Wird Schweden durch Aussprechen der Wahrheit `dämonisiert´?

Wird Schweden durch Aussprechen der Wahrheit `dämonisiert´?


Vor ein paar Wochen sagte Magnus Helgren, der schwedische Botschafter in Israel, in einem Interview, dass es in Israel eine Tendenz gebe sein Land zu dämonisieren, seit es Palästina anerkannte.[1] Wenige Menschen außerhalb seines Landes wissen viel über das gegenwärtige Schweden oder seine Vergangenheit. Als Beitrag zur Debatte hier im Folgenden ein paar wichtige Fakten über Schwedens Einstellungen zu Juden und Israel.

Wird Schweden durch Aussprechen der Wahrheit `dämonisiert´?

Von Dr. Manfred Gerstenfeld

 

  • Sehr wenige Regierungschefs in Westeuropa haben Israel mit den Nazis auf eine Stufe gestellt. Einer, die das machte, ist Schwedens bekanntester Nachkriegs-Premierminister, der Sozialdemokrat Olof Palme. Das wurde später mir gegenüber auch durch den stellvertretenden schwedischen Premierminister per Ahlmark bestätigt.[2]
  • Der ehemalige israelische Botschafter in Schweden, Zvi Mazel, sagte, die verstorbene schwedische Außenministerin Anna Lindh – die von einem geistig gestörten Schweden serbischer Herkunft 2003 erstochen wurde – „führte gewöhnlich die boshaftesten Attacken auf Israel an. Ihr Hass auf Israel kann nur als fast schon pathologisch beschrieben werden. Unter ihrer Führung veröffentlichte Schweden die größte Zahl einseitiger Verurteilungen Israels aller EU-Staaten.“[3]
  • Schweden hat eine Geschichte der Nichtverfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern. Der Nazijäger Efraim Zuroff vom Simon Wiesenthal Center schrieb, dass 1999 der schwedische Journalist Bosse Schon offenlegte, dass mindestens 260 schwedische Freiwillige in der Waffen-SS dienten. Unter ihnen befanden sich mehrere, die gegen Ende des Krieges Hitler in seinem Bunker in Berlin beschützten und mindestens einer, der in Treblinka diente, ein Harald Sundin, machte bei Hinrichtungen mit; er lebte immer noch und wohnte in Schweden.[4] Schweden hat weder etwas gegen irgendeinen dieser Verbrecher, noch etwas gegen den Import baltischer Nazi-Verbrecher unternommen, die ins Land flohen.[5]
  • Die niederländischen Autoren Gerard Aalders und Cees Wiebes veröffentlichten ein Buch, dessen Titel mit „Geschäfte um jeden Preis: Die Wallenbergs” übersetzt werden kann. Dieses Buch dokumentiert die Kollaboration der mächtigen führenden Unternehmer Jakob und Magnus Wallenberg mit den Deutschen während des Zweiten Weltkriegs. Die Autoren behaupten unter anderem, dass die Enskilda Bank, die den Wallenbergs gehörte, in großem Maß Wertpapiere aufkaufte die niederländischen Juden gestohlen wurden. Aalders und Wiebes erklärten, dass die Bank wusste, dass es sich um gestohlenes Eigentum handelte.[6]
  • Schweden gründete eine Kommission für jüdisches Vermögen. Eine ihrer wichtigen Schlüsse bestand darin, dass nach dem Krieg die moralischen Fragen schwedischer Geschäftsbeziehungen zu Nazideutschland nie in Diskussionen im Parlament oder Regierung aufgebracht wurden.[7]
  • 2004 schrieben vier ehemalige Vorsitzende der schwedischen jüdischen Gemeinde – Salomo Berlinger, Stefan Meisels, Torsten Press und Willy Salomon – einen Leserbrief an die israelische Tageszeitung Ha’aretz, in dem es hieß: „Die Zahl der verbalen und physischen Angriffe auf Juden hat in Schweden zugenommen. Jugendliche in Schulen bezeugen, dass sie die Tatsache Jude zu sein verbergen, da sie sowohl verbal als auch physisch angegriffen werden. Lehrer bezeugen, dass Schüler es oft ablehnen an Unterricht teilzunehmen, wenn das Judentum Unterrichtsthema ist. Überlebende berichten Angstgefühle. Die Polizei steht passiv dabei, wenn Extremisten proisraelische und antirassistische Kundgebungen angreifen.“[8]Heutzutage, vierzehn Jahre später, behauptet Botschafter Helgren, dass Schwedens Regierung den Kampf gegen den Antisemitismus ernst nimmt, dass es aber eine lange Zeit brauchen wird damit umzugehen. Vielleicht kann der Botschafter erklären, was aufeinander folgende schwedische Regierungen in den vergangenen vierzehn Jahren zu tun versucht haben, um den Antisemitismus auszumerzen. Kann er klarstellen, ob sie sich nicht wirklich bemühten oder ob sie inkompetent waren?
