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Berlin und Brüssel frustriert: EU kann US-Sanktionen gegen Iran nicht neutralisieren

Berlin und Brüssel frustriert:

EU kann US-Sanktionen gegen Iran nicht neutralisieren


Die Europäische Union hat neue Erlasse angekündigt, mit denen sie europäische Unternehmen vor den Auswirkungen der US-Sanktionen gegen den Iran schützen will. Die Maßnahmen wurden von europäischen Wirtschaftskommentatoren skeptisch aufgenommen und werden kaum Erfolg haben: Von europäischen Firmen wird nämlich erwartet, ihre Geschäftsinteressen auf dem US-Markt aufs Spiel zu setzen, nur um weiter auf dem viel kleineren iranischen Markt präsent zu sein.

EU kann US-Sanktionen gegen Iran nicht neutralisieren

Von Soeren Kern, Gatestone Institute

 

  • "Jeder, der mit dem Iran Geschäfte macht, wird KEINE Geschäfte mit den Vereinigten Staaten machen", so US-Präsident Donald J. Trump.
  • "Die EU verlangt von ihren größten Konzernen, für ein paar Krümel mehr den gesamten Kuchen zu riskieren", kommentiert der Brüsseler ARD-Korrespondent Samuel Jackisch.
  • "Die Strafen belaufen sich heutzutage auf etliche Milliarden, darum ist es das nicht wert, ein solches Risiko einzugehen wegen ein paar kleinerer Geschäfte oder um europäische Regierungen glücklich zu machen", zitiert Reuters einen Investmentbanker.

 

Das sogenannte "Blocking-Statut" trat am 7. August in Kraft, demselben Tag, an dem auch die erste Runde von US-Sanktionen gegen den Iran offiziell wiedereingesetzt wurde.

 

Diese Sanktionen richten sich gegen den Ankauf von US-Dollar durch den Iran – die wichtigste Währung für internationale Finanztransaktionen und den Ölmarkt –, ebenso wie gegen die Auto-, Flugzeug-, Kohle-, Industriesoftware- und Metallbranche. Eine zweite, wesentlich heftigere Runde von Sanktionen, die auf Irans Ölexporte zielt, wird am 5. November in Kraft treten.

 

Diese Maßnahmen kommen im Zuge der von US-Präsident Donald J. Trump am 8. Mai getroffenen Entscheidung, sich aus dem 2015 von der Obama-Regierung ausgehandelten Atomabkommen mit dem Iran (Joint Comprehensive Plan of Action, JCPOA) zurückzuziehen. Im Gegenzug für ein Einfrieren des Atomprogramms hatte Obama die Sanktionen aufgehoben.

 

Die Trump-Administration sagte, der unter Obama ausgehandelte Deal sei unzureichend, um das iranische Atomwaffenprogramm einzudämmen – geschweige denn das Programm zur Entwicklung und Herstellung ballistischer Raketen sowie Irans schädliches Handeln im Nahen Osten und darüber hinaus.

 

Die wieder eingesetzten US-Sanktionen betreffen nicht nur amerikanische Bürger und Unternehmen, sondern auch Personen und Firmen von außerhalb der USA. Das juristische Konzept der Extraterritorialität besagt, dass auch jede auswärtige Firma sich an amerikanische Sanktionen zu halten hat, sofern sie für Transaktionen den US-Dollar benutzt, amerikanische Tochterunternehmen hat oder von Amerikanern kontrolliert wird.

 

In einer Presseerklärung vom 6. August sagte Trump:

 

"Die Vereinigten Staaten bekennen sich ganz und gar zur Durchsetzung all unserer Sanktionen, und wir werden eng mit Nationen zusammenarbeiten, die mit dem Iran Geschäfte machen, um die vollständige Beachtung sicherzustellen. Individuen oder Entitäten, die ihre Aktivitäten mit dem Iran nicht zurückfahren, riskieren ernste Konsequenzen."

