Raw Frand zu Parschat Bechukotai: Der grösste Segen ist, mit wenig zufrieden zu sein

Raw Frand zu Parschat Bechukotai:

Der grösste Segen ist, mit wenig zufrieden zu sein


An diesem Shabbat lasen wir die Paraschat Bechukotai aus der Torah. Raw Frand erläutert Aspekte dieser Parascha und ihrer Bedeutung. Heute lesen Sie den ersten Kommentar.

Der grösste Segen ist, mit wenig zufrieden zu sein

Einer der Segen, die uns G´tt in Parschat Bechukotaj gibt, ist "du wirst dein Brot essen und satt werden" [Wajikra 26:5]. Raschi erklärt, dass "man nur ein wenig isst und dieses Wenige wird in seinem Magen gesegnet sein". Dieser Segen ist grösser, als wir uns vorstellen können. Dies ist vielleicht der grösste aller Segen. Dieser Segen bedeutet nicht, dass wir ein Salär von mehreren Hunderttausend Dollars erhalten. Dies muss nicht unbedingt zum Segen gereichen. Der grösste aller Segen ist, dass uns genügt, was wir erhalten – so wenig es auch sein mag. Ein Mensch ist dann mit seinem Leben zufrieden, wenn er glücklich ist mit dem, was er hat.

Der Seforno erläutert diesen Gedanken in Parschat Behar. Über das Schabbatjahr (in welchem Säen und Ernten verboten ist) steht: "Und wenn du sagst: ´Was sollen wir im siebten Jahr essen?´ … Ich werde dir meinen Segen im sechsten Jahr senden und deine Ernte wird drei Jahre lang reichen" [Wajikra 25:20 – 21].

Wir schliessen daraus, dass wir diesen Segen nur dann erhalten, wenn wir vorher gefragt haben: "Was sollen wir im siebten Jahr essen?" Was würde sein, wenn wir diese Frage nicht stellen? Bedeutet das, dass wir keine grössere Ernte haben werden? Ganz genau, antwortet der Seforno. Falls wir die Frage nicht stellen, BRAUCHEN wir diesen quantitativen Segen gar NICHT. Es gibt zwei Arten von Segen: Einer ist für Quantität und einer ist für Qualität. Manchmal sehen wir in unserer Umgebung Menschen, die viel weniger Geld verdienen als wir. Trotzdem sind sie glücklich und zufrieden. Die Frau ist glücklich, die Kinder sind glücklich, alle sind zufrieden. Wir fragen uns: "Wie schaffen sie das? Sie verdienen einen Zehntel von dem, was ich verdiene. Wie machen sie das?" Die Antwort ist, dass sie mit dem Segen "du wirst dein Brot essen und satt werden" bedacht werden.

Mit diesem Gedanken erklärt der Bejt Av einen Vers, der im täglichen Gebet oft gesagt wird:

Im Kapitel Tehila leDavid (das „Aschrej“ genannt wird, und dreimal im Tag gebetet wird) [Psalm 145] steht der bekannte Passuk (Vers): "Du öffnest Deine Hand und sättigst jedes lebende Geschöpf nach seinem Verlangen.“ [Psalm 145:16] Der Passuk schliesst mit dem Wort "Razon" (Verlangen). Wieso endet der Passuk nicht mit dem Wort "Ochel" (Speise) oder "Lechem" (Brot)? Was ist die Bedeutung, das G´tt uns mit "Razon" sättigt?

Der Bejt Av antwortet, dass das Wort "Razon" den Segen genau beschreibt. G´tt gewährt seinen Geschöpfen das Glücksgefühl, genau das zu haben, nach dem ihnen der Sinn steht. G´tt hat es in der Hand, den Menschen – wenn sie es verdienen - Zufriedenheit mit dem zu geben, was sie besitzen. Der Gedanke "ich habe, was ich brauche" ist der grösste Segen. Die grösste Lobpreisung von G´tt ist unsere Bekräftigung, dass er uns dieses Gefühl verschaffen kann.