  • Der weitverbreitete Antisemitismus in Schweden wurde 2012 sogar von Hannah Rosenthal, der US-Sonderbotschaftern zur Bekämpfung von Antisemitismus, zur Kenntnis genommen. Sie besuchte dann Malmö, die drittgrößte Stadt in Schweden. Rosenthal äußerte sich offen zu antisemitischen Äußerungen des damaligen sozialdemokratischen Bürgermeisters Ilmar Reepalu. Sie merkte zudem an, dass Malmö unter diesem Bürgermeister ein „Musterbeispiel“ des „neuen Antisemitismus“sei, da antiisraelische Stimmung als Deckmantel für Judenhass diente“.[9] Die antisemitischen Vorfälle in der Stadt liefen schon seit mehreren Jahren. Eine Rekordzahl Anzeigen von Hassverbrechen in der Stadt im Zeitraum von 2010 bis 2011 – insgesamt 480 – führte zu keiner einzigen Verurteilung.[10]
  • Es gab in Schweden während Israels Operation Gegossenes Blei 2009 große antiisraelische Demonstrationen. Prominente Mitglieder der Sozialdemokraten nahmen an Hass-Demonstrationen gegen Israel teil. Mona Sahlin, damals die Parteichefin, nahm an einer Kundgebung in Stockholm teil, bei der Flaggen der Hisbollah und der Hamas gezeigt und eine israelische Flagge verbrannt wurden. Der ehemalige Außenminister Jan Eliasson und Wanja Lundby Wedin, die Vorsitzende des schwedischen Gewerkschaftsverbands, nahmen an dieser Veranstaltung ebenfalls teil.[11][12]
  • 2013 stellte die EU-Organisation Fundamental Rights Agency (FRA – Agentur der Europäischen Union für Grundrechte) in einer Studie fest, dass Schweden unter den untersuchten Länder den höchsten Prozentsatz an Juden hat, die ihre religiöse Identität in der Öffentlichkeit verbergen.[13]
  • Der ehemalige schwedische Premierminister Göran Persson initiierte 2000 die lobenswerte Initiative Stockholm Internaional Formum on the Holocaust. Diese Zusammenkunft führte zur Gründung der International Holocaust Remembrrance Alliance (IHRA – Internationale Holocaust-Gedenkallianz).Die heute geläufigste Arbeitsdefinition zu Antisemitismus ist die der IHRA.[14] Ihre Annahme 2016 benötigte die Zustimmung aller 31 Mitgliedsstaaten der Allianz. Dazu gehört auch Schweden. Die schwedische Außenministerin Margot Wallström hat eine Ermittlung der Tötung von Terroristen durch Israel gefordert.[15] Sie hat keine solchen Anträge zu anderen demokratischen Ländern gestellt, in denen Terroristen getötet wurden. Gemäß der Definition der IHRA beging Wallström mit der Aussonderung Israels eine antisemitische Tat. Wenn die schwedische Regierung, wie der Botschafter behauptet, Antisemitismus bekämpft, sollte sie einmal dafür sorgen, dass ihre Minister keine antisemitischen Taten begehen.
  • Die BDS-Befürworter in Schweden stacheln auf diese Weise ausschließlich gegen Israel auf. Das macht ihre Taten antisemitisch. Botschafter Helgren unterstützt das Recht der antiisraelischen BDS-Befürworter solche antisemitische Taten zu begehen. Das macht ihn zu einem Verteidiger von Antisemiten.
  • Botschafter Helgren sagt, Produkte aus Judäa und Samaria zu kennzeichnen werde durchgeführt, weil die Schweden wissen möchten, woher die Produkte kommen. Es gibt in Schweden keine derartige Kennzeichnung von Produkten aus Osttimor, Nordzypern, der Westsahara, dem besetzten Tibet, Westmarokko oder anderen besetzten Gebieten.[16][17] Das macht die schwedische Aufforderung zur Kennzeichnung von Produkten aus der Westbank zu einer antisemitischen Tat. Es ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass Botschafter Helgren antisemitische Taten verteidigt.

