Die Tragödie der Gemeinsamen Arabischen Liste

Die Tragödie der Gemeinsamen Arabischen Liste


Israelische Araber zeigen während der Pandemie ihre Entfremdung und haben das Gefühl, ihre Stimmen seien ignoriert worden. Aber wenn Integration ihr Ziel ist, brauchen sie eine neue politische Partei.

Die Tragödie der Gemeinsamen Arabischen Liste

Von Jonathan S. Tobin, JNS.org

Es stellt sich heraus, dass einige ultraorthodoxe Juden nicht die einzigen sind, die sich gegen Israels strengen Regeln der sozialen Distanzierung während der Coronavirus-Pandemie wehren. Es hat auch Vorfälle gegeben, bei denen Einwohner israelisch-arabischer Gemeinden die Regeln nicht einhalten. In einem Fall führten Polizei-Bemühungen die soziale Distanzierung durchzusetzen, zu einem Krawall in einem arabischen Viertel der Stadt Jaffa, bei dem Protestierende Polizisten angriffen und Reifen sowie Mülleimer verbrannten – eine Szene, die an die erste Intifada erinnerte.

Kritiker Israels stellen diese unglückliche Begebenheit als Beweis für die Misshandlung der arabischen Bürger des Landes dar. Das ist Unsinn, doch in einer Zeit, in der die BDS-Bewegung die Unterstützung führender US-Demokraten wie Senator Bernie Sanders erhalten hat, der den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu regelmäßig als „Rassisten“ bezeichnet, darf das nicht ignoriert werden.

Bemühungen dieses irreführende Narrativ zu propagieren haben seit der Knessetwahl am 2. März an Boden gewonnen; die Gemeinsame Arabische Liste gewann die Rekordzahl von 15 Sitzen. Der Erfolg der Partei wurzelte in einer starken Wahlbeteiligung arabischer Wähler. Aber während der Erfolg der Gemeinsamen Arabischen Liste Israels Demokratie beweist, wird die Tatsache, dass sie an der nächsten Regierung nicht beteiligt sein wird, als Beweis für Rassismus dargestellt.

Ein Teil der von der arabischen Bevölkerung zum Ausdruck gebrachten Enttäuschung hat seine Ursache im Handeln von Benny Gantz, dem Parteichef von Blau und Weiß. Obwohl er sich schließlich entschloss sich mit Netanyahu zusammenzutun und eine Einheitsregierung zu bilden, verbrachte Gantz Wochen mit dem Flirt mit der Idee eine Regierung mit Hilfe der Gemeinsamen Liste zu bilden. Er entschied sich zum Teil wegen des Widerstands von Mitgliedern seiner eigenen Partei dagegen; außerdem zeigten Umfragen, dass die Israelis angesichts dieser Vorstellung empört waren. Die Gemeinsame Liste ist ein Bündnis von Befürwortern eines kommunistischen Staates, eines islamistischen Staates, eines palästinