ISIS wütet, der Nahe Osten zittert

ISIS wütet, der Nahe Osten zittert


ISIS wütet, der Nahe Osten zittert

von Prof. Daniel Pipes, National Review Online, 12. Juni 2014

Die Einnahme Mossuls durch die Jihadisten am 9. Juni brachte ihnen die Kontrolle über die zweitgrößte Stadt des Irak, eine große Ausbeute an Waffen, US$ 429 Millionen in Gold, einen offenen Weg zur Eroberung von Tikrit, Samarra und vielleicht der Hauptstadt Bagdad. Die irakischen Kurden sind in Kirkuk eingezogen. Das ist das wichtigste Ereignis im Nahen Osten seit 2010 die arabischen Erhebungen begannen. Hier der Grund:

Regionale Bedrohung: Die als Terrorgruppe gekennzeichnete Islamischer Staat in Irak und Syrien (ISIS) befindet sich in einer Position die Regierungen des Irak und Syriens zu stürzen, vielleicht auch weitere, was bei Jordanien beginnen könnte. Weil sie die Grenze zwischen dem Irak und Syrien überdeckt, könnte sie sowohl diese fast hundert Jahre als Grenze zwischen diese beiden kolonialen Schöpfungen als auch deren Existenz als einheitliche Staaten ausradieren, womit die aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangene politische Ordnung des Nahen Ostens aufgehoben würde. Völlig zurecht bezeichnet die US-Regierung ISIS als "eine Bedrohung für die gesamte Region".

Unerwartete Stärke: Diese Entwicklungen beweisen, dass die extremste und gewalttätigste Form des Islamismus, wie sie von Al-Qaida und ähnlichen Gruppen repräsentiert wird, über den Terrorismus hinausgehen kann, um Guerilla-Milizen zu bilden, die Territorium erobern und Regierungen bilden. Diesbezüglich schließt sich ISIS den Taliban in Afghanistan, der Al-Schabab in Somalia, der Al-Nusra-Front in Syrien, Ansar Dine in Mali und Boko Haram in Nigeria an.

Muslime hassen Islamismus: Dank des grausamen Rufs, den die ISIS in ihrer Hauptstadt Raqqa in Syrien und andernorts aufgebaut hat, ist schätztungsweise ein Viertel der fast zwei Millionen betragenden Bevölkerung Mossuls geflohen. Die derzeitige Runde der ISIS-Brutalität wird den Islamismus erneut Millionen weiteren Muslimen unerträglich machen.

Ultimativer Frust: Daher kann ISIS, egal wie viel Schaden die Al-Qaida-artigen Organisationen an Grundeigentum und Leben anrichten, letztlich nicht siegreich (was einen Kalifen bedeuten würde, der das islamisches Recht in seiner Gesamtheit und Härte anwendet) daraus hervorgehen, denn ihr ungetrübter Extremismus verprellt Muslime genauso, wie er Nichtmuslime ängstigt. Am Ende werden behutsame Formen des Islamismus (z.B. der des Fethullah Gülen in der Türkei) das größte Potenzial haben, weil sie Anreiz für eine breitere Menge Muslime bieten und Nichtmuslime weniger beunruhigen.

Sunniten vs. Schiiten: Die militärischen Vorstöße der ISIS bedrohen direkt das die irakischen Schiiten dominierende, pro-iranische Regime. Teheran kann dessen Untergang nicht erlauben; entsprechend haben iranische Streitkräfte bereits geholfen Tikrit zurückzuerobern und es wurde stärkere iranische Beteiligung versprochen. Das deutet auf eine Kopie der ethnischen Linien in Syriens Bürgerkrieg hin, bei der die von der Türkei gestützten sunnitischen Jihadisten gegen eine vom Iran gestützte schiitisch orientierte Zentralregierung stehen. Wie in Syrien führt diese Konfrontation zu einer humanitären Katastrophe, selbst sich die Islamisten gegeneinander wenden, was westlichen Interessen dient.

Der Mossul-Damm rückt drohend ins Blickfeld: 1980 finanzierten die Saudis und andere Araber rund 55km nordwestlich von Mossul einen schlecht konstruierten, eilig gebauten Damm am Tigris. Unzulänglicher Bau bedeutet, dass er leckt und ständige Zementeinspritzung sowie weitere teure Maßnahmen benötigt, um einen verheerenden Bruch zu vermeiden. Werden ISIS-Hitzköpfe weiterhin diese Reparaturarbeiten ausführen? Oder könnten sie sie sich sparen, womit nicht nur Mossul, sondern einem Großteil des bewohnten Irak katastrophale Überschwemmungen drohen?

Amerikanisches Versagen: Klarer als jemals zuvor deckt der Erfolg der ISIS-Kräfte die überambitionierten Ziele der von den USA geführten Invasion (und ähnlich der in Afghanistan) auf, die den Westen tausende Leben und mehr als eine Billion Dollar kostete. Die schicke Fassade der mit $53 Millionen von den Amerikanern gesponserten Institutionen von erfolglosen Krankenhäusern bis zur irakischen Nationalsymphonie wurden als das Fiasko bloßgestellt, das sie sind. ISIS-Soldaten, die triumphierend auf von den USA gelieferter Militärausrüstung stehen, machen den Unsinn der einst großen amerikanischen Hoffnungen auf "einen stabilen, demokratischen und florierenden Irak" deutlich.

Die Republikaner: Die Republikaner machen unfairerweise Barack Obama für die ISIS-Siege verantwortlich: Nein, George W. Bush ging die Verpflichtung ein den Irak zu erneuern und er unterschrieb 2008 das "Status of Forces Agreement", das die amerikanische Militärpräsenz im Irak Ende 2011 beendete. Damit die Republikanische Partei in der Außenpolitik Fortschritte macht, muss sie diese Fehler eingestehen und daraus lernen, statt ihnen aus dem Weg zu gehen, indem sie Obama mit Vorwürfen überhäufen.

Die Demokraten: Die Exekution Osama bin Ladens vor drei Jahren war ein wichtiger symbolischer Schritt der Vergeltung. Operationell machte sie aber fast keinen Unterschied und es ist an der Zeit, dass Obama aufhört damit anzugeben Al-Qaida sei besiegt. Fakt ist, dass Al-Qaida und ihre Partner gefährlicher denn je sind, da sie vom Terrorismus zur Eroberung von Territorium übergegangen sind. Das Wohlergehen der Amerikaner und anderer hängt davon ab, dass diese Wirklichkeit erkannt und danach gehandelt wird.

Westliche Politik: Dies ist ein grundsätzliches Nahost-Problem und Kräfte von außen sollten darauf abzielen ihre eigenen Interessen zu schützen, nicht die Krisen des Nahen Ostens zu lösen. Teheran, nicht wir, sollte die ISIS bekämpfen.

 

Ünersetzung: H. Eiteneier - Foto: Karte des Nahen Ostens (Foto: von W123 (Eigenes Werk) [CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons)

 

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Autor: fischerde
Bild Quelle:


Montag, 16 Juni 2014

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