Vier Jahre Labour-Antisemitismus unter Corbyn

Vier Jahre Labour-Antisemitismus unter Corbyn


Der September 2015 war für Juden in zwei großen europäischen Ländern katastrophal.

Vier Jahre Labour-Antisemitismus unter Corbyn

Von Dr. Manfred Gerstenfeld

Zwei höchst negative Ereignisse traten ein: Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel beschloss eine massive Willkommenspolitik für Asylsuchende. Deutschland hat seitdem mehr als eine Million Menschen ohne Auswahl ins Land gelassen. Viele davon sind Muslime, die aus Ländern kommen, deren Antisemitismus zum Schlimmsten der Welt gehört. Studien zeigen, dass Antisemitismus bei diesen Immigranten weit stärker verbreitet ist als bei der einheimischen Bevölkerung.[1]

Das zweite sehr negative Ereignis war die Wahl des linksextremen Jeremy Corbyn zum Vorsitzenden der britischen Labour Party. Das hatte eine Vielzahl wichtiger Folgen, die weit über die gewaltige Zunahme des weit verbreiteten Schürens von Hass in der Labour Party während der letzten vier Jahre hinausgehen.

Infolge der Brexit-Unsicherheit befindet sich Großbritannien in einem großen Durcheinander. Die Möglichkeit, dass Corbyn der nächste britische Premierminister wird, kann nicht ausgeschlossen werden. Das wäre ein Novum im Nachkriegs-Westeuropa: ein demokratisch gewählter Regierungschef eines bedeutenden Landes, der Repräsentanten der völkermörderischen Terrororganisationen Hisbollah und Hamas als seine „Brüder“ und „Freunde“ bezeichnet. Corbyn hat zudem einem Holocaust-Leugner Spenden zukommen lassen und einen anderen willkommen geheißen.[2] Er ist ein langjähriger Hetzer gegen Israel und Teilzeit-Antisemit mit klassisch antisemitischer Einstellung.[3]

Im September 2018 akzeptierte Labour die Antisemitismus-Definition[4] der Internationalen Holocaust-Gedenkallianz (IHRA)[5]. Corbyns Hass schürende Reaktionen auf Israel sind oft antisemitische Taten gemäß der eigenen Definition der Partei. Vor kurzem wurde auch bekannt, dass Corbyn die Kairo-Erklärung von 2002 unterzeichnete, in der es heißt, dass Israel den Palästinensern ihr Land raubte und die USA beschuldigt wurden „den zionistischen Tätern völkermörderischer Verbrechen gegen das palästinensische Volk unbegrenzte Unterstützung“ zu bieten.[6] Umfragen zeigen allerdings, dass zwar die Zustimmungsraten für den konservativen Parteichef Boris Johnson in fast allen Bereichen der britischen Gesellschaft höher sind, aber Corbyn von der Altersgruppe 18 bis 24 Jahren positiver betrachtet wird.[7]

Gegen Labour wird aktuell von der Equality and Human Rights Commision (EHRC) ermittelt. Bisher ist erst einmal von dieser Kommission gegen eine Partei ermittelt worden, gegen die kleine, rechtsextreme British National Party.

Ein ausführliches Schriftstück des Labour-Mitglieds und Wissenschaftlers Alan Johnson zeigt, warum Labour derzeit eine institutionell antisemitische Partei ist.[8] Eine aktuelle Umfrage stellte fest, dass die meisten Mitglieder der Partei vor deren Antisemitismus die Augen erschließen. Nur 23 Prozent der Befragten stimmen zu, dass die Partei ein „ernstes“ Antisemitismus-Problem hat. 37 Prozent machen für die Antisemitismus Beschuldigungen „politische Gegner, die Jeremy Corbyn untergraben wollen“ verantwortlich. Für 17 Prozent haben „die Mainstream-Medien“ Schuld.[9]

Frühere Labour-Mitarbeiter, die in der Dokumentation Is Labour Anti-semitic? von BBC Panorama auftraten, haben erklärt, bevor Corbyn Vorsitzender wurde, gab es wenig Beschwerden über Antisemitismus in der Partei.[10] [11] Aber nachdem Corbyn die Nummer eins wurde, wurden eine ganze Reihe antisemitischer Äußerungen von gewählten Labour-Repräsentanten unter seinem Vorgänger Ed Miliband öffentlich.[12] Muslime stellten einen unverhältnismäßig hohen Anteil dieser Täter. Derzeit scheint das nicht länger der Fall zu sein. Antisemitische Äußerungen scheinen bei den gewählten Vertretern der Partei regelmäßig aufzutreten.

Eine Reihe anderer Fälle mit Bezug zu Labour-Antisemitismus sind nur zum Teil zu verstehen. Es ist klar, dass der Anteil der jüdischen Labour-Wähler stark abgenommen hat. Eine große Unsicherheit betrifft jedoch den Geisteszustand des britischen Judentums. Das soziale Umfeld hat sich für das britische Judentum verändert. Von der Labour Party in die Öffentlichkeit gebrachter Antisemitismus ist von Dauer. Israel als möglicher Ort für Emigration – sollte Corbyn die nächste Wahl gewinnen – ist bei britischen Juden zu einem bedeutenden Diskussionsthema geworden.

Einige Juden reden plötzlich viel darüber Jude zu sein; bisher hatten sie es kaum erwähnt. Zu den Beispielen gehören die Labour-Abgeordnete Dame Margaret Hodge[13] und die Fernseh-Persönlichkeit Rachel Riley.[14] Die jüdische Labour-Bewegung kämpft weiterhin aus der Partei heraus gegen Antisemitismus. Ihr wird zudem von einer Reihe jüdischer und nichtjüdischer Parlamentsabgeordneter geholfen. Auf der anderen Seite steht den antisemitischen Weißwäschern eine kleine Gruppe gegenüber, die Jewish Voice for Labour, die den Antisemitismus kleinredet.

Ein spektakuläres Zeichen der Unstimmigkeit zu Antisemitismus war eine ganzseitige Werbeanzeige in der linken Tageszeitung Guardian, die von 67 Labour-Peers – mehrere davon ehemalige Minister – bezahlt wurde. Die Schlüsseläußerung der Anzeige lautete: „Die Labour Pary hießt jeden* ungeachtet von Rasse, Glaubensbekenntnis, geschlechtlicher Identität oder sexueller Orientierung willkommen. (*außer Juden, wie es scheint)“ Es wurde hinzugefügt: „Das ist Ihr Vermächtnis, Mr. Corbyn.“[15]

Die Massen an Daten zu Labour-Antisemitismus aus den letzten vier Jahren kann als methodologische Grundlage für das Studium der Techniken zur Leugnung, Bagatellisierung und des Reinwaschens von Antisemitismus überall in der Welt dienen. Nebelwände zum Kampf gegen Antisemitismus, die Behauptung, man bekämpfe den Hass, das aber nur in äußert geringen Teilen zu tun, ist kaum einmal – wenn überhaupt – Thema von Analysen gewesen. Corbyn selbst ist ein Super-Nebelwerfer, ein Antisemit, der Antisemitismus als abscheulich bezeichnet.[16]

Bei den Reinwäschern ist eine neue Redeweise aufgekommen: „Antisemitismus wird als Waffe gegen die Labour Party benutzt.“ Die angeführten Fakten zu Antisemitismus in der Labour Party sind jedoch in der Regel wahr. Die Behauptung, er werde als Waffe benutzt, könnte jedoch an anderer Stelle dienlich sein: um eine detaillierte Analyse von Islamophobie als Waffe von Muslimen und politisch korrekten Politikern vorzunehmen. Die Anschuldigung der Islamophobie wird oft fälschlich gegen diejenigen verwendet, die kapitale Verbrechen von Teilen der muslimischen Gesellschaften aufdecken.

Der Ausgang der EHRC-Ermittlung könnte also als Mittel dienen die Effektivität der Kommission zu beurteilen und das in Anbetracht der massiven Information, die sich über den Antisemitismus in Labour angesammelt hat.

Zusätzlich können die vielen Befunde zu Antisemitismus in der Labour Party auch zur Analyse von Antiisraelismus unter den Führungspolitikern verschiedener europäischer Arbeitspartien und sozialistischer Parteien zum Beispiel in Norwegen, Schweden, Finnland und Deutschland dienen.

Letzten Endes hat Labour ein aktuelles Kapitel in der langen Geschichte der perversen Progressiven geschrieben, deren Anfänge bis zu Erasmus von Rotterdam zurückverfolgt werden können. Er lebte Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts. Erasmus wurde der „Prinz des Humanismus“ genannt und war sogar für seine Zeit ein extremer Antisemit.[17]

[1] http://www.prnewswire.com/news-releases/ajc-berlin-publishes-study-on-anti-semitism-among-refugees-300570901.html

[2] besacenter.org/wp-content/uploads/2018/08/923-Corbyns-Misdemeanors-Gerstenfeld-final-1.pdf

[3] besacenter.org/perspectives-papers/corbyn-against-jews-israel/

[4] www.holocaustremembrance.com/working-definition-antisemitism

[5] www.theguardian.com/politics/2018/sep/04/labour-adopts-ihra-antisemitism-definition-in-full

[6] www.telegraph.co.uk/news/2019/09/21/row-revelation-jeremy-corbyn-signed-document-accusing-israel/

[7] www.telegraph.co.uk/politics/2019/09/18/johnson-trounces-corbyn-approval-rating-almost-every-section/

[8] fathomjournal.org/wp-content/uploads/2019/03/Institutionally-Antisemitic-Report-embargoed.pdf

[9] www.thejc.com/news/uk-news/yougov-poll-labour-members-antisemitism-problem-israel-trade-deal-brexit-survey-1.489039

[10] www.reuters.com/article/us-britain-antisemitism/uk-report-cites-labour-row-as-contributing-to-rise-in-anti-semitic-incidents-idUSKCN1UQ2WQ

[11] www.aish.com/jw/s/BBCs-Documentary-on-Labours-Anti-Semitism-Video-60-Min.html

[12] http://www.israelnationalnews.com/Articles/Article.aspx/21872

[13] www.theguardian.com/commentisfree/2019/jul/17/antisemitism-labour-party-jeremy-corbyn-margaret-hodge

[14] www.algemeiner.com/2019/01/14/british-jewish-tv-presenter-rachel-riley-says-antisemitic-attacks-have-made-her-jewish-identity-stronger/

[15] https://labourlist.org/2019/07/this-is-your-legacy-mr-corbyn-67-labour-peers-advert-on-antisemitism/

[16] www.theguardian.com/politics/2019/jul/13/corbyn-decries-bbcs-inaccuracies-over-labour-antisemitism

[17] heplev.wordpress.com/2014/07/28/erasmus-furst-des-humanismus-der-renaissance-und-antisemit/

 

Heplev - Dr. Manfred Gerstenfeld ist ehemaliger Direktor des Jerusalem Centers for Public Affairs (JCPA), er ist Autor bei der Tageszeitung The Jerusalem Post und beim Nachrichtensender Arutz Sheva


Autor: Dr. Manfred Gerstenf
Bild Quelle: YouTube/RevolutionBahrainMC [CC BY 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)]


Dienstag, 08 Oktober 2019