Die Geschichte, in der das Jüdische Volk nach Wasser verlangt, führt Rav Meir Simcha (der „Meschech Chochma“) zum selben Schluss. In Parschat Chukat sagte G´tt, dass Mosche zum Felsen sprechen und Wasser beschaffen solle "für die Gemeinde UND FÜR deren Vieh" ("et ha´Ejda WE´ET be´Iram") [Bamidbar 20:8]. Wir wissen, was geschah. Mosche Rabbejnu schlug den Felsen (statt zu ihm zu sprechen) "und ein Überfluss von Wasser strömte heraus und er gab es Mensch UND Vieh zu trinken" ("et ha´Ejda U´b´Iram") [20:11]. Vor diesem Ereignis gab es eine Trennung zwischen Gemeinde und Vieh (mit dem Vorwort ET). Nach diesem Ereignis gab es jedoch keine solche Trennung mehr.

Hätte Mosche zum Felsen gesprochen und damit eine gewaltige Heiligung des G´ttlichen Namens bewirkt, so erklärt Rav Meir Simcha, hätten sie es verdient, gar keine grosse Wassermenge zu benötigen, deshalb steht beim G“ttlichen Befehl nur „Majim“ (Wasser) ohne „Rabim“ (viel). Die Wassermenge, die Mensch und Vieh benötigt hätten, wäre vollkommen unbedeutend gewesen. Das Trinken wäre jedoch unterschiedlich gewesen. Die Menschen wären mit ein oder zwei Schluck Wasser vollkommen befriedigt; wenn man G´ttes Willen erfüllt, ist man bereits mit einer kleinen Menge zufrieden. Die Idee, dass man "in seinem Inneren" gesegnet sein kann, gilt für Tiere jedoch nicht. Sie benötigen in jedem Fall viel Wasser. Darum gab es im ursprünglichen Befehl für das Hervorbringen von Wasser eine Trennung zwischen dem Trinken der Menschen und dem Trinken der Tiere. Als jedoch die Heiligung des G´ttlichen Namens misslang, konnten die Menschen die Stufe nicht erreichen, mit wenig zufrieden zu sein; deshalb steht: „Wajez’u Majim rabim…“ „Da kam viel Wasser heraus…“ Das Trinken von Mensch und Vieh konnte man nicht mehr voneinander unterscheiden.

Der Rambam schreibt am Ende der Gesetze über Schmitta (Schabbatjahr) und Jowel (Erlassjahr): "G´tt versprach nicht nur dem Stamm Levi, dass er für seinen Lebensunterhalt sorgen werde. Wer sich für den Dienst an G´tt entscheidet und das Joch der "vielen Kalküle " abschüttelt, hat sich selbst für das Allerheiligste geweiht und verdient, das zu besitzen, was er benötigt."

Manchmal wundern wir uns über die jungen Pärchen, bei denen der Mann in der Jeschiwa (Talmudschule) bleibt und die ihr Leben in den Dienst G´ttes stellen. Wir wissen, dass sie finanziell kaum über die Runden kommen. Wir denken, dies widerspricht dem Gedanken des Rambam. Sagt der Rambam nicht, dass G´tt ihnen den Lebensunterhalt sichert? Genau ausgedrückt sagt der Rambam, dass G´tt für "Dawar ha´maspik lo" ("das, was für ihn ausreichend ist") sorgt. Dies bedeutet nicht unbedingt $150´000.- pro Jahr. Sofern ein Mensch es verdient, genügt bereits ein kleiner Betrag für seine Bedürfnisse.

 

Quellen und Persönlichkeiten:

Rav Ovadia ben Ja’akov Seforno (1470 – 1550); Rom und Bologna, Italien; klassischer Chumascherklärer.
Bejt Av: Buch von Rav Eljakim Schlesinger: Zeitgenössischer Rosch Jeschiwa in London.
Rav Meir Simcha HaKohen (1843 – 1926): Verfasser mehrerer brillanter Torawerke („Or Sameach“; Meschech Chochma“); Rabbiner in Dwinsk, Russland.
Rambam (1135 - 1204): Rav Mosche ben Maimon, Maimonides; Spanien, Ägypten.
Schemen HaTov: Rabbi Dov Weinberger. Zeitgenössischer Autor; Rabbiner in Brooklyn, New York.

 

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Autor: Raw Frand
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Freitag, 15 Mai 2020

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