartiges, erinnernd an das maoistische China, wo Zitate des „großen Steuermanns“ ehrfürchtig in alle möglichen offiziellen Zusammenhänge eingebaut wurden (lustig karikiert vom verstorbenen israelischen Schriftsteller Ephraim Kishon, der in einer seiner satirischen Kurzgeschichten beschließt, seine kleine Tochter ausschließlich mittels Mao-Zitaten zu erziehen – im „kleinen roten Buch“ findet er tatsächlich für nahezu jeden Anlass ein passendes).

„Jetzt sind es die gleichen Methoden“

Ausgestoßen ist aktuell auch Alexander Kogan. Anlässlich der Verlegung sogenannter Stolpersteine in Lippstadt trat der Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Paderborn vor zwei Wochen als Gastredner auf. Kogan erinnerte zunächst an die systematische Ausgrenzung von Juden in früheren Jahrzehnten. Später sagte er dann in Bezug auf die 2G-Maßnahmen gegen Corona, also die gegenwärtige systematische Ausgrenzung von Ungeimpften aus dem öffentlichen Leben: „Jetzt sind es die gleichen Methoden. Nur, dass diesmal die ganze Gesellschaft betroffen ist. […] Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen, das war ein Prozess.“ Wer die Parallelen nicht sehen wolle, verschließe die Augen.

Die Stolpersteine sind ein Projekt des deutschen Künstlers Gunter Demnig. Sie werden vor einstigen Wohnungen von Menschen verlegt, die in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert wurden und meist dem Holocaust zum Opfer fielen.

Beate Tietze-Feldkamp, die die Gedenkfeier mit Hilfe der Stadt organisiert hatte, findet Kogans Äußerungen empörend: „Jetzt kommen Leute, so wie er, der meint: weil er in einem Schuhgeschäft nicht einkaufen gehen kann, wenn er keinen Impfausweis vorzeigt, kann er sich mit diesen Opfern des Holocaust gleichsetzen – und das geht überhaupt nicht. Das ist ja wirklich eine Verachtung der Menschen und des Schicksals der Menschen, die das von 1933 bis 1945 erleben mussten.“ Stolperstein-Initiator Demnig, der bei der Veranstaltung in Lippstadt ebenfalls anwesend war, sprach von einer „Respektlosigkeit“, die er so seit Beginn seiner Aktionen 1996 nicht erlebt habe.

Irith Michelsohn, Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeine im benachbarten Bielefeld, gab zu Protokoll: „Wir distanzieren uns von den Äußerungen und verurteilen sie auf das Schärfste. Die aktuellen Corona-Maßnahmen sind in keiner Weise mit der Vorgehensweise der Nationalsozialisten zu vergleichen. Dadurch wird der Massenmord an Millionen Juden verharmlost.“ Der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe hat Alexander Kogan sogar den Rücktritt nahegelegt, wenn er sich von seinen Äußerungen nicht distanzieren wolle. Für einen Repräsentanten einer Jüdischen Gemeinde seien solche Äußerungen „unerklärlich und untragbar“.

Dabei legen die von den Medien wiedergegebenen Rede-Zitate nicht nahe, dass es Kogan um eine Gleichsetzung von nationalsozialistischer „Endlösung“ und 2G ging (das wäre in der Tat absurd, verharmlosend und geschmacklos). Sein Anliegen klingt für mich eher nach „wehret den Anfängen“. Kogan – der sich in einer ersten Stellungnahme auf die Meinungsfreiheit berufen hat und sich für seine Äußerungen nicht entschuldigen oder gar zurücktreten will – hat nicht unrecht, wenn er die Judenverfolgung als „Prozess“ beschreibt. Am Anfang stand eben nicht der industrielle Massenmord, sondern das Ausmachen von Sündenböcken, von Außenseitern, die das „Unglück“ der Volksgemeinschaft seien, weil sie diese kontaminierten und ihre gemeinsamen Ziele sabotierten.

(Quellen: WDRRadio Hochstift)

Vorzeige-Saubermann

Ob der jüdische Gemeindefunktionär wohl an Fälle wie Denis Lapaczinski dachte? Der ehemalige Profi-Fußballer wurde bereits vor mehreren Wochen von seiner Arbeit als Teammanager des 1. FC Köln freigestellt. Nun hat ihm der Verein mitgeteilt, dass sein Vertrag (entgegen einer früheren Ankündigung) endgültig aufgelöst wird. Grund ist die Tatsache, dass Lapaczinski sich nicht gegen Covid-19 impfen lassen will.

