Kommentar: Das Referendum in Katalonien, die Gewalt - und die Werte Europas

Kommentar:

Das Referendum in Katalonien, die Gewalt - und die Werte Europas


Nach dem angeblich illegalen Referendum in Katalonien war es am Wochenende der Linken vorbehalten, die viel gerühmten Werte der EU näher kennen zu lernen - ob das geholfen hat?

Das Referendum in Katalonien, die Gewalt - und die Werte Europas

von Ramiro Fulano

 

Erinnern wir uns kurz, meine Damen und Herren: Seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, kämpft Katalonien um seine Selbstbestimmung. Am Wochenende war es nun endlich so weit, dass die Bevölkerung zu einer diesbezüglichen Volksabstimmung aufgerufen wurde.

 

Die Sache hatte nur einen Haken: Demokratie ist zwar in Spanien noch nicht wieder völlig illegal, aber die „falsche“ Art von Demokratie ist dort bereits heute schon unerwünscht - und die katalonische Volksabstimmung gehörte aus Sicht der Zentralregierung in Madrid auf jeden Fall verboten.

 

Aus einem einfachen Grund: Katalonien erwirtschaftet jenen Teil des spanischen Bruttosozialprodukts, ohne den das übrige Spanien seinen metaphorischen Gesamtgürtel spürbar enger schnallen müsste. Und auch die Brüsseler Beamtendiktatur würde die spanische Mitgliedschaft in der EU ein paar Milliarden teurer zu stehen kommen, wenn Katalonien nicht wäre - Gelder, die man in Brüssel selbstverständlich nicht hat.

 

Was also lag näher als aus Madrid und Brüssel ein paar wohlfeile, dröhnende Appelle an „Solidarität“ und „Europäische Werte“ an die Regierung in Barcelona zu richten? Immerhin waren das doch Linke, die da für ihr Recht auf nationale Selbstbestimmung auf die Straße gingen - als Genossen der Euro-Kommunisten in Brüssel und Berlin, oder nicht?

 

Autonomie ist ein Recht, das die selbsternannten Ein-Euro-Genossen im Ausland der katalonischen Linken ebenso gerne absprechen, wie sie es auch den Brexit-hungrigen Briten verweigern. „Mehr Europa“, also der Aufbau des Ein-Euro-Sozialismus unter deutscher Führung, ist offensichtlich ein Ziel, dem sich solche Lappalien wie Demokratie und Menschenrechte unterzuordnen haben. Nicht wahr, Jean-Claude Juncker, Guy Verhofstadt, Stasi-Angie?

Eine unparteiische Untersuchung der schweren, äußerst brutalen Übergriffe auf eine unbewaffnete Zivilbevölkerung (darunter viele Rentner) durch zweckdienlich aufgeheizte Knüppelbullen aus Madrid durch den UN-

Menschenrechtsrat scheint dringend angezeigt. Und gegebenenfalls wäre ein Ausschluss Spaniens aus der EU sowie aus anderen demokratischen Foren eine nützliche Sanktion - wenn die EU jene Werte ernst nehmen würde, auf die sie sich nur zu gerne beruft, wenn’s ihren Zwecken dient. Aber über 800 verletzte Zivilisten sind anscheinend kein Problem, wenn‘s „Mehr Europa“ nützt.

 

Selbstverständlich verfolgen weite Teile der katalonischen Unabhängigkeitsbewegung politische Ziele, die deutlich links von Hugo Chavez, Che Guevara und Sarah Wagenknecht liegen. Aber es sollte auch dann kein Grund sein, sie unter Einsatz brutaler Polizeigewalt niederzuknüppeln, wenn man anderer Meinung ist als diese Irrläufer der Ökonomie.

 

Erinnern wir uns an die offizielle Begründung der spanischen Zentralregierung in Madrid: 60% der Katalonen wollten gar keinen eigenen Staat - heißt es angeblich in Meinungsumfragen. Wenn dem so ist, hätte die spanische Regierung dem Ausgang einer diesbezüglichen Volksabstimmung doch mit größter Lockerheit ins Auge sehen können. Oder stimmt irgendetwas nicht mit diesen Umfragen? Sind das vielleicht nur Schutzbehauptungen, die da aufgefahren werden?

 

Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas passiert. Aber wie dem auch sei: Die katalonische Unabhängigkeitsbewegung weiß seit Sonntag recht genau, wie „Europa unter deutscher Führung“ sich anfühlt: Wie eine Gummikugel ins Gesicht. Und weiß auch, wie Junckers „Europäische Werte“ schmecken: Wie Blut, das einem aus den aufgeplatzten Lippen läuft.

 

Natürlich will es wieder keiner gewesen sein, aber nachdem die Brüsseler Beamtendiktatur ihren katalonischen Fans gezeigt was, was sie sich unter Demokratie und Solidarität in der EU vorzustellen haben, bleibt der EU nur die Hoffnung auf die Vergesslichkeit der von ihr malträtierten Menschen. Wenn die katalonische Linke genauso lernunfähig ist, wie ihre selbsternannten Genossen im Rest der Welt, wäre diese Hoffnung leider berechtigt.

 

 

Foto: Fahne Kataloniens


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Montag, 02 Oktober 2017