Schweden ist in verwirrender Ort für eine internationale Antisemitismus-Konferenz

Schweden ist in verwirrender Ort für eine internationale Antisemitismus-Konferenz


Der sozialdemokratische schwedische Premierminister Stefan Löfven hat angekündigt, dass sein Land eine internationale Antisemitismus-Konferenz zum Gedenken an den Holocaust veranstalten wird.

Schweden ist in verwirrender Ort für eine internationale Antisemitismus-Konferenz

Von Dr. Manfred Gerstenfeld

Geplant ist diese Zusammenkunft von Staats- und Regierungschefs in Schwedens drittgrößter Stadt Malmö für den 27.-28. Oktober 2020.[1]

Das ist eine verwirrende Ankündigung. Man sollte erwarten, dass die Initiative für eine solche Konferenz von einem Land ausgeht, das ernsthafte Anstrengungen unternommen hat Antisemitismus zu bekämpfen. Schweden hat jedoch eine lange Geschichte antisemitischer Vorfälle, auf die nicht reagiert wurde. Der Vorstand der Internationalen Holocaust-Gedenkallianz (IHRA) in Schweden stimmte 2016 für die Annahme der Antisemitismus-Definition.[2] Dennoch nimmt das Land die Definition innenpolitisch nicht an, wie es Großbritannien, Deutschland, Österreich, Israel und eine Reihe anderer Länder es getan haben. In Schweden haben einige extreme Erscheinungsformen von Antisemitismus stattgefunden, die Ihresgleichen in anderen Ländern suchen. Eine davon ist, dass die jüdische Gemeinde von Umea sich auflösen musste, weil sie von Neonazis bedroht und von radikalen Muslimen belästigt wurde.[3]

Im Mai diesen Jahres veröffentlichte der Schwedische Nationale Rat für Verbrechensvorbeugung (BRA) einen Bericht zu antisemitischen Hassverbrechen. Der Bericht vermerkt, dass der Hass auf Juden in Schweden von Linken, von Rechtem und von Muslimen kommt. Der Antisemitismus tritt offen auf und „es gibt wenige Orte, wo Menschen mit jüdischem Hintergrund sich sicher fühlen.“[4]

Viele Monate lang hat das Simon Wiesenthal Center (SWC) einen andauernden Kampf gegen Antisemitismus im international bekannten Karolinska Universitäts-Krankenhaus in Solna bei Stockholm geführt. Das SWC hatte eine Anzeige beim damaligen Geschäftsführer eingereicht, als bekannt wurde, dass offener Antisemitismus eines leitenden, Aufsicht führenden Arztes vom Management des Krankenhauses fast ein Jahr lang ignoriert wurde. Dem verbliebenen jüdischen Arzt wurde von einem Unterhändler des Stockholmer Kreisrats Geld angeboten, damit er seine Zeugenaussage gegen seinen antisemitischen Vorgesetzten zurückzog. Auf diese Weise wollten sie sein zukünftiges Schweigen zur Sache erkaufen.[5] Selbst Diplomaten der US-Botschaft in Schweden haben sich diesen Skandal angesehen. Nachdem Anfang Juni am Krankenhaus ein neuer Geschäftsführer eintraf, wurde endlich angekündigt, dass der leitende Arzt dauerhaft auf einen Administrativposten ohne Patientenkontakt versetzt wird.[6]

Löfvens Wahl von Malmö, der drittgrößten Stadt des Landes, als Ort für die Konferenz überrascht also. Eine Reihe von Jahren ist diese Stadt von vielen Experten als Hauptstadt des Antisemitismus in Europa angesehen worden. Hunderte Anzeigen wegen Antisemitismus haben dort zu keinerlei juristischem Handeln geführt. Obwohl die Lage in Malmö sich nicht verbessert hat, verlor sie ihren Titel als Europas antisemitische Hauptstadt an Berlin, wo man weit mehr Juden schikanieren kann.[7]

Während eines Marsches für Arbeiterrechte in Malmö am 1. Mai diesen Jahres sang die Jugendliga der Sozialdemokraten „Vernichtet die Zionisten“. Angeführt wurde die Kundgebung vom früheren Bürgermeister Ilmar Reepalu, der von den Sozialdemokraten schon lange hätte rausgeworfen werden sollen.[8] Als 2012 die US-Sondergesandte zur Bekämpfung von Antisemitismus, Hannah Rosenthal, Malmö besuchte, wies sie auf Reepalu als Beispiel des neuen Antisemitismus, bei dem antiisraelisch zu sein als Deckmantel für Judenhass dient.[9]

Im Juni 2019 sagte der Sprecher der jüdischen Gemeinde von Malmö, diese könne in den nächsten zehn Jahren geschlossen werden. Das wäre zum Teil das Ergebnis der Gleichgültigkeit der Behörden gegenüber den Sicherheitsbedürfnissen der Gemeinde. Danach versprachen zwei Philantropen $4 Millionen zu spenden, um die Sicherheitskosten der Gemeinde zu decken. Die aus den Sozialdemokraten und den Liberalen bestehende Koalition der Stadt hatte es abgelehnt die Gelder aus der Stadtkasse bereitzustellen.[10]

Löfvens Partei hat eine lange Geschichte antiisraelischer Hetze durch führende Persönlichkeiten. Der bekannteste Nachkriegs-Premierminister des Landes, der Sozialdemokrat Olof Palme, war einer der sehr wenigen Führer eines demokratischen Landes, der offen Israels Handeln mit dem der Nazis gleichsetzte.[11] 1984 besuchte der stellvertretende schwedische Außenminister Pierre Schori, ein Sozialdemokrat, Israel. Er pries Arafat und dessen „flexible Politik“, behauptete in einem Artikel, dass „die Terrortaten der PLO ‚bedeutungslos‘, während Israels Gegenschläge ‚abscheuliche Terrortaten‘ seien.“[12]

  • Der ehemalige Botschafter in Schweden Zvi Mazel sagte: „Die verstorbene Außenministerin Anna Lindh [von 1998 bis 2003 im Amt] führte gewöhnlich die bösartigsten Angriffe auf Israel. Ihr Hass auf Israel kann nur als fast pathologisch beschrieben werden. Unter ihrer Führung veröffentlichte Schweden die größte Zahl an einseitigen Verurteilungen Israels seitens aller EU-Länder.“ Lindh wurde 2003 von einem geistig verwirrten Schweden serbischer Herkunft erstochen.[13]
  • Lindhs Nachfolgerin im Außenministerium Laila Freivalds [im Amt von 2003 bis 2006], ebenfalls Sozialdemokratin, besuchte 2004 Yad Vashem, um ermordete Juden zu ehren. Sie kritisierte dann Israel heftig bei einem Treffen im israelischen Außenministerium. Freivalds schwieg zum umfangreichen Antisemitismus in Schweden. Dieses Phänomen, toten Juden die Ehre zu erweisen, Israel zu kritisieren und die großen Vergehen des eigenen Landes gegenüber lebenden Juden ist in Europa verbreitet. Freivalds‘ Verhalten wurde in der Folge von vier ehemaligen Vorsitzenden der schwedischen jüdischen Gemeinschaft aufgedeckt, die über den grassierenden Rassismus und Antisemitismus im Land schrieben.[14]

Die aktuelle schwedische Außenministerin Margot Wallström, ebenfalls Sozialdemokratin, hat eine Untersuchung der Tötung von Terroristen durch Israel gefordert. Sie hat eine solche Aufforderung nicht an andere demokratische Ländern gerichtet, in denen Terroristen nach Anschlägen getötet wurden. Gemäß der Definition der Internationalen Holocaust-Gedenkallianz beging Wallström, indem sie Israel auf diese Weise aussonderte, eine antisemitische Tat.[15]

Im Januar 2019 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Bericht zu den Wahrnehmungen von Antisemitismus in den 28 EU-Ländern. Es wurde festgestellt, dass Schweden das Land ist, in dem der größte Teil der Gesamtbevölkerung – 80% – glauben, dass Antisemitismus ein Problem ist.[16]

Es gibt Berichte, dass der israelische Premierminister Benjamin Netanyahu Anfragen für ein Treffen mit Löfven in der UNO in den Jahren 2016 und 2017 abgelehnt hat.[17] Der Grund dafür war Schwedens Anerkennung eines Palästinenserstaats im Jahr 2014. Man fragt sich, ob Israel an der geplanten Konferenz 2020 teilnehmen wird. Seine Abwesenheit würde die Glaubwürdigkeit des Treffens enorm untergraben.

