Gefährliche Dummheit breitet sich 1000-mal schneller aus, als das Coronavirus

Gefährliche Dummheit breitet sich 1000-mal schneller aus, als das Coronavirus


Die Tatsache, dass beim Ausbruch einer Pandemie Menschen zu kompletten Vollpfosten mutieren, ist weitaus verbreiteter, als zuerst gedacht.

Gefährliche Dummheit breitet sich 1000-mal schneller aus, als das Coronavirus

Von Sharon Oppenheimer

Die Faktenresistenz ist ungewöhnlich hoch, insbesondere bei einer gelangweilten Bevölkerung und es macht auch nicht vor Akademikern halt. Dummheit ist offensichtlich keine Frage des IQs oder der Bildung.

Die von Verblödung befallenen sind normalerweise asymptomatisch, bis sie den Mund öffnen oder beginnen auf Social Media zu posten.

Ohne dass ein Coronavirus-Impfstoff in Sicht ist, sind wir nicht weiter, als 1918 die Spanische Grippe, ausbrach und weltweit Millionen von Opfer forderte. Antibiotika schlägt bei einem Virus nicht an und eine effektive Schutzimpfung wird es in den kommenden Wochen und Monaten nicht geben.

Die Welt, wie wir sie gekannt haben, zerbröckelt vor unseren Augen. Das Leben, wie wir es gekannt haben, bricht förmlich zusammen. Ohne ein Heilmittel parat zu haben, stehen wir im 21. Jahrhundert hilflos da, wie in Zeiten der Pest oder der Cholera und hoffen auf ein Wunder.  Wir kennen heute zwar die Ursache und den Übertragungsweg, aber der einzige Unterschied ist augenblicklich, dass wir die Symptome besser behandeln können.

Manche klammern sich an angeblich gute Nachrichten, z.B. „China hat sein letztes Coronavirus-Krankenhaus geschlossen“, „Eine 103-jährige chinesische Großmutter hat sich nach 6-tägiger Behandlung in Wuhan, China, vollständig erholt“  oder „Ärzte in Indien haben Coronavirus erfolgreich behandelt“. Vor allem von Aussagen totalitärer Staaten sollte man Abstand nehmen, schlussendlich war es das Regime in China, das den Ausbruch der Krankheit wochenlang vertuschte.

Covid-19 macht aus selbsternannten Klima-Experten plötzlich Virologen und sorgt für eine Propheten-Dichte, die man nicht einmal in der Bibel antrifft.

Öko-Fanatiker und Esotherik-Spinner verbreiten auf Facebook Gerüchte, dass natürliche Heilmittel gegen das Virus helfen, während andere massenhaft Verschwörungstheorien verbreiten. Die USA, China oder Kanada haben den Virus im Labor als biologischen Kampfstoff gezüchtet.

Der Evergreen der Konspirationstheorien hat sich jedoch seit Jahrhunderten nicht verändert, sondern zeigt sich nun im neuen Gewand: Israel hat den Erreger geschaffen; hinter dem Weltenbrand stecken wiedermal die Juden. Politiker und Journalisten in der Türkei erklärten öffentlich, Corona sei eine von Zionisten verbreitete Epidemie zur Schrumpfung der Weltbevölkerung. Iranische und arabische  Medien schlachten die Plage als Propaganda gegen den Judenstaat aus.

Der Nahe Osten krankt selbst in dieser Situation mehr an seinem Antisemitismus, als an der Seuche.

 Der Patient Null, der für den  Ausbruch diesen bösartigen Schwachsinns verantwortlich ist, ist schwer auszumachen.

Da kommt auch wieder das Märchen vom Vitamin C als Allheilmittel. Ascorbinsäure, besser bekannt als Vitamin C schützt vor Skorbut, das ist sehr wichtig, aber das Vitamin ist kein Wundermittel. Die Nazis förderten in Deutschland die Versorgung der Bevölkerung sehr aktiv. Sie wollten so den „Volkskörper von innen stärken“. Das passte zu deren Blut-und-Boden-Okkultismus.

Der Medical Observer online berichtete 2012 von Untersuchungen mit dem Ergebnis, dass Vitamin C keinen Schutz vor Erkältungen bietet, aber von zentraler Bedeutung für das Immunsystem sei. Dennoch hat die Nazi-Mär vom Universalmittel Ascorbinsäure, wie so vieles andere aus der NS-Ära, die Zeiten gut überstanden.

Während Corona die Wirtschaft lahmlegt und tausende von Opfern fordert, werden in Berlin Corona-Parties gefeiert, von denen die Anwesenden überzeugt sind, es würde sie immunisieren, aber in Wirklichkeit trägt dieser Irrglaube nur weiter zur fahrlässigen  Ausbreitung des Virus bei.

Unterdessen raten Experten der Bevölkerung zu drei  Präventionstechniken, die eigentlich jeder kapieren müsste:

Händewaschen, Abstand von 2-3 Metern zu anderen Personen einhalten und Menschenansammlungen meiden.

Hinzu kommt noch ein kostbarer Ratschlag: unterziehen sie sich einer Schutzimpfung gegen Keuchhusten, Grippe und Pneumokokken, die eine Lungenentzündung auslösen.

Einige der dümmsten Menschen, dieser mit Dummköpfen überversorgten Zeit, zeigten offen ihre moralische Verkommenheit. In Deutschland taten einigen Journalisten, Satiriker und Blogger, allen Ernstes kund, dass „nur“ alte und kranke Menschen am Corona-Virus sterben. Das sei etwas Positives jubelten sie, dadurch würde sich die Gesellschaft nicht nur verjüngen, sondern auch gesünder werden: das ist Sozialdarwinismus, wie aus den 1930ern. Das gab es schon einmal.

