RBB-Furor ohne Ende: Samenspender, Duzen und Gendern in der „Blase“, Pensionär als Retter in der Not?

RBB-Furor ohne Ende: Samenspender, Duzen und Gendern in der „Blase“, Pensionär als Retter in der Not?


Ein Sommer der Seufzer geht durch den RBB-Turm im Berliner Westend: „Die Stimmung ist so im A…, wie ich es noch nie erlebt habe“, formuliert drastisch einer der 3500 fleißigen und motivierten RBB`ler, der schon seit Jahren auf Sendung ist.

RBB-Furor ohne Ende: Samenspender, Duzen und Gendern in der „Blase“, Pensionär als Retter in der Not?

Von Holger Knieriem-Levetzow, z.Zt. Potsdam

Noch in dieser Woche dürfte eine Belegschaftsversammlung das Faß zum Überlaufen bringen: „Wes das Hertz voll ist, des läuft der Mund über“, wußte schon Martin Luther. Ein Reformator wie der knorrige Anti-Papist stünde dem Sender in diesen Zeiten wohlan: Nur – er (oder sie, bitte sehr) ist nicht in Sicht.

Im dieser Tage besonders wortreichen  Flurfunk ist die Rede von einem Übergangs-Intendanten: „Von außen, vielleicht für ein, zwei Jahre – mit einem ganzen Team am besten, nicht vom Korruptions-Bazillus im Haus angesteckt“, sagt ein Abteilungsleiter. Ohne Namen, versteht sich – denn weder ist eine Whistleblower-Regelung nachvollziehbar in Kraft noch will jemand im Haus seinen mühsam behaupteten ARD-Lebenslang-Posten riskieren (nach zehn Jahren unkündbar, Pensionen zwischen 60 und 70 Prozent des aktiven Gehalts).

Die abgenutzte Formel von blank liegenden Nerven trifft es nicht mehr: Das Tohuwabohu im Sender ist unüberblickbar geworden – „Business Insider“, BILD oder die Berliner Lokalpresse finden täglich neue Un-Verschämtheiten, Un-Erträglichkeiten, Un-Faßbares.

So macht jetzt die Story von dem weiblichen Ehepaar hoch oben an der Senderspitze die Runde: Die Juristische Direktorin Susann Lange und die nach Patricia Schlesingers blamablem Abgang als Intendantin zur Verwaltungsdirektorin aufgestiegene Französin Sylvie Deléglise waren zumindest ein Ehepaar. Mit zwei Kindern, gezeugt von einem Samenspender aus einem untergeordneten Geschäftsbereich – in beiden Fällen, so sagt die

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Fama. Die beiden Damen sind inzwischen getrennt – die Sage geht, jede der Frauen habe eines der beiden Kinder in Obhut genommen. Wäre es so – immerhin ein löblicher Ausgang.

Beide Damen, so heißt es, insistiert man journalistisch weiter, gehörten zum engsten Kreis um „die Schlesinger“, wie die Ex-Chefin im Gespräch in der Regel tituliert wird: „Das war eine regelrechte Blase – ein innerer Zirkel, zu dem niemand sonst  Zutritt bekam“, sagt eine Sekretärin, die hastig in ihrem Dienstzimmer verschwindet.

Eine „Blase“ mit offenbar höchst einnehmendem Wesen: Denn das ausgeklügelte Bonus-System -  offenbar seit 2018/19 von Schlesinger auf den Weg gebracht und ertragreich genug – sorgte für reichlich „Kohle“. Nach den Recherchen von „Business Insider“ profitierten rund 30 „Außertarifler“ in der Führungsebene von diesem undurchsichtigen Zusatz-Brot. Intendantin und allein die Direktoren kassierten dadurch rund 200 000 Euro zusätzlich pro Jahr. Für 2021 errechneten die Journalisten gar insgesamt 350 000 Euro Jahres-Gesamtvergütung für die geschaßte Führungskraft namens Schlesinger.

Nicht schlecht,Frau Specht.

Wen wundert`s, daß in diesen Zeiten so manche ironisch-giftige Story im Hause die Runde macht: So soll die fraulich-fröhliche  Hochzeit entweder auf dem Funkturm (im Westen) oder dem Fernsehturm im Osten („St.Walter“ läßt grüßen) ausgiebig gefeiert worden sein – natürlich mit Schlesinger plus Ehemann plus dem offenbar allmächtigen Verwaltungsrats-Vorsitzenden Wolf-Dieter Wolf im Gefolge – und der gesamten Corona der Führungsetage. Es soll sehr amusant gewesen sein, BILD habe berichtet.