 

In einem Tweet vom 7. August wiederholte Trump diese Drohung:

 

"Die Iran-Sanktionen sind offiziell verabschiedet. Es sind die schmerzhaftesten Sanktionen, die je verhängt worden sind, und im November werden sie noch einmal auf eine höhere Stufe geschraubt. Jeder, der mit dem Iran Geschäfte macht, wird KEINE Geschäfte mit den Vereinigten Staaten machen."

 

In einer gemeinsamen Erklärung gaben die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und die Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens offen zu, dass es der EU bei dem Iran-Deal allein ums Geld geht und versprachen, europäische Firmen vor Strafen aus den USA zu beschützen:

 

"Wir sind entschlossen, die wirtschaftlichen Akteure Europas, die legitime Geschäfte mit dem Iran betreiben, im Einklang mit EU-Recht und der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats zu schützen. Darum wird am 7. August das aktualisierte Blocking-Statut in Kraft treten, um EU-Unternehmen, die legitime Geschäfte mit dem Iran betreiben, vor den Folgen der extraterritorialen Sanktionen der USA zu schützen."

 

"Die verbleibenden Parteien des JCPOA haben sich verpflichtet, unter anderem an der Beibehaltung und Pflege effizienter Finanzkanäle mit dem Iran sowie der Fortsetzung der iranischen Öl- und Gasexporte zu arbeiten. Unsere Arbeit hieran wie auch an anderen Themen geht weiter und bezieht auch Drittländer [China und Russland] mit ein, die daran interessiert sind, das JCPOA zu unterstützen und Wirtschaftsbeziehungen zum Iran beizubehalten."

 

Das Blocking-Statut, das von der EU ursprünglich 1996 eingeführt wurde, um europäischen Unternehmen zu helfen, US-Sanktionen gegen Kuba zu umgehen, wurde 2018 aktualisiert, um auch die erneut verhängten US-Sanktionen gegen den Iran zu erfassen. In dem mit EU-Jargon beladenen Dokument heißt es:

 

"Durch die Blocking-Verordnung erhalten EU-Wirtschaftsteilnehmer die Möglichkeit, für Schäden, die ihnen aus der Anwendung von durch die Verordnung erfassten extraterritorialen Sanktionen entstehen, von den natürlichen oder juristischen Personen oder Stellen, die sie verursachen, Schadenersatz zu verlangen. Außerdem werden Urteile ausländischer Gerichte, die zur Durchsetzung der Sanktionen verhängt werden, in der EU nicht anerkannt. Ferner untersagt die Verordnung Personen aus der EU, sich an diese Sanktionen zu halten, es sei denn, die Kommission hat dies ausnahmsweise in Fällen genehmigt, in denen durch die Nichteinhaltung die Interessen dieser Personen oder der Union schwer geschädigt würden."

 

Mit anderen Worten: Die EU verbietet es EU-Bürgern und -Firmen, sich US-Sanktionen zu beugen und autorisiert EU-Firmen, die von US-Sanktionen betroffen sind, die US-Regierung vor europäischen Gerichten auf Schadenersatz zu verklagen.

 

Zusätzlich laufen europäische Unternehmen, die sich ohne Genehmigung der Europäischen Kommission aus dem Iran zurückziehen, Gefahr, von EU-Mitgliedsstaaten verklagt zu werden.

 

Viele europäische Kommentatoren glauben nicht, dass der EU-Plan funktionieren wird, vor allem nicht für multinationale europäische Konzerne, die Geschäftsinteressen in den Vereinigten Staaten haben.

Die Londoner Financial Times schreibt:

 

"Diplomaten und Juristen haben ernsthafte Zweifel, was die Fähigkeit der EU betrifft, europäische Geschäfte im Iran vor den US-Maßnahmen zu schützen."

