Israelische Siedlungen und das Völkerrecht

Israelische Siedlungen und das Völkerrecht


Informationsbüro des Außenministeriums des Staates Israel Jerusalem. Papier zur Rechtsposition, Mai 2001 (überarbeitet: 30. November 2015)

Israelische Siedlungen und das Völkerrecht

Versuche jüdische Siedlungen auf Gebiet der Westbank (dem antiken Judäa und Samaria) als ihrer Natur nach illegale „Kolonisierung“ darzustellen ignoriert die Komplexität des Themas, die Geschichte des Landes und die einzigartigen Umstände dieses Falles.

 

Der historische Kontext

 

Jüdische Siedlungen in Gebieten der Westbank und des Gazastreifens gab es seit undenkbaren Zeiten und wurde vom Völkerbund im Mandat für Palästina ausdrücklich als legal anerkannt. Dieses Mandat sorgte für die Errichtung einer jüdischen Heimstatt im antiken Heimatland des jüdischen Volkes. Artikel 6 des Mandats sagt ausdrücklich: „Die Verwaltung Palästinas soll – wobei sicher gestellt werden soll, dass die Rechte und Position anderer Teile der Bevölkerung nicht beeinträchtigt wird – die jüdische Immigration unter passenden Bedingungen fördern und in Kooperation mit der Jewish Agency, auf die in Artikel 4 verwiesen ist, die dichte Besiedlung des Landes durch Juden ermutigen soll. Das soll auch staatliches Land beinhalten, das nicht in öffentlichem Gebrauch ist.“

 

Einige jüdische Siedlungen, wie z.B. Hebron, gab es durch die Jahrhunderte der Ottomanischen Herrschaft, während Siedlungen wie Neve Ya’acov, nördlich von Jerusalem, der Gush Etzion-Block in Judäa und Samaria, die Gemeinden nördlich des Toten Meeres und Kfar Darom im Gazastreifen unter britischer Mandatsverwaltung vor der Gründung des jüdischen Staates errichtet wurden. Um sicher zu gehen sind viele israelische Siedlungen an Orten errichtet worden, die für jüdische Gemeinschaften früherer Generationen Heimat waren. Das war ein Ausdruck der tiefen historischen und religiösen Verbindungen des jüdischen Volkes mit dem Land.

 

Seit mehr als tausend Jahren war die einzige Verwaltung, die jüdische Besiedlung verbot, die jordanische Besatzungsverwaltung, die in den neunzehn Jahren ihrer Herrschaft (1948 – 1967) den Verkauf von Land an Juden zu einem Kapitalverbrechen (mit Todesstrafe) erklärte. Das Recht der Juden, in diesen Gebieten Häuser zu errichten und die rechtlichen Ansprüche an dem Land, das erworben wurde, konnten von der jordanischen und ägyptischen Besatzung nicht außer Kraft gesetzt werden. Diese Besatzung war das Ergebnis ihrer bewaffneten Invasion Israels im Jahr 1948; die Rechte und Titel bleiben bis zum heutigen Tag gültig.

 

Das humanitäre Völkerrecht in der Westbank und dem Gazastreifen

 

Das humanitäre Völkerrecht bzw. das Recht für bewaffnete Konflikte verbietet den erzwungenen Transfer von Teilen der Bevölkerung eines Staates auf das Gebiet eines anderen Staates, den es als Ergebnis eines Rückgriffs auf bewaffnete Gewalt besetzt hat. Dieses Prinzip, das sich in Artikel 49 (6) der Vierten Genfer Konvention widerspiegelt, wurde direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs formuliert.

 

Wie maßgebliche Kommentare der Konvention durch das Internationale Rote Kreuz bestätigt, sollet das Prinzip die örtliche Bevölkerung vor Verdrängung geschützt wird, einschließlich der Gefährdung ihrer Existenz als gesonderter Rasse, wie es bezüglich des zwangsweisen Bevölkerungstransfers in der Tschechoslowakei, Polen und Ungarn vor und während des Krieges vorkam. Das ist bezüglich der Westbank und Gazas eindeutig nicht der Fall. Völlig losgelöst von der Frage, ob die Vierte Genfer Konvention de jure auf Territorium wie die Westbank anwendbar ist, für die es vorher keinen legitimen Souverän gab, trifft der Fall jüdischer freiwilliger Errichtung von Häusern und Gemeinden in ihrem angestammten Heimatland und neben palästinensischen Gemeinden nicht auf die Art zwangsweisen Bevölkerungstransfers zu, der in Artikel 49(6) ins Auge gefasst wird.

