Schwule steinigen, um Frauen zu schützen

Schwule steinigen, um Frauen zu schützen


Das Sultanat Brunei in Südostasien hat die Todesstrafe für Homosexualität eingeführt. Am 15. April 2019 schrieb die Gesandtschaft von Brunei einen Brief der Erläuterung an die Mitglieder des Europäischen Parlaments in Straßburg.

Schwule steinigen, um Frauen zu schützen

Von Gerd Buurmann

Tapfer im Nirgendwo präsentiert diesen Brief in Übersetzung. Was Sie gleich lesen werden, wird Ihnen die Sprache verschlagen. Was immer Sie bisher über den Islam, die Vereinten Nationen oder die Menschenrechte geglaubt haben, dieser Brief wird Sie erschüttern.

„Seit mehreren Jahrhunderten ist der Islam die offizielle Religion von Brunei, Heimat des Friedens, und der Lebensstil seines Volkes. Brunei ist ein kleines Land, mit einer kleinen Bevölkerung. Starke religiöse Werte formen mit einem reichhaltigen Erbe von Tradition und Kultur die Grundlage der einzigartigen Identität Bruneis – eine liebende, friedfertige und respektvolle Gemeinschaft – die es wert ist, erhalten zu werden. Daher ist unser Land liebevoll als Heimat des Friedens bekannt.

Brunei, Heimat des Friedens, ist stolz auf seine eigene Souveränität, und wie alle anderen unabhängigen Länder, setzt es seine eigene Gesetzgebung mit Besinnung auf die eigenen kulturellen und religiösen Werte durch. Dementsprechend muss die Verwirklichung der internationalen Menschenrechte im nationalen Kontext bedacht werden und dabei die Vielfältigkeit der verschiedenen politischen, wirtschaftlichen, juristischen, sozialen, kulturellen, geschichtlichen und religiösen Hintergründe der Welt, die wir teilen, mitgedacht werden.

Es muss gewürdigt werden, dass die Vielfalt der kulturellen, traditionellen und religiösen Werte auf dieser Welt verlangt, dass es keinen Standard geben kann, der für alle gilt. Es erfordert Toleranz, Respekt, Verständnis und die Einräumung politischer Sphären, die es besonders kleinen Staaten wie Brunei, Heimat des Friedens, ermöglichen, danach zu streben, die eigenen traditionellen, religiösen und kulturellen Werte zu bewahren.

Wir bekräftigen unseren Glauben und unser Vertrauen, dass die Vereinten Nationen die gleichwertige Souveränität aller Mitgliedsstaaten aufrechterhalten werden, so wie es im Artikel 2 der Charta der Vereinten Nationen festgelegt ist.

Es scheint ein Missverständnis zu geben bezüglich der Anwendung und/oder Interpretation des Scharia Gerichtsbeschluss‘ aus dem Jahre 2001 und seiner Fortschreibung aus dem Jahr 2018, das wir klären möchten.

Unsere Verfassung sieht vor, dass der Islam die offizielle Religion ist, erkennt aber auch ausdrücklich das Recht von Nicht-Muslimen an, ihre Religionen in Frieden und Harmonie zu praktizieren.

Brunei, Heimat des Friedens, praktiziert ein duales Rechtsystem, basierend auf dem Gesetz der Scharia und dem Common Law (Anmerkung von Tapfer im Nirgendwo: Ein Rechtskreis, der sich auf maßgebliche richterliche Urteile der Vergangenheit, also auf Präzedenzfälle, stützt). Mit dem Inkrafttreten des Scharia Gerichtsbeschlusses werden beide Systeme weiterhin gemeinsam wirken, um Frieden und Ordnung, unsere Religion, das Leben, die Familie und den Einzelnen zu bewahren, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Herkunft und Glaube.

Die Zielsetzung der Scharia ist es, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Religion, Leben, Vernunft, Eigentum und Abstammung bewahrt und beschützt werden. Der Scharia Gerichtsbeschluss zielt darauf, dass legitime Recht aller zu schützen und zu respektieren, aller Individuen, aus allen Gesellschaften und Nationen, jeglichen Glaubens und Herkunft.

Die Scharia konzentriert sich mehr auf Prävention denn auf Bestrafung. Ihr Ziel ist es eher zu bilden, abzuschrecken, zu rehabilitieren, zu hegen und zu pflegen, denn zu bestrafen. Die Scharia strebt danach, das richtige Gleichgewicht zu halten zwischen dem Schutz des Rechts der angeklagten Person und dem Recht des Opfers und seiner Familie. Ähnlich wie im Common Law, wird die Unschuldsvermutung und das Recht auf einen angemessenen Prozess streng befolgt, um einen gerechten und fairen Prozess zu garantieren. Tätern wird der Prozess vor einem ordentlichen Gericht gemacht, über das ein qualifizierter und ausgebildeter Richter sitzt, der nicht nur in der Scharia sondern auch in den Prinzipien des Common Law ausgebildet ist.