Das waren noch Zeiten.

Da duzte beispielsweise – so sagen es Ohrenzeugen – die Intendantin die Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach vor allen Zeugen, man gab sich überhaupt betont kumpelhaft in diesen Gremien, die offenbar vor Blindheit nicht aus den Augen schauen konnten.

 

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Im Sender nennt man diese Duzerei inzwischen „System Wirecard“ – auch bei dieser Bank, die jahrelang den Kriminal-Tango tanzte, duzte man sich durch die Bank gewissermaßen – als einigendes Band, sozusagen.

Und man befand sich natürlich auch auf der Höhe der Zeit: „Selbst in Sitzungen der Geschäftsleitung – also, wenn man ganz unter sich war – wurde durchgehend ganz umständlich ständig  gegendert“, erinnert sich ein Teilnehmer.

Immerhin, eine Hand wäscht offenbar die andere – so lautet eine Weisheit aus einer Szene, die man eigentlich nicht näher beschreiben möchte.

Was sich die prominente und ausgewiesene evangelische Kirchen-Spitzenkraft von Kirchbach bei all dem dachte, bleibt offen. Sie ist bekanntlich inzwischen – weil ihr die öffentlichen Vorwürfe zu „persönlich“ wurden – als Vorsitzende der überaus zahmen, mit monatlichen Sitzungsgeldern gesegneten  Runde der Rundfunkräte zurückgetreten.

Bis zu ihrer Pensionierung als Pastorin arbeitete sie bei St.Thomas in Berlin-Kreuzberg, gleichsam bei Springer um die Ecke. Sie ist eine Kusine des ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr, Hans-Peter von Kirchbach. „Oderflut, Deichgraf Platzeck, Schröder in Gummistiefeln“ – lieber Leser, Sie erinnern sich gewiß an die neunziger Jahre. Bei der Rettungsaktion spielte die Bundeswehr eine zentrale Rolle.

D i e zentrale Rolle im noch immer längst nicht zu Ende aufgeklärten RBB-Dauer-Skandal spielt jetzt e n d l i c h die journalistische Besatzung selbst:

In dieser Woche gründete sich eine Kommission, die die noch immer zögerliche Aufarbeitung in die eigenen Hände nehmen will – denn lediglich e i n Prozent der 3500-Mann-Belegschaft (was immer sie im kleinsten aller ARD-Sender tun mag) vernichtete in den vergangenen Tagen das Image des Hauses, als kleine, aber immerhin feine Anstalt – denn nur ca. 30 Nutznießer samt Intendantin saugten bekanntlich Gelder (fast) ohne Ende aus den Taschen der Zwangs-Gebührenzahler (die bei Nicht-Zahlung gnadenlos bis zum Gerichtsvollzieher verfolgt werden).

 

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Diese Kommission will nun, wie es heißt, „in den nächsten Tagen Persönlichkeiten aus der Mitte der Belegschaft und von außen benennen“, die das Haus in den nächsten Monaten halbwegs befrieden sollen.

Wie könnte dieses Modell gelingen?

„Ich sehe eine pensionierte, renommierte Persönlichkeit aus dem ARD-Bereich, der sich noch vier oder fünf Fachleute dazu holt, um die Trümmer zu beseitigen“, formuliert ein Ex-Mitarbeiter aus der Chefetage, der noch in den guten alten Zeiten des Senders Freies Berlin dabei war – der Rundfunk-Gott hab ihn selig.

Auch die Einsetzung eines Staatskommissars mit erweiterten Vollmachten käme in Betracht,  mutmaßen Insider. Dabei müßte die bisher recht träge Brandenburger Politik aufwachen, denn die Rechtsaufsicht liegt im Potsdamer Schloß. Ein neuer Staatsvertrag der Länder Berlin und Brandenburg, die den Sender tragen, ist zudem soeben im Werden. Diese neue Verabredung lebt jedoch von den – sichtlich überforderten, überrumpelten oder gar korrumpierten – Kontrollgremien des Senders.

Sie versagten – bisher jedenfalls – auf der ganzen Linie. Zum Schaden der gesamten ARD, die sich von ihrem Schmuddelkind RBB nun nicht mehr distanzieren kann.

Ein neuer Rundfunkrat wäre ohnedies im kommenden Jahr fällig – vielleicht endlich ein Gremium mit kompetenten, hochwachen  Mitgliedern, die sich nicht allmonatlich zu einer Art „Kaffeekränzchen“ und „Na-wie-geht’s-denn?“-Gesprächen treffen.