 

So hat Professor Eugene Rostow, ehemaliger Staatssekretär für politische Angelegenheiten im US-Außenministerium, geschrieben: „Das jüdische Recht auf Siedlung in dem Gebiet entspricht auf jede Weise dem Recht der örtlichen Bevölkerung dort zu leben.“ (AJIL, 1990, Bd. 84, S. 72)

 

Die Vorkehrungen der Genfer Konvention bezüglich erzwungener Bevölkerungstransfers in besetztes souveränes Gebiet kann nicht als Verbot der freiwilligen Rückkehr Einzelner in die Städte und Dörfer angesehen werden, aus denen sie oder ihre Vorfahren vertrieben wurden. Sie verbieten auch nicht den Umzug Einzelner auf Land, das nicht der legitimen Souveränität eines Staates unterlag und das nicht Objekt privaten Besitztums ist. Diesbezüglich sind israelische Siedlungen nur nach einem ausführlichen Untersuchungsprozess unter der Aufsicht des Obersten Gerichtshofs Israels errichtet worden; dieser Prozess ist so gestaltet, dass er sicher stellt, dass keine Orte auf privatem Land errichtet werden.

 

[Es sollte betont werden, dass der Umzug Einzelner in die Gebiete völlig freiwillig geschieht, während die Siedlungen selbst nicht darauf abzielen arabische Bewohner zu vertreiben; auch in der Praxis geschieht dies nicht.

 

Wiederholte Vorwürfe bezüglich der Illegalität der israelischen Siedlungen müssen daher als politisch motiviert angesehen werden, ohne Grundlage im internationalen Recht. Gleichermaßen können die israelischen Siedlungen nicht als illegal angesehen werden; sie können keine „grobe Verletzung“ der Genfer Konvention darstellen, womit jede Behauptung, sie stellten ein „Kriegsverbrechen“ dar, keine rechtliche Grundlage hat. Solch politische Anklagen können in keiner Weise palästinensische Terrorakte und Gewalt gegen unschuldige Israelis rechtfertigen.]

 

In juristischen Begriffen ist die Westbank am besten als Territorium zu betrachten, zu dem konkurrierende Ansprüche bestehen, die in Friedensprozess-Verhandlungen gelösten werden sollten – und in der Tat haben sich sowohl die israelische als auch die palästinensische Seite diesem Prinzip verpflichtet. Israel hat stichhaltige Ansprüche auf dieses Territorium, die nicht nur auf der historischen jüdischen Verbindung zu ihm und lange bestehender Ansässigkeit im Land, seiner Festsetzung als Teil des jüdischen Staates entsprechend des Völkerbund-Mandats und Israels jristische anerkanntem Recht auf sichere Grenzen gründen, sonder auch auf der Tatsache, dss das Territorium zuvor keinem legitimen, souveränen Staat gehört sowie durch einen Verteidigungskrieg unter israelische Kontrolle kam, der Israel aufgezwungen wurde. Zugleich erkennt Israel an, dass die Palästinenser auch gewisse legitime Ansprüche an dem Gebiet haben. Aus diesem Grund haben beide Seiten ausdrücklich zugestimmt alle ausstehenden Fragen, einschließlich der der Zukunft der Siedlungen, in direkten, bilateralen Verhandlungen zu lösen, denen Israel verpflichtet bleibt.

 

Israelisch-palästinensische Vereinbarungen

 

Die zwischen Israel und den Palästinensern erzielten Vereinbarungen, die ihre Beziehungen regeln, beinhalten keinerlei Verbot zum Bau oder Ausbau der Siedlungen. Im Gegenteil: Es wurde besonders dafür gesorgt, dass die Frage der Siedlungen Endstatus-Verhandlungen vorbehalten bleibt, die am Ende der Friedensgespräche stattfinden sollen. Fakt ist, dass beide Parteien sich darüber verständigten, dass die palästinensische Autonomiebehörde bis zum Abschluss eines Endstatus-Abkommens keinerlei Rechtsgewalt oder Kontrolle über die Siedlungen oder Israelis hat.

 

Die zwischen Israel und den Palästinensern erzielten bilateralen Vereinbarungen, die ihre Beziehungen regeln, beinhalten keinerlei Verbot des Baus oder Ausbaus von Siedlungen. Im Gegenteil: Es ist ausrücklich vorgesehen, dass die Frage der Siedlungen Endstatusverhandlungen vorbehalten bleibt, was die Auffassung beider Seiten spiegelt, dass die Frage nur zusammen mit anderen Endstatusfragen wie Grenzen und Sicherheit gelöst werden kann. In der Tat sind beide Seiten – im Israelisch-palästinensischen

Interimsabkommen von 1995 – ausdrücklich übereingekommen, dass die palästinensische Autonomiebehörde keine rechtliche Zuständigekit oder Kontroller über Siedlungen oder Israelis hat und dass die Siedlungen ausschließlich unter isralische Zuständigkeit fallen, bis eine Endstatusvereinbarung getroffen wrrde.