Der Scharia Gerichtsbeschluss kriminalisiert keine Person aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, noch hat er irgendeine Absicht den Stellenwert einer solchen Person in Frage zu stellen oder sie zu schikanieren. Die Kriminalisierung von Ehebruch und Homosexualität dient dazu, die Heiligkeit der Familienlinie und der Ehe mit einzelnen Muslimen zu gewährleisten, insbesondere der Frauen. Die Vergehen gelten daher nicht für Nicht-Muslime, es sei denn, die Taten des Ehebruchs und der Homosexualität wurden mit einem Moslem begangen.

Die Regierung von Brunei, Heimat des Friedens, wird weiterhin das Recht der Frauen schützen. Frauen in Brunei, Heimat des Friedens, besitzen die gleichen Chancen in Bildung, Ausbildung, Gesundheitswesen, sowie Arbeitsanstellung, Besitzvermögen, Sozialleistungen und Staatsbürgerschaft. Der Scharia Gesichtsbeschluss schützt Frauen auch vor verleumderischen Anschuldigungen des Ehebruchs’, da solche Anschuldigungen als ernstes Verbrechen angesehen werden. Es muss erwähnt werden, dass Frauen in Brunei, Heimat des Friedens, bedeutende Errungenschaften gemacht haben, nicht nur in der Bildung und der Wirtschaft, sondern auch im Berufsleben.

Die Hadd-Strafen – Steinigung und Amputationen, die für Diebstahl, Raub, Ehebruch und Homosexualität verhängt werden, haben eine extrem hohe Beweisschwelle, da nicht weniger als zwei oder vier Männer hoher moralischer Stellung und Frömmigkeit als Zeugen benötigt werden – die jede Form von Indizienbeweisen ausschließen, sind verbunden mit einem sehr hohen Nachweisniveau, „ohne jeden Zweifel“, was über den Standard des Common Law hinausgeht, wo ein „ohne begründete Zweifel“ reicht. Der Anspruch an Frömmigkeit ist so hoch, dass es extrem schwer ist, einen solch frommen Mann in der heutigen Zeit noch zu finden, so dass die Verurteilung zu einer Hadd-Strafe nur durch Geständnis des Täters erwirkt werden kann. Im Gegensatz zum Common Law wird jedoch dazu angeregt, Geständnisse zurückzuziehen und sie können auch zu jeder Zeit zurückgezogen werden, sogar während der Vollstreckung der Strafe.

Unter dem Scharia Gerichtsbeschluss muss die Strafe des Auspeitschens durch das gleiche Geschlecht des Täters vollstreckt werden. Der Täter muss bekleidet sein. Die Hiebe müssen mit einer gemäßigten Kraft ausgeführt werden, die Hand darf beim Schwung nicht über den Kopf gehoben werden. Die Haut sollte nicht aufgerissen und die Knochen nicht gebrochen werden. Die Hiebe sollten nicht das Gesicht, den Kopf, den Bauch, die Brust oder die Geschlechtsteile treffen.

Die Verhängung der Todesstrafe für Mord unter Beachtung einer extrem hohen Beweisschwelle kann durch eine Vergebung eines nahen Verwandten des Opfers ausgesetzt werden oder durch das Zahlen von Blutgeld, wenn es von einem nahen Verwandten gewünscht wird.

Hadd-Strafen und Vergeltungen nach dem Scharia Gerichtsbeschluss sind keine menschengemachten Gesetze sondern wurden von Gott verordnet im Koran und in den Überlieferungen des Propheten Mohammed, möge der Frieden mit Ihm sein. Sie dürfen nicht als irgendeine Form der Radikalisierung missverstanden werden.

Brunei, Heimat des Friedens, bekräftigt sein Zusage zu den internationalen Verpflichtungen, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen, wo wie sie in der Charta der Vereinten Nationen und in der universellen Erklärung der Menschenrechte verankert sind. Als ein verantwortungsbewusstes Mitglied der internationalen Gemeinschaft wird Brunei, Heimat des Friedens, weiterhin an seinen Verpflichtungen festhalten und sich an die internationale Abkommen zu Menschenrechten halten, an denen Brunei, Heimat des Friedens, Anteil hat. Dies beinhaltet das Abkommen zur Abschaffung jeglicher Form von Diskriminierung gegen Frauen. Die Unterschrift von Brunei, Heimat des Friedens, unter dem Abkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und anderen brutalen, unmenschlichen und entwürdigenden Behandlungen und Bestrafungen aus dem Jahre 2015 ist Zeichen unserer starken Ablehnung von Taten der Folter. Schließlich, in unserer Anstrengung, unseren Einsatz zu demonstrieren, arbeitet Brunei, Heimat des Friedens, zur Zeit daran, die nötigen Schritte voranzutreiben, um eine schnelle Realisierung des Abkommens aus dem Jahre 2015 zu ermöglichen.“

 

Tapfer im Nirgendwo - Foto: Öffentliche Hinrichtung schwuler Jugendlicher in der Islamischen Republik Iran (IRI)


Autor: Gerd Buurmann
Bild Quelle:


Sonntag, 28 April 2019