Klimaneutrales Regieren wie zu Cäsars Zeiten [Satire]

Klimaneutrales Regieren wie zu Cäsars Zeiten [Satire]


Die besorgte Presse fordert, sie wähnt sich dabei bereits als Teil der Regierung, dass sich etwas schnell ändern müsse.

Klimaneutrales Regieren wie zu Cäsars Zeiten [Satire]

Von Meinrad Müller

Und besonders aggressive Organisationen der Neuzeit, deren Geschäftsmodell darin besteht mit Kassandrarufen deren eigene finanzielle Existenz zu sichern, blasen von den Zinnen des Reichstags ihr Fanfarengedöns, um eine klimaneutrale Regierungsmethode anzumahnen. Unter der gläsernen Kuppel zuckt erschreckt zusammen, was sich im Lichte der edlen Weltenretter auch weiterhin sonnen möchte. Wie diese Aktivisten allerdings den Regierenden aufs Dach steigen konnten, ist nur mit fehlenden Sicherheitsmaßnahmen zu erklären. An römischen Villen waren Warntafeln mit der Aufschrift „Cave canem!“, Vorsicht Hund, angebracht. Selbige fehlen jedoch an sämtlichen Regierungsgebäuden Berlins.

Cäsar ohne Faxgerät

Wir sollen uns nicht nur wundern, wie das Römische Reich, das sich von England bis Ägypten erstreckte, regiert werden konnte. Wir sollten uns vielmehr die Frage stellen, wie klimaneutrales Regieren damals überhaupt und alternativlos möglich war. Weder Fax, E-Mail noch Handys waren bekannt und doch gelang es, die Unterdrückung der besiegten Völker aufrechtzuerhalten. Von einzelnen Widerstandsnestern, wie bei tapferen Sachsen namens Asterix und Obelix, wollen wir an dieser nur beiläufig berichten.

In nachfolgenden CO2-reduzierenden Kommunikationsempfehlungen soll nur die innerberlinische Situation Berücksichtigung finden. Für nationale und internationale Klimaoptimierungen empfehlen sich leidlich bekannte Unternehmensberatungen, die zum Sozialtarif von 4000 Euro pro Mann und Tag Gedankenarbeit leisten. Zwischenzeitlich helfe uns die Empfehlung „Carpe diem!“, nutze den Tag, weiter. Wenn das nur alle beherzigen würden, der Autor hat ich darin, selbst nächtens versucht und gibt dies zu bedenken:

Berlins Bundesministerien liegen in einem Radius von rund zwei Kilometer um die Zentren der Macht, sprich Reichstag und Kanzleramt. Dort wird Bedeutsames oder weniger Bedeutsames tagein, tagaus erdacht, zumindest aber sichert es den Stuhl und die Position der Denkenden. Hierbei machen wir wiederum einen Grundsatz aus, der bis heute wichtige Personen auszeichnet: „Cogito, ergo sum“, ich denke, also bin ich. Dabei sind jedoch gelegentliche und grundsätzliche Zweifel erlaubt. Um Beamtenarbeit mit Kollegen zu teilen, ist ein schneller Austausch von wichtigen Papieren notwendig. Was läge also näher, als Boten einzusetzen, welche „per pedes, zu Fuß, Dienstbotenarbeit verrichteten. Grobe Schätzungen ergaben, dass hierbei 800 Personen (m/w/d) beschäftigt werden könnten, natürlich sozialversicherungspflichtig. Die Statistik des Arbeitsamtes ließe sich optisch und auf einen Schlag zusätzlich aufhübschen. Eine besondere Jobqualifikation wäre nicht erforderlich. Weder ein Schulabschluss, Berufserfahrung noch Studium wären Einstellungsbedingung, was eine weitere intellektuelle Brücke zu manchen der Abgeordneten schlüge.

Ohne CO2 und hoch zu Pferde

Vertrauliche Daten werden trotz aller Gefahren (des Mitlesens unter Freunden) auch im Bundestag heute noch per E-Mail versandt. Abgesehen vom alten Problem „die E-Mail kam nicht an“ wäre bei persönlicher Zustellung der klimaneutral ausgedruckten Papiere auch dem Datenschutz Rechnung getragen.

Dass Menschen sich grundsätzlich und auch oft irren können, berichtet bereits Cicero mit „errare humanum est“, irren ist menschlich, was insbesondere nach 2000 Jahren vermehrt zu beobachten ist. Besonders eilbedürftige Schriftstücke (ob irrend oder nicht) und vertrauliche Post (Nur für den Dienstgebrauch) ließe sich per berittenem Boten auf weißen Schimmeln durch die sonst so trübe Stadt transportieren. Ganz, ganz eiliges, wie jenes zum jenseits des lauteren Baches, in Berlin Spree genant, zu dem in Friedrichstraße gelegenen Gesundheitsministerium, bedürfte der Verwendung mit Demeter-Biohafer gedopter Rennpferde. Die bislang ungenutzte Reichstagswiese, auf welcher Demonstrationen nur pro Regierung erlaubt sind, eignete sich perfekt als Pferdekoppel, worauf sich diese Götterboten am Grase gütlich weiden ließen. Indes ein Problem bleibt: bei der Verdauung nachwachsender Rohstoffe, bestehend aus Gras, Heu und Hafer, entstünde in den Mägen erhebliche Mengen Methangas. Dieses würde jeder Regelung entzogen, in die Berliner Luft entweichen und könnte nicht als Ersatz verlustig gegangenen russischen Erdgases herangezogen werden.