Den Möchtegern-Satirikern sei mit Nachdruck gesagt: das Sterben von Menschen ist nicht lustig und es gibt Grenzen - auch für Satire. Satire darf nicht alles. Die Begeisterung für eine  biologische Endlösung für Alte und Kranke durch Covid-19 ist mehr als zutiefst menschenverachtend. Obendrein irren sich die Wortführer und deren Anhänger: auch junge Menschen werden von der Pandemie hinweggerafft.

Als 1348 die Pest in Europa ausbrach, konnte sich keiner wirklich die Krankheit erklären, keiner wusste woher sie kam und wie man sie behandeln konnte.

Obskure Ratschläge machten, wie auch heutzutage die Runde.

Religiöse Fanatiker behaupteten der „Schwarze Tod“ sei eine Strafe ihres G-ttes. In den Jahren von 1348 bis 1349 kam es massenhaft  zu Geißlerumzügen. Die Flagellanten oder Geißler waren eine christliche Laienbewegung des 13. und 14. Jahrhunderts. Zu den religiösen Praktiken der Anhänger gehörte die öffentliche Selbstgeißelung und Gebete. Sie waren wohl eine Reaktion auf die grassierende Pest. Ihre Umzüge hatten zur Folge, haargenau wie bei den Corona-Parties der Gegenwart, dass sich die Pandemie nur noch weiter rasant verbreitete.

Die Ärzte hingegen hielten an der Lehre des antiken Arztes Hippokrates und seines Nachfolgers Galen fest. Sie glaubten, die rätselhafte Krankheit würde durch ein Ungleichgewicht der Körpersäfte verursacht - das Prinzip der Ansteckung war der mittelalterlichen Medizin unbekannt. Eine Ansteckung von Tier zu Mensch war gänzlich unvorstellbar. Man vermutete, dass Fäulnis durch Winde aus Asien nach Europa getragen wird oder dass die Pest durch Dämpfe aus dem Inneren der Erde verursacht wird. Die Medizinische Fakultät von Paris verkündete, die Seuche sei durch eine schlechte Konstellation aus Saturn, Jupiter und Mars ausgelöst worden.

Schuldige für die Misere waren schnell gefunden: in Frankreich folterte man zwei Juden so entsetzlich, dass sie unter der Folter gestanden, die Brunnen vergiftet zu haben. Das erzwungene Geständnis galt zudem als Erklärung, warum die Pestilenz in den jüdischen Vierteln weniger auftrat. Auf die Idee, dass Juden in ihren Vierteln isolierter lebten und ein hohes Maß an Körperhygiene betrieben, im Gegensatz zu ihren christlichen Zeitgenossen, kam keiner. Schon im Vorfeld verdächtige man Juden als „Brunnenvergifter“, nun wurde ihnen auch noch vorgeworfen, die Pest verschuldet zu haben. Zudem glaubten viele, dass der Christengott die Seinigen straft, da Christen es zuließen, dass Juden in ihren Städten wohnten.

Die Massaker an den Juden breiteten sich schneller aus als die Pest. Kaiser Karl IV, der eigentlich die Juden schützen sollte und ihnen ungeheure Summen von Steuergeldern abknöpfte, wurde der erste Schreibtischtäter der deutschen Geschichte und die Fürsten reagierten zurückhaltend. Man warf die Juden buchstäblich einer blutrünstigen Meute zum Fraß vor.

Wenn an einem Ort die Seuche noch nicht ausgebrochen war, ermordete man trotzdem die Juden, prophylaktisch sozusagen. Papst Clemens VI. erließ das Verbot, Juden ohne Gerichtsverfahren hinzurichten, um  sinnlose Gemetzel zu verhindern. Er erklärte, dass  Juden genauso von der Pest betroffen seien, und Orte, in denen keine Juden lebten, trotzdem von der todbringenden Erkrankung heimgesucht werden. Nicht einmal der Papst, das Oberhaupt der Christenheit fand in dieser Situation Gehör, so tief war der grundlose Hass verwurzelt.

Schuld waren immer die anderen, die Fremden. Befanden sich an einem Ort keine Juden, tötete man kurzerhand „Zigeuner“, wie man Sinti und Roma abfällig nannte. Auch Sinti und Roma, die ursprünglich aus dem Nordwesten Indiens stammen, waren immer wieder Spielball der Mächte. Als angebliche Verräter der Christenheit verleumdet, als Zauberer und Überträger der Pest zu Unrecht beschuldigt.

Im Nachgang verklärte man die Pestpogrome zu spontanen Aufständen, gegen die, die  Obrigkeit nichts ausrichten konnte.

Schätzungen zufolge fielen dem Schwarzen Tod zwischen 25% und 30% der Europäer zum Opfer – und 75% der Juden waren von den Christenmenschen massakriert worden.

Erst Jahrhunderte später entdeckte man den Erreger der Pest, Yersinia pestis und den Infektionsweg: zum einen durch den Biss eines Insekts, vorwiegend Flöhe, die mit dem Pestbazillus infiziert sind, andererseits durch Tröpfcheninfektion. Der zuletzt genannte Übertragungsweg führt zur primären Lungenpest. 

Zu keinem Zeitpunkt hat sich irgendjemand für die verübten Massaker entschuldigt.


Autor: Sharon Oppenheimer
Bild Quelle: Dinock90 / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)


Montag, 23 März 2020