`Israels unverhältnismäßige Zivilverteidigung´

`Israels unverhältnismäßige Zivilverteidigung´


Unverhältnismäßig ist Israels Verteidigung seiner Zivilbevölkerung, nicht die Taktik der IDF.

`Israels unverhältnismäßige Zivilverteidigung´

Von Paul Shindman, HonestReporting

Jedes Mal, wenn die Hamas und der Islamische Jihad Raketen auf israelische Städte feuern, sind die Nachrichten voll von Bildern des Abwehrsystems Eiserne Kuppel, die die einfliegenden Bomben abfängt, von Experten, die ihre Analyse abgeben, Bilder der verursachten Schäden und Berichte aus Krankenhäusern zum Status der Verletzten.

Seit 2006, als die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen mit Gewalt übernahm, hat es mehrere große Ausbrüche, darunter die IDF-Operationen Gegossenes Blei, Wolkensäule und Fels in der Brandung, dazu zahlreiche Konflikte von weniger großer Intensität. Bei diesen Gewaltausbrüchen schossen die Hamas und andere Terrororganisationen tausende Raketen auf Israel und die IDF schlug mit gezielten Angriffen auf Terrorziele zurück. Bei den größten IDF-Operationen von 2008/09, 2012 und 2014 schickte Israel auch Bodentruppen in den Gazastreifen.

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Zwangsläufig werden von den Auslandsmedien Vergleiche zwischen den Opfern beider Seiten gezogen, allerdigns in der Regel ohne jeglichen Kontext oder Erklärung. Viel zu oft greifen Redakteure eines der übermäßig missbrauchten Modewörter auf, unverhältnismäßig.

Um zu verstehen, warum es oft eine unverhältnismäßige Zahl an Opfer gibt, braucht es einige Erklärungen. Aber infolge der begrenzten Sendezeit und unerbittlichen Wortzählungen werden diese Gründe allgemein nicht angeführt. Die Öffentlichkeit versteht nicht, warum Israel hat, was eine unverhältnismäßig geringe Opferzahl zu sein scheint.

Die Bedrohung für Israels Bevölkerung

Seit dem ersten Hamas-Raketenangriff im Jahr 2001 ist Israel aus dem Gazastreifen von rund 20.000 Raketen und Mörsergranaten getroffen worden. Die weit überwiegende Mehrheit ist auf zivile Ziele gerichtet und es wurden mehr als 50 Menschen getötet, hunderte verletzt und hunderte Häuser und Geschäfte zerstört.

Selbst als Gazas Wirtschaft verfaulte, investierten Hamas und der Islamische Jihad hunderte Millionen Dollar in die Entwicklung von Raketen, die bis nach Haifa reichen, womit mehr als sechs Millionen Israelis bedroht sind.

Das ständige Raketenfeuer auf die Bevölkerungszentren zwang Israel zur Entwicklung von Strategien, um mit den Angriffen umzugehen. Die Ergebnisse haben trotz der Salven eine beeindruckende Reduktion der zivilen Opfer gezeigt.

Verfahren zur Verteidigung der Zivilisten

Die israelische Regierung und Vertreter des Verteidigungsapparates haben schon immer die Bedeutung der Zivilverteidigung begriffen; seit 1948 hat es in den meisten Gegenden Bunker gegeben. Die Verwendung von Kurzstreckenraketen durch die Hamas erforderte allerdings neue Maßnahmen.

Die Behörden für die Zivilverteidigung erkannten, dass der Hauptfaktor für die Vermeidung von Opfern das Verhalten der Zivilbevölkerung ist, die „erzogen“ und trainiert werden muss, um auf Raketenangriffe zu reagieren.

Die  Hauptmaßnahmen der Zivilverteidigung sind:

  • Die Zivilisten werden instruiert sofort auf die Alarme zu Luftangriffen zu reagieren und Schutz zu suchen. Die Bürger wissen, dass sie in Bunker rennen, in armierte Räume, Treppenhäuser oder, wenn sie im Freien überrascht werden, sich auf den Boden zu legen und zu schützen. Bürger in allen angegriffenen Städten und Orten werden über die Zeit instruiert und wissen, wie viel Zeit sie haben um Schutz zu suchen, wenn der Alarm losgeht: nur 15 bis 90 Sekunden.
  • In stark angegriffenen Bereichen wie Sderot, wo die Einwohner nur 15 Sekunden oder weniger Vorwarnzeit haben, sind Spielplätze und Bushaltestellen umgebaut worden und dienen als armierte Beton-Bunker.
  • Schulen und Krankenhäuser nahe der Grenze zum Gazastreifen sind mit armiertem Beton bedeckt worden, um Schüler und Lehrer tagsüber vor Raketenangriffen zu schützen.
  • Als die Raketensalven aus dem Gazastreifen besonders intensiv waren, befahl die Zivilverteidigung den Einwohnern innerhalb von sieben Kilometern vom Gazastreifen in den Bunkern zu bleiben. Alle Kindegärten, Schulen und Universitäten im einem 40km-Radius bleiben geschlossen und diesen Zivilisten wird gesagt, sie sollen in der Nähe von Bunkern bleiben.
  • Israel veranstaltet jedes Jahr einwöchige Zivilverteidigungsübungen mit Schulen, an Arbeitsplätzen, Heimen, Verwaltungen Krankenhäusern, um die Bürger zu trainieren, wie sie sich während Angriffen verhalten sollen. Und jedes Jahr machen Schulen Sonderübungen, bei denen Raketenangriffe und Erdbeben simuliert werden.