"Das Blocking-Statut, das zuerst 1996 erarbeitet wurde, ist bislang kaum erprobt. Ein hochrangiger EU-Offizieller sagte, es gebe für Richter in den EU-Mitgliedsländern kaum juristische Präzedenzfälle, um von Drittländern wie den USA Schadenersatz zu verlangen, falls Firmen Klagen einreichen."

 

Die französische Tageszeitung Le Figaro schreibt, die Antwort der Europäischen Kommission auf die US-Sanktionen sei "hastig" und im Wesentlichen eine "politische Geste".

Le Monde beschreibt die EU-Maßnahme als ein "politisches Signal an das iranische Regime, das von den Europäern Zeichen der Unterstützung für das Atomabkommen verlangt hat".

L'Express merkt an:

 

"Wenn ein Unternehmen in dem großen US-Markt und dem kleinen iranischen Markt aktiv ist, profitiert es nicht besonders davon, dass seine Aktivitäten in Europa und dem Iran geschützt sind, nicht aber in den Vereinigten Staaten."

 

Der öffentliche Rundfunksender Radio Frankreich Internationale (RFI) glaubt, die Konsequenzen des Blocking-Statuts seien "eher symbolischer als ökonomischer Natur". RFI fügt hinzu:

 

"Das Gesetz nützt eher kleinen und mittelständischen Unternehmen, die im Iran aktiv sind. Für große Unternehmen liegt die Lösung darin, mit den Vereinigten Staaten Ausnahmegenehmigungen auszuhandeln. Doch entsprechende Forderungen vonseiten Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens wurden von Washington bereits zurückgewiesen."

 

La Croix schreibt:

 

"Man kann sagen, dass die Durchsetzung des Blocking-Gesetzes sehr hypothetisch bleibt, da es in unsicheres juristisches Gelände führt."

 

"Unternehmen, die im Iran investieren, scheinen nicht sehr an die Effektivität des Regelwerks zu glauben. Der Ölkonzern Total, die Reederei Maersk oder der Autohersteller Peugeot haben bereits entschieden, den Iran zu verlassen. Der deutsche Daimler-Konzern kündigte gestern seinen Rückzug an. Diese Firmen haben mehr Angst vor der Fähigkeit der USA, Sanktionen durchzusetzen, als vor dem Zorn der EU."

 

In Deutschland veröffentlichte die ARD einen Meinungsbeitrag des Brüsseler Korrespondenten Samuel Jackisch mit dem Titel "Gut gebrüllt, Papiertiger – EU wehrlos gegen US-Sanktionen". Die neue EU-Politik, so Jackisch, sei "logisch, aber weitgehend sinnlos" und ein Versuch der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini, ihr "politisches Erbe zu verteidigen". Er fügte hinzu:

 

"Die EU kann sich und ihre transatlantischen Beziehungen zwar auf den Kopf stellen, am Ende sitzen die USA trotzdem am längeren Hebel."

 

"Das Geschäft deutscher Exportindustrie mit dem Iran mag mit rund drei Milliarden Euro nicht gerade klein sein. In die USA exportieren dieselben Unternehmen aber unterm Strich das 35-Fache. Die EU verlangt von ihren größten Konzernen, für ein paar Krümel mehr den gesamten Kuchen zu riskieren."

 

Das ZDF kommentiert:

 

"Bleibt die eigentümliche Konstruktion der Verordnung: Gewöhnlich verbieten Verordnungen und Gesetze etwas. Beispielsweise verbietet ein Anti-Dumping-Gesetz, dass Unternehmen Preisdumping betreiben, um Konkurrenten aus dem Markt zu drängen. Das EU-Abwehrgesetz aber wäre eine Handlungsaufforderung: Betreibe mit dem Iran Handel und lass' dich nicht von Verboten des US-Präsidenten davon abbringen!"

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung zitiert den Vorsitzenden der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin von Wansleben, der die EU-Maßnahme als eine "hilflose politische Reaktion" beschreibt. Den Zweck sieht er darin, zu zeigen, dass die EU sich nicht US-Sanktionen unterwerfe. Für einzelne Unternehmen sei die Blocking-Verordnung "ohne Relevanz".