„Panem et circensis“, Brot und Spiele, direkt am Regierungssitz böten eine alternative CO2-freie Volksbelustigung für Deutschland. Ein Touristenmagnet sondergleichen entstünde, Millionen von Besuchern strömten in die Hauptstadt, um diese Kommunikationsvermittler auf vier Beinen zu fotografieren, zu tätscheln und mit Bio-Möhren zu füttern. Der deshalb zu erwartende Anstieg des Städtetourismus erzeugte zusätzliche Steuereinnahmen und reduzierte damit indirekt die künstliche Ernährung dieser Stadt aus dem Länderfinanzausgleich. Zusätzlich bekämen die Pferdeliebhabenden, neben den Rösslein stehend auch endlich wieder einmal richtigen biologischen Mist anstelle des aus den TV-Bildschirmen quellenden zu sehen. Geriete ein Reiter mit wichtiger Tagespost beim Überqueren der Spree, dort, wo einst die Zonengrenze wütete, in einen Hinterhalt und ginge dabei Staatspost verloren, dann ist dieser Vorfall bereits mit bedacht. Die Strafen hierfür wären, wie im alten Rom, bereits gesetzlich verankert. „Nulla poena sine lege“, keine Bestrafung ohne Gesetz. Ein römischer Grundsatz, der es bis bundesdeutsche Gesetze schaffte, was beweist, wie die klimaneutrale Politik von damals heute noch vorteilhaft nachwirkt. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel, wenn bei friedlichen Demonstrationen Urteile bereits durch Polizeikräfte gefällt werden und die Delinquenten mit Knüppeln eine Züchtigung derer Körper erleiden.

Eilpost mit Gefieder

Auf dem Dach des Bundeskanzleramtes, dem Dach des Reichstags und den Dächern aller Ministerien ließen sich jeweils hölzerne Taubenschläge, betreut vom Bund Naturschutz, einrichten. Mit einer Fluggeschwindigkeit von 50 km/h träfen die Brieflein am Hälslein der Täublein in zwei Minuten am Zielpunkt ein. Die Fluggeschwindigkeit ist auch heute von kriegsentscheidender Wichtigkeit, besonders dann, wenn eine Ministerin im Dienste „pro patria“, fürs Vaterland, vermehrt in diplomatische Fettnäpfchen tritt. Deshalb brauchen wir eilends Flugtauben, die mit einer Dienst- und Lebenszeit von 12 Jahren somit drei volle Legislaturperioden umfassten und eine gewisse Kontinuität ins Regierungsviertel einziehen ließen.

Volksnähe in U-Bahn, S-Bahn, Tram und Bus

Ja, es kommt vor, dass es dem gewöhnlichen Wähler zuweilen vergönnt ist, eine bundesdeutsche Lichtgestalt in persona, also persönlich, im öffentlichen Nahverkehr zu erspähen. Ein Ansprechen mit „Hallo Kumpel“ verbietet sich, da die Damen und Herren meist so tun, als wären sie völlig in Gedanken versunken. In Rom hieß das „Qui nescit dissimulare nescit regnare“, wer nicht zu heucheln weiß, der weiß auch nicht zu herrschen. Dennoch wäre es hilfreich, mit dem Volk in spontanen Kontakt zu treten, um deren Nöte besser zu erkennen. Brot und Spiele wurden längst zu Luxusgütern, weshalb, würden wir unsere Volksvertreter inniglich lieben, dies uns doch sehr weiterhülfe. Liebe macht bekanntlich blind und wir übersähen gnädigst manchen Fehltritt. Doch dies sei für einen späteren Gedankenfluss vorbehalten.

Bundeseigene Luxuslimousinen aus wahltaktischen Gründen zu verschmähen, dafür zu Fuß oder mit Volkstransportmitteln zu reisen, birgt jedoch erhebliche Risiken. Der Dolch im Gewande manches Fahrgastes stellt eine potenzielle und keineswegs kulturbereichernde Lebensgefahr dar. Die Presse berichtete, nolens volens, wohl oder übel, über derartige Ereignisse im Bahnverkehr. Diese Risiken einzugehen, kann auch nicht mit höchsten Diäten kompensiert werden. “Dulce et decorum est pro patria mori“, süss ist es, fürs Vaterland zu sterben, so weit will man dann doch nicht gehen.

Ergo, daraus folgt: Alles bleibt beim Alten.

Das Ansinnen der Presse, die Abgeordneten mögen künftig klimaneutral regieren und damit aller Welt wieder einmal Vorbild sein, bot dem Autor Gelegenheit, sich an diese Weisheit zu erinnern „Difficile est saturam non scribere“, es ist schwierig, (darüber) keine Satire zu schreiben. Für den nicht auszuschließenden Fall, dass der Autor jemandem auf die Füße trat, mag auch für ihn dieses gelten „In dubio pro reo“, im Zweifel für den Angeklagten.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Joanmaldonado art, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons


Montag, 21 Februar 2022

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