Die Ergebnisse sind dramatisch effektiv.

In dutzenden Vorfällen wurden Häuser, wo Raketen explodierten, nur Sekunden zuvor evakuiert und die Einwohner suchten Schutz.

Zum Beispiel erwachte im Oktober 2018 eine Mutter in Beer Sheva um 3:40 Uhr morgens durch eine Warnsirene. Sie hatte nur 60 Sekunden, um ihre drei Kinder aufzuwecken und in den Bunker zu kommen. Als sie gerade die Tür zu ihrem Bunkerraum schloss, zerstörte eine Rakete ihr Haus, aber sie entkamen unbeschadet.

Nach drei Tagen Raketenangriffen im November 2019 gab das Heimatkommando der IDF eine Erklärung aus, die die Zivilbevölkerung lobte. „Sie haben die Anweisungen aufmerksam befolgt, Sie haben die Richtlinien eingehalten und sich um Ihre persönliche Sicherheit gekümmert“, heiß es in der Erklärung.

* * *

Zusammen mit dem oben Beschriebenen schließen Israels Verteidigungsmaßnahmen drei weitere Fakten ein: ein fortschrittliches Frühwarnsystem, das Raketenabwehrsystem Eiserne Kuppel und neue Militärtaktiken, die akkurat auf militärische Ziele schießen.

Das Warnsystem Roter Alarm

Die Israelischen Verteidigungskräfte stationierten das Frühwarn-Radarsystem „Farbe Rot“ (Hebräisch: Tzewa Adom), um einfliegende Raketen zu entdecken. Bevor das System installiert wurde, hatten die Einwohner Israels nahe der Gaza-Grenze keine Warnung und Raketen konnten jederzeit detonieren. Viele Zivilisten wurden getötet oder verwundet.

Dieses Alarmsystem wurde erstmals 2004 in Sderot stationiert; es gibt den Einwohnern bis zu 15 Sekunden um Schutz zu finden, bevor die Rakete explodiert. Ortsansässige haben sich auf das System eingestellt, sie fangen an zu rennen, wenn sie den „Klick“ hören, wenn die Lautsprecher des Systems einen Sekundenbruchteil vor dem Ertönen der aufgezeichneten Stimme hören, die „Roter Alarm, Roter Alarm“ verkündet.

Das nationale Frühwarnsystem wurde ausgeweitet und 2012 fertiggestellt. Das System „Farbe Rot“ wird in der Nähe zum Gazastreifen verwendet, während andernorts traditionelle Luftschutzsirenen genutzt werden.

Das System ist nicht nur an landesweite Fernseh- und Radiosendungen gekoppelt, um automatisch einen Alarm und den angegriffenen Ort zu verkünden, sondern reicht bis zum Internet und auf Telefone. Das Land ist heute in 1.700 Zonen aufgeteilt, so dass Alarme nur in Bereichen ertönen, wo Raketeneinschläge unmittelbar bevorstehen.

Eiserne Kuppel

Um sich gegen Kurzstrecken-Artillerieraketen zu verteidigen, die sich gegen Personen richten, entwickelte Israel ein neues Abwehr-System, das als „Eiserne Kuppel“ bekannt ist. Das verwendete System nutzt fortschrittliches Radar um einfliegende Raketen zu verfolgen und ihren Einschlagsort zu bestimmen. Das löst für die Gemeinden das System Roter Alarm aus, auf die geschossen wird.

Innerhalb von Sekunden startet die Eiserne Kuppel gelenkte Raketen, die die einfliegenden Raketen abfangen. Wenn jedoch die Eiserne Kuppel berechnet, dass die angreifenden Raketen in offenem Gebiet landen werden, schießt es keine Abfangrakete.

Das bahnbrechende Verteidigungssystem bekämpft die Bedrohung durch Kurzstreckenraketen und 155mm-Artilleriegranaten. Das System versucht den Gefechtskopf des Ziels über einem neutralen Gebiet zu sprengen, womit es den Kollateralschaden in städtischen Regionen reduziert.