 

Op-ed-Artikel sollten nicht übermäßig lang sein. Daher können viele weitere Fälle schwedischer Einseitigkeit gegen Juden und Israel hier nicht angeführt werden.

 

[1] http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/243720

[2] Per Ahlmark: Palme’s Legacy 15 Years On. Project Syndicate, Februar 2001.

[3] Manfred Gerstenfeld, Interview with Zvi Mazel: Anti-Israelism and Anti-Semitism in Sweden. In: European-Israeli Relations: Between Confusion and Change? Jerusalem (Jerusalem Center for Public Affairs und Konrad-Adenauer-Stiftung) 2006, S. 170-180.

[4] Bosse Schon:Svenskarna Som Stred For Hitler. Stockholm (BokforlagetDN)1999.

[5] www.jcpa.org/phas/phas-zuroff-f02.htm

[6] http://www.jta.org/1989/11/08/archive/authors-claim-wallenberg-family-assisted-nazis-in-banking-deals

[7] Sven Fredrik Hedin/Goran Elgemry: Sweden’s Financial Links to Nazi Germany. In: Avi Beker (Hg):The Plunder of Jewish Property during the Holocaust. Houndmills (UK: Palgrave) 2001, S. 207-208.

[8] http://www.haaretz.com/1.4711353, Haaretz, 10 June, 2004

[9] http://www.jta.org/2012/09/24/life-religion/in-scandinavia-kipah-becomes-a-symbol-of-defiance-for-malmos-jews

[10] http://www.donate.jta.org/2013/01/09/news-opinion/world/in-malmo-record-number-of-hate-crimes-complaints-but-no-convictions

[11] http://jcpa.org/article/the-gaza-war-and-the-new-outburst-of-anti-semitism; Israelska flaggan brändes. In:  Dagens Nyheter, 10. Januar 2009.

[12] http://www.israelnationalnews.com/Articles/Article.aspx/16413

[13] http://www.timesofisrael.com/fearful-of-anti-semitism-22-of-european-jews-hide-identity/

[14] http://www.holocaustremembrance.com/sites/default/files/press_release_document_antisemitism.pdf

[15] http://www.jpost.com/Israel-News/Politics-And-Diplomacy/Israel-blasts-Swedish-FM-for-supporting-terrorism-encouraging-violence-441266

[16] http://www.timesofisrael.com/why-is-this-occupation-different-from-all-other-occupations/

[17] https://en.kohelet.org.il/wp-content/uploads/2016/02/KPF35_challenge-EU_141015PublicElectronic-november2015.pdf

 

 

Heplev - Dr. Manfred Gerstenfeld war jahrelanger Direktor des Jerusalem Centers for Public Affairs (JCPA) und ist Kommentator bei der Tageszeitung The Jerusalem Post sowie dem Nachrichtensender Arutz Sheva / Foto: Parlamentsgebäude in der schwedischen Hauptstadt Stockholm (Foto: By Ankara [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], from Wikimedia Commons)


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Dienstag, 01 Mai 2018