 

Der österreichische Standard schreibt:

 

"Doch die Blocking-Verordnung ist nicht das effektive Gegenmittel zu US-Sanktionen, wie das historische Beispiel nahelegt. ... Auch wenn Washington auf extraterritoriale Sanktionen verzichten sollte, der US-Markt ist für Konzerne zu wichtig, um sich zu exponieren."

 

Die italienische Website Südtirol News zitiert den Börsenexperten Robert Halver von der Baader Bank:

 

"Aufgrund der Sanktionen der Amerikaner gegen den Iran wird die deutsche Industrie den Iran links liegen lassen. Wenn man sich vor Augen führt, dass die deutsche Industrie das Hundertfache an Geschäften in Amerika macht, wird man nicht mit dem Iran Geschäfte machen, weil dann ja auch die Sanktionen gegen deutsche Firmen existent sind. Von daher: Der Iran wird im Moment sicherlich sehr stark bluten."

 

Die europäische Ausgabe von Politico schreibt:

 

"Einige Experten sagen, die Schritte der EU würden wohl kaum den erwünschten Effekt haben und argumentieren, das Blocking-Statut sei für europäische Konzerne eine juristische Bürde, ohne dabei zu verhindern, dass die USA ihre amerikanischen Geschäftszweige und Vermögenswerte ins Visier nehmen. Für viele Unternehmen ist das Risiko, von den Geschäften in den USA abgeschnitten zu werden – ein viel größerer Markt als der Iran –, genug, um sie dazu anzuhalten, Washingtons Forderungen nachzukommen."

 

Ein von Reuters zitierter Investmentbanker sagt:

 

"Es wäre Selbstmord, mit dem Iran oder mit ihm zusammenhängenden Firmen irgendwelche neuen Geschäfte zu machen oder Finanzierungen zu geben, ohne von der US-Regierung ausdrückliche Garantien zu haben. Sie hat uns am Kragen, weil ein so großer Teil des Geschäfts in Dollar abgewickelt wird. Die Strafen belaufen sich heutzutage auf etliche Milliarden, darum ist es das nicht wert, ein solches Risiko einzugehen wegen ein paar kleinerer Geschäfte oder um europäische Regierungen glücklich zu machen."

 

Wie, um das zu belegen, hat der deutsche PKW- und LKW-Hersteller Daimler kurz vor Inkrafttreten der US-Sanktionen gegen den Iran seine Pläne eines Ausbaus des Iran-Geschäfts fallengelassen. "Die ohnehin eingeschränkten Aktivitäten" in dem Land würden nun in Einklang mit den Sanktionen beendet, teilte Daimler in einer Presseerklärung mit.

 

Daimler folgt damit ähnlichen Entscheidungen von: Adidas (Deutschland); Allianz (Deutschland); AP Moller-Maersk (Dänemark); Ciech (Polen); Citroen (Frankreich); CMA CGM (Frankreich); DZ Bank (Deutschland); Engie (Frankreich); ENI (Italien); Lloyds (UK); Lukoil (Russland); Maersk Tankers (Dänemark); Oberbank (Österreich); Opel (Deutschland); Peugeot (Frankreich); PGNiG (Polen), Renault (Frankreich); Scania (Schweden); Siemens (Deutschland); Swiss Re (Schweiz) und Total (Frankreich).

 

 

Soeren Kern ist ein Senior Fellow des New Yorker Gatestone Institute. - Übersetzt von Stefan Frank (Foto: In einer gemeinsamen Erklärung gaben die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini (Foto) und die Außenminister Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens offen zu, dass es der EU bei dem Iran-Deal allein ums Geld geht und versprachen, europäische Firmen vor Strafen aus den USA zu beschützen. (Foto: Dean Mouhtaropoulos/Getty Images))


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Freitag, 10 August 2018