Die beste Reaktion auf die angekündigte Konferenz wäre die Vorbereitung eines Schwarzbuchs zu Schwedens Antisemitismus und antiisraelischer Hetze, das weit verbreitet und vor der Konferenz allen Teilnehmern zugeschickt wird. Derweil sollte man erwarten, dass internationale jüdische Organisationen die Teilnehmer mit detaillierten Übersichten zu Schwedens unterdurchschnittlicher Bilanz bei der Bekämpfung des Antisemitismus versorgen. Das würde zwei Zielen dienen. Es könnte die schwedische Regierung endlich dazu zwingen die IHRA-Definition für den innenpolitischen Gebrauch zu akzeptieren und anzufangen gegen Antisemitismus vorzugehen. Tut es das nicht, könnte es die schwedische Regierung darüber hinaus davon abhalten die Konferenz für Public Relations-Zwecke zu missbrauchen.

[1] www.thelocal.se/20190524/malm-to-host-international-conference-against-anti-semitism

[2] www.holocaustremembrance.com/sites/default/files/press_release_document_antisemitism.pdf

[3] www.jta.org/quick-reads/security-concerns-may-end-malmos-jewish-community-by-2029

[4] http://www.bra.se/download/18.62c6cfa2166eca5d70e19304/1559137988590/2019_4_Antisemitiska_hatbrott.pdf

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[5] https://www.aftonbladet.se/nyheter/a/8mOMQw/judisk-lakare-karolinska-erbjod-pengar-for-min-tystnad

[6] https://dela.dn.se/SU9nbUh1VWZBMHVvWVZlNkdTM0RLZ2Y5TmFDL2N1akNYMHhwMnFpdGV1VTFEQlNRd2xGd2lJVnBGdTQvSEhobnpnR1hpNW53MlJwZU84cXhldklnMUE9PQ

[7] http://www.timesofisrael.com/sharp-rise-in-anti-semitic-incidents-in-berlin-in-2018-report-finds/

[8] www.jta.org/quick-reads/swedish-prime-minister-to-visit-malmo-after-supporters-chant-about-crushing-zionism

[9] Cnaan Liphshiz: In Malmo, record number of hate crimes complaints but no convictions. JTA, 9. Januar 2013.

[10] www.jta.org/quick-reads/security-concerns-may-end-malmos-jewish-community-by-2029

[11] Per Ahlmark: Palme’s Legacy 15 Years On. Project Syndicate, Februar 2001.

[12] Moshe Yegar: Neutral Policy – Theory versus Practice: Swedish-Israeli Relations. Jerusalem (Israel Council on Foreign Relations) 1993, S. 126-128.

[13] Manfred Gerstenfeld, Interview mit Zvi Mazel:  Anti-Israelism and Anti-Semitism in Sweden. In: European Israeli Relations, Jerusalem (Jerusalem Center for Public Affairs), 200), S. 175.

[14] Salomo Berlinger/Stefan Meisels/Torsten Press/Willy Salomon: Sweden Can Do Much More for Country’s Jewish Community. Haaretz, 10. Juni 2004.

[15] www.jpost.com/Israel-News/Politics-And-Diplomacy/Israel-blasts-Swedish-FM-for-supporting-terrorism-encouraging-violence-441266

[16] http://data.europa.eu/euodp/en/data/dataset/S2220_90_4_484_ENG

[17] http://www.timesofisrael.com/netanyahu-said-to-refuse-meeting-at-un-with-swedish-premier/

 

Heplev - Dr. Manfred Gerstenfeld war langjähriger Direktor und Mitbegründer des Jerusalem Centers for Public Affairs (JCPA), er ist Autor u.a. in der Jerusalem Post und Arutz Sheva.


Autor: Dr. Manfred Gerstenf
Bild Quelle:


Dienstag, 09 Juli 2019