Das System Eiserne Kuppel hat hunderte Raketen erfolgreich abgefangen, die auf israelische Städte zielten; es hat eine berichtete Erfolgsrate von mehr als 90%.

Dieses System ist eigentlich Teil von Israels dreistufigem Radar-Abwehrsystem. Während die Eiserne Kuppel Kurzstrecken-Raketen bekämpft, bekämpft „Davids Schleuder“ (auch als Zauberstab bekannt) Mittelstrecken-Raketen mit einer Reichweite von 40 bis 300km. Der „Pfeil“ ist konzipiert, um ballistische Langstrecken-Raketen zu bekämpfen.

Palästinensische Opfer

Zu begreifen, was hinter den „unverhältnismäßigen“ Opfern steckt, heißt auch zu verstehen, warum die Zahl bei den Palästinensern höher ist.

Während die palästinensische Autonomiebhörde ein bescheidenes Budget für die Zivilverteidigung in der Westbank hat, gibt die Hamas nichts dafür aus. Der Gazastreifen hat keine Bomben-Schutzräume oder ein Frühwarnsystem, aber nicht wegen fehlendem Geld oder Ressourcen. Ein typischer Hamas-Terrortunnel kostet schätzungsweise 4 bis 10 Millionen Dollar. Während der Operation Fels in der Brandung im Jahr 2014 entdeckte die IDF 18 Tunnel, die mit geschätzten 800.000t Beton gebaut wurden. Der Journalist Liel Leibovitz wies darauf hin:

Um Dubais Burj Khalifa, den höchsten Turm der Welt zu bauen, wurden 110.000t Beton gebraucht. Die Hamas hätte sich daher sieben solche Monströsitäten leisten können und immer noch einige tausend Dutzend Tonnen übrig gehabt. Hätte sie z.B. Kindergärten mit Bombenschutzräumen bauen wollen, wie Israel sie für die belagerten Bürger von Sderot baute – immerhin haben bekannte Militärstrategen wie Jon Stewart die letzte Woche damit verbracht zu verkünden, dass Gazas Bürger nichts hatten, um sich vor Israels Artillerie in Sicherheit zu bringen – dann hätte die Hamas ihre Reste dazu nutzen können etwa zwei zu errichten, die so groß sind wie das Stadion der New York Giants sind. Und das sind nur 18 Tunnel. Ägypten behauptete vor kurzem, dass es auf seiner Seite weitere 1.370 zerstört hat. Das ist eine Menge Beton.

Darüber hinaus gibt es beträchtliche Dokumentation des Raketenfeuers der Hamas aus zivilen Gebieten und die Lagerung von Waffen in Krankenhäusern, Moscheen und Schulen. Statt Zivilisten zu beschützen, sagte der damalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon, verwandelte die Hamas Schulen „in potenzielle militärische Ziele und gefährdete das Leben unschuldiger Kinder“.

Die IDF tut was sie kann, um palästinensische Opfer zu minimieren. Mit Luftüberwachung rund um die Uhr werden Raketen schießende Trupps identifiziert und unter Verwendung von Präzisionsmunition statt Feldartillerie angegriffen. Gezielte Angriffe sind so gestaltet, dass sie nur Kombattanten treffen und das Risiko für nahe dabei befindliche Zivilisten minimieret wird.

Israelischen Luftangriffen gehen oft automatisierte Telefonanrufe, SMS oder abgeworfene Flugblätter voraus, die die Palästinenser warnen Gefahr aus dem Weg zu gehen. Eine weitere von der IDF übernommene, einzigartige Taktik ist das „Anklopfen auf dem Dach“. Vor dem Beschuss eines Gebäudes wirft ein Pilot eine laute, nicht tödliche Bombe ab, um palästinensischen Zivilisten vorab zu warnen. In eingen Fällen wurden Angriffe wegen der Anwesenheit von Zivilisten abgebrochen.

Während diese Warnungen viele palästinensische Leben gerettet haben, bezeichnet die Hamas sie als psychologische Tricks und drängt die Palästinenser regelmäßig sie zu missachten. Und in einigen Fällen veranlassten die Warnungen die Palästinenser sogar auf die Dächer der Gebäude zu gehen, die das Ziel waren, um als menschliche Schutzschilde zu dienen.

Wenn die palästinensischen Opfer im vollgestopften Gazastreifen unverhältnismäßig zahlreich sind, muss man sich da wirklich noch wundern?

 

 

Übersetzt von Heplev - Foto: In Sderot dienen aus armiertem Beton gebaute Geräte auf Spielplätzen gleichzeitig als Bunker.


Autor: Heplev
Bild Quelle: Screenshot


Montag, 23 Dezember 2019

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