Es wird behauptet, dass das Verbot einseitiger Schritte, die den „Status“ der Westbank und des Gazastreifens, das in der Interimsvereinbarung in Artikel 31 (7) [und in folgenden Vereinbarungen zwischen den Parteien] getroffen wurde, ein Verbot von Siedlungsaktivitäten beinhaltet. Diese Haltung ist unaufrichtig. Der Bau von Häusern hat keine Auswirkungen auf den Status des Gebiets. Man einigte sich auf das Verbot einseitiger Maßnahmen, um dafür zu sorgen, dass keine Seite Schritte unternimmt, die den rechtlichen Status des Gebiets – abhängig vom Ausgang der Endstatus-Verhandlungen – verändern (wie Annexion oder einseitige Ausrufung eines Staates). Würde dieses Verbot auf Baumaßnahmen angewendet, würde dies zu der lächerlichen Interpretation führen, dass keiner Seite der Bau von Häusern erlaubt ist, die die Bedürfnisse der jeweiligen Gemeinschaften stillt.

 

[Es ist wichtig anzumerken, dass im Geist des Kompromisses und im Versuch konstruktive, Vertrauen bildende Maßnahmen im Friedensprozess zu unternehmen, aufeinander folgende israelische Regierungen ausdrücklich die Notwendigkeit territorialer Kompromisse im Gebiet der Westbank und des Gazastreifens anerkannt haben und freiwillig eine Politik der Einfrierung des Baus neuer Siedlungen verfolgten. In dieser Beziehung hat die derzeitige Regierung der Nationalen Einheit unter Premierminister Ariel Sharon offizielle erklärt, dass sie keine neuen Siedlungen bauen wird, während sie den grundlegenden Bedürfnissen der bestehenden Siedlungsgemeinschaften verpflichtet bleibt.]

 

Diesbezüglich war Israels Entscheidung von 2005 alle Siedlungen im Gazastreifen und einige in er nördlichen Westbank im Zusammenhang mit dem Abkoppelungsplan aufzulösen, einseitige israelische Maßnahmen und keine Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung.

 

Schlussfolgerung:

 

  • Versuche aktuelle jüdische Siedlungen im uralten Judäa und Samaria (die Westbank) als illegal und ihrem Wesen nach „kolonial“ hinzustellen ignorieren die Komplexität des Themas, der Geschichte des Landes sowie die einzigartigen rechtlichen Umstände dieses Falles.
  • Jüdische Gemeinden in diesen Gebieten haben seit undenkbaren Zeiten bestanden und drücken die tiefe Verbundenheit des jüdischen Volks zum Land aus, das die Wiege ihrer Zivilisation ist, wie sie vom Völkerbund-Mandat Palästina bestätigt uwrde und von dem wir bzw. unserer Vorfahren vertrieben wurden.
  • Das Verbot des zwangsweisen Transfers von Zivilisten auf Territorium eines besetzten Staates gemäß der Vierten Genfer Konvention war nicht für die Umstände freiwilliger jüdischer Besiedlung der Westbank auf legitim erworbenem Land gedacht, das keinem vorherigen, rechtmäßigen Souverän gehörte und das gemäß des Völkerbund-Mandats als Teil des jüdischen Staates gedacht war.
  • Bilaterale israelisch-palästinensische Vereinbarungen bestätigen ausdrücklich, dass die Siedlungen Teil der vereinbarten und ausschließlich jüdischen Zuständigkeit unterliegen, abhängig vom Ausgang von Friedensverhandlungen; sie verbieten keine Siedlungsaktivitäten.
  • Israel beleibt Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen verpflichtet, um alle ausstehenden Fragen und konkurrierenden Ansprüche zu lösen. Es fordert die palästinensische Seite weiterhin auf gleiche Weise zu reagieren. Es besteht die Hoffnung, dass solche Verhandlungen eine vereinbarte, sichere und friedliche Regelung schaffen werden, die der Verbindung sowohl der Juden als auch der Palästinenser zu diesen uralten Land legitimen Ausdruck verleihen wird.

 

(Regierung des Staates Israel, Grundlagen der Politik, März 2001; überarbeitet 30. November 2015)


Eine weitere ausführliche Beschreibung der rechtlichen Lage im Zuammenhang mit der palästinensischen Propagandaoffensive zu den „besetzten Gebieten“ findet sich auf der Seite des Jerusalem Zentrums (Jerusalem Center for Public Affairs):

 

 

Übersetzt von Heplev


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Sonntag, 11 Dezember 2016