Die Mitschuld deutscher Chemiefirmen in Syrien

Die Mitschuld deutscher Chemiefirmen in Syrien


Chemiewaffen sind seit der Haager Erklärung von 1899 geächtet, weil die Welt allgemein übereinkam, dass sie einzigartig abscheulich und schrecklich sind.

Die Mitschuld deutscher Chemiefirmen in Syrien

von Shoshana Bryen, Jewish Policy Center

 

Der Vertrag von Versailles 1919 und das Genfer Protokoll von 1925 waren Wiederholungen dessen, was einer der wenigen Konsenspunkte der Welt gewesen ist. Die Verwendung von Chemikalien im Nazi-Holocaust war so ungemein verabscheuenswert, das Nazi bis heute deshalb vor Gericht gestellt und verurteilt werden. 2016 wurde Reinhold Hanning, ein 94-jähriger ehemaliger Lagerwächter in Auschwitz wegen Beihilfe zum Mord an 170.000 Menschen verurteilt. 2017 wurde der 96-jährige Oskar Gröning, eine ehemaliger Nazi-Wächter und SS-Offizier als hafttauglich erklärt seine Gefängnisstrafe wegen seiner Verbrechen abzuleisten.

 

Am 22. Januar und am 1. Februar 2018 unterzog die syrische Regierung, zumindest mit der stillschweigenden Unterstützung seiner Verbündeten Russland und Iran, die von den Rebellen kontrollierte syrische Stadt Douma Chemiewaffen-Angriffen – es war nicht das erste Mal, aber diesmal gibt es Nebengeschichten aus Deutschland und dem Iran.

 

Gemäß der deutschen BILD-Zeitung genehmigte das deutsche Bundesamt für wirtschaftliche Angelegenheiten und Exportkontrolle 2016 der Firma Krempel eine Lizenz für den Verkauf von elektronischen Pressspanplatten an iranische Firmen. Die Jerusalem Post schreibt, die Technologie werde in Raketen in Syrien genutzt, die die erwähnten Chemiewaffen ins Ziel bringen. Fotos der investigatriven Seite Bellingcat zeigten Teile, die den Berichten nach aus dem Angriff in Douma stammen und die Beschriftung „Made in Germany“ tragen. Die Bilder wurden von der Organisation Syrians for Truth and Justice gesammelt.

 

Gut, das klingt vielleicht spekulativ, aber ein Sprecher der Krempel-Gruppe bestritt das nicht; er erkannte ihr Produkt und sagte der BILD, die Firma sei „geschockt … dass ihre Pressspan PSP-3040 offenbar in Motoren eingesetzt wurde, die für Kriegswaffen eingesetzt wurden“.

 

Seit dem JCPOA 2015 ist Deutschland die größte Handelspartner des Iran gewesen: nach Angaben der deutschen Regierung mit einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euro 2016 und 3,6 Milliarden Euro 2017. Interessanterweise läuft der Handel nur einseitig: 2016 exportierte Deutschland Waren im Wert von  2,6 Milliarden Euro in den Iran; zurück kamen nur 300 Millionen Euro. Nach Angaben der Deutsche Welle schickte Deutschland Maschinenanlagen und -ausrüstung, Autos, Chemikalien, Pharmaka und medizinische Produkte; es importiert Trockenfrüchte, Pistazien, Teppiche und Rohmaterial für die Industrie.

 

Maschinenanlagen und -ausrüstung? Was könnte da schief gehen?

 

Irans Versuche bei Streben nach Technologien zum Vorantreiben seiner – atomaren wie konventionellen – Militärsysteme die Sanktionen der Vereinten Nationen und der USA zu umgehen sind ebenfalls durchaus bekannt. Schon 2005 berichtete die britische Publikation Jane’s Defense Weekly, dass der Iran mit Syrien zusammen am Bau von „innovativen Chemiewaffenprogrammen“ arbeitete. Die Rolle des Iran war es die notwendigen Geräte zu bauen.

 

Chemiewaffen wurden im syrischen Bürgerkrieg erstmals 2013 eingesetzt, aber Präsident Barack Obama ignorierte seine von ihm selbst festgelegt „rote Linie“ und lehnte es ab gegen das Regime Vergeltung zu üben. Die Russen belegten eine Resolution des Sicherheitsrats zur Verurteilung Syriens mit ihrem Veto und David Cameron wurde der erste britische Premierminister, der seit 1792 eine Kriegsabstimmung im Parlament verlor. In Abwesenheit einer besseren Idee folgten die U SA der russischen Führung 2014 darin eine „diplomatische“ Lösung zu schaffen, in der der syrische Diktator Bashar Assad seine Vorräte anzugeben, die Russen steckten sie auf amerikanische Schiffe und die USA vernichteten sie auf See.

 

Das Jewish Policy Center schrieb damals:

 

Die Obama-Administration brüstet sich wegen dem, was sie einen Wendepunkt im syrischen Konflikt bezeichnet.

 

Die Administration gab zu, das es nicht wirklich der gesamte syrische Bestand war – immerhin verließ sich OPCW auf ein von Syrien selbst erklärtes Arsenal. Aber OPCW (die Organisation für die Verhinderung von Chemiewaffen) war bereit zu schwören, dass der Optimismus des Präsidenten berechtigt war. In einer bemerkenswert präzisen Äußerung erklärte Sigrid Kaag, die Sonderkoordinatorin für OPCW-UN, dass 96% der von Syrien angegebenen Chemiewaffen vernichtet wurden. Nicht 95% oder 87% oder 43,5%, sondern haargenau 96%.

 

Bis August behauptete die Administration, dass die syrischen Waffen „komplett vernichtet“ worden waren, gestand aber ein, dass die Munitionsfabriken nicht, wie von der Vereinbarung gefordert, abgerissen wurden. Nach Angaben von UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon blieben mindestens 12 Lagerstätten in Betrieb und nur 5 von 18 Produktionsstätten waren geschlossen worden.

 

Nach einem Chemiewaffenangriff auf Zivilisten im Jahr 2017, bei dem geschätzt 80 Menschen getötet wurden, befahl Präsident Donald Trump einen Vergeltungsschlag gegen den Fliegerhorst, von dem aus der Angriff geflogen wurde. Die Einrichtung wurde außer Betrieb gesetzt, aber die jüngsten Angriffe in Douma deuten klar darauf hin, dass er bezüglich der Wiederherstellung der Abschreckung keinen Erfolg hatte.

 

Solange die westlichen Länder bereit sind die Mittel der tödlichen Produktion zu liefern, werden wir immer hinterherhinken. Firmen werden immer erklären „schockiert“ zu sein, wenn sie entdecken, dass ihre militärisch nutzbaren Maschinen und Verfahren für militärische Zwecke verwendet worden sind – und weiter „schockiert“ sein, dass ihre Kunden und die Freunde ihrer Kunden Killer sind.

 

 

Übersetzt von Heplev


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Freitag, 16 Februar 2018