Laut eines Berichts von t-online war der 40-jährige Teammanager bereits mit dem Virus infiziert. Er gilt also als Genesener, ein Status der bekanntlich eine deutlich stärkere Immunität verleiht als die (hinter den ursprünglichen Erwartungen, insbesondere was die Verringerung des Transmissionsrisikos angeht, zurückbleibenden aber dennoch weiterhin von Politik und Medien als „solidarisch“ gehypten) Vakzine. Aber beim Thema Impfen kennt der Effzeh kein Pardon – durch die Entlassung ist nun eine dauerhafte Absonderung der potentiellen Gefahrenquelle von der (laut BILD zu 100 Prozent geimpften) Mannschaft gewährleistet (vorausgesetzt Lapaczinski tut nichts Subversives wie sich privat mit den Spielern zum Playstation spielen und Diet-Cola schlürfen zu treffen… ).

Fürchtet man hier wirklich eine Virenschleuder in der Umkleidekabine? Oder geht es, wie die BILD mutmaßt, eher um die Vorbild-Funktion des Teammanagers (der 1. FC Köln gibt in der nationalen Impf-Mobilisierung den Vorzeige-Saubermann, etwa durch die vorausseilende, freiwillige Einführung der mittlerweile rechtlich zementierten 2G-Ordnung bereits diesen Sommer)? Wahrscheinlich ein bisschen von beidem.

Siebentägige Uploadsperre

Auf YouTube waren diese Woche sämtliche Inhalte von Massengeschmack-TV zeitweise nicht verfügbar. Massengeschmack-TV ist eine Plattform von Holger Kreymeier. Der Journalist und Medienunternehmer ist vor allem für seine von 2007 bis 2018 produzierte Online-Magazinsendung Fernsehkritik-TV bekannt, in der er aus einer linken politischen Perspektive einen kritischen Blick auf das private und öffentlich-rechtliche Fernsehen in Deutschland warf. Das Programm von Massengeschmack-TV umfasst mittlerweile mehrere regelmäßig erscheinende Sendungen, darunter auch das Nachfolgeformat von Fernsehkritik-TV Die Mediatheke. Das werbefreie Projekt finanziert sich in erster Linie über Abonnements.

Wie Massengeschmack-TV auf Twitter mittteilt, wurde der eigene YouTube-Kanal wegen angeblich „wiederholt schwerwiegender Verstöße“ gegen die Community-Richtlinien zunächst komplett gelöscht. Konkreter Auslöser war nach Angaben der Betreiber ein Beitrag über den öffentlich-rechtlichen Kinderkanal (KiKA). Nachdem man Beschwerde eingelegt habe, sei die Kanallöschung in eine siebentägige Uploadsperre umgewandelt worden. Das KiKA-Video bleibt gelöscht. Das Büro der Hamburger Firma Alsterfilm, die die Massengeschmack-TV-Sendungen produziert, war am Mittwoch und Donnerstag leider nicht für meine Fragen zu erreichen.

„Durch das Leiden anderer erschaffen, restauriert oder finanziert“

In Schottland hat indessen die private, gemeinnützige Stiftung National Trust for Scotland, die einige der beliebtesten Besucherattraktionen des Landes betreibt, einen Bericht vorgestellt, wonach 48 historische Stätten – ein Drittel der vom National Trust for Scotland betreuten Liegenschaften – problematische Verbindungen zum Sklavenhandel haben. Das meldet die deutsche Tagespost mit Bezug auf Berichte der britischen Zeitungen Times und Daily Mail sowie des französischen Figaro.

Zu den 48 negativ hervorgehobenen Bauwerken gehöre unter anderem das bei Touristen als Sehenswürdigkeit beliebte Glenfinnan Monument, ein 18 Meter hoher Turm, der an den Jakobitenaufstand von 1719 erinnert. Das Denkmal habe es in den 60-seitigen Bericht geschafft, weil es von Sandy Macdonald errichtet wurde, einem reichen Geschäftsmann, der in Jamaika auf dem Höhepunkt des Sklavenhandels zu seinem Vermögen kam. Der Bericht sei nach den Protesten der Black-Lives-Matter-Bewegung (BLM) in Auftrag gegeben worden, um ein besseres Verständnis dafür zu schaffen, inwieweit das kulturelle Erbe der Schotten „durch das Leiden anderer erschaffen, restauriert oder finanziert“ wurde.

Und damit endet der wöchentliche Überblick des Cancelns, Empörens, Strafens, Umerziehens, Ausstoßens, Zensierens, Entlassens, Verklagens, Einschüchterns, Politisierens, Umwälzens und Kulturkämpfens. Bis nächste Woche!

erschienen auf Achgut


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Archiv


Samstag, 01 Januar 2022

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