Bei der zwingend notwendigen Hilfe von außen fallen natürlich, wie immer in derartigen mißlichen Lagen, die Namen der üblichen Verdächtigen: So wird Roland Jahn, der tüchtige Ex-Jenenser Bürgerrechtler, genannt. Ein „Ossi“ möge der Retter sein – ein Allheil-Mittel?

Unter diese Kategorie fällt nun gewiß nicht Ulrich Wilhelm, Ex-Intendant des Bayerischen Rundfunks und eng Vertrauter von Angela Merkel zur Blüte ihrer Kanzler-Tage. Ob sich beide Genannten den RBB-Tort antäten, läßt sich nur mühsam einschätzen – eher nicht, meinen Insider.

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Wenn schon von einer „Ossi“-Herkunft die Rede ist, sollten die geneigten RBB-Fahnder vielleicht auch an einen Mann wie Thomas Krüger denken – Ex-Senator in Berlin, ein grün gewandeter Ossi, wie er im Buche steht, Chef der wichtigen „Bundeszentrale für politische Bildung“, mit Anfang 60 im „richtigen“ Mediatoren-Alter – sympathisch, kommunikativ – aber ohne Sender-Erfahrung.

Suchte man tatsächlich den großen Moderator, fällt einem Brandenburger natürlich Matthias Platzeck ein, nur ein paar Dörfer ent ferntvon seiner guten Bekannten Angela Merkel in der Uckermark zu Hause. Als mehrfacher (gut bezahlter) Schlichter bei großen Bahn-Streiks erfolgreich, brächte Erfahrung und viel Fingerspitzen-Gefühl mit – mit viel biografischem Grün.

Wer es gut meint mit dem – offenkundig maroden, „kaputten“, schwerfälligen, unsäglich undurchsichtigen öffentlich-rechtlichen System – könnte hoffen, die RBB-Krise zieht nicht die gesamte ARD in Abgründe, die noch niemand kennt.

Aber ausgerechnet in einer Woche, am 1.September, beginnt in Leipzig (zehn Jahre nach den Vorfällen!) der Prozeß gegen den offenkundig kriminellen Ex-MDR-Unterhaltungschef Udo Foht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Stasi-Agenten (Tarnname:  „Karsten Weiss“) für den Tatzeitraum seit Februar 2008 Betrug, Untreue, Bestechlichkeit, Steuerhinterziehung und weitere Un-Taten vor.

Foht – er gilt als Entdecker von Show-Typ Florian Silbereisen und der sibirischen Sanges-Schwester Helene Fischer – konnte alle seine Vergehen, wenn sie denn nachgewiesen werden, unter den Augen des damaligen MDR-Intendanten Udo Reiter und seiner Juristischen Direktorin Karola Wille vollziehen – der heutigen, aus vielen Gründen hochumstrittenen Intendantin.

BILD bezifferte in einem Vorab-Bericht den Schaden, den Foht mit seinen Betrügereien bei Prominenten aus der Branche anrichtete, auf gut und gern eine Million Euro – vielleicht sind es noch mehr. Der Prozeß dürfte auf peinliche Weise das Innenleben des MDR offenlegen, wo offenkundig nicht nur systemtreue Wende-Gewinnler  wie Foht ihr Unwesen trieben, sondern auch eine SED-treue „Juristin“ wie Intendantin Wille reussieren konnten.

 

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Wenn sich die berechtigte Aufregung um die unsägliche RBB-Affäre gelegt hat (spätestens zum Jahresende, rechnen Insider) kann sich ausgerechnet die Auslöserin der Krise, Patricia Schlesinger, offenbar ein vergnügtes Leben machen.

Denn: Unabhängig von der Frage, ob sie in einem Prozeß (der Jahre dauern dürfte) erfolgreich Pensionszahlungen vom RBB einklagen kann – ihre Ansprüche aus der Zeit beim NDR („Panorama“) bleiben erhalten – und stünden ihr vermutlich spätestens mit 65 Jahren zu.

Oder sie fahndet mit Hilfe ihres quicken Ehemannes in der undurchsichtigen Berater-Branche nach einem ertragreichen Pöstchen.

Mit oder ohne Dienstwagen.

Mit oder ohne Massagesitzen.

Das müßte doch möglich sein, oder?

 

Foto: Die Festung des Schweigens und der Vertuschung kollabiert - rbb-Zentrale in Berlin


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Coenen, CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons


Donnerstag, 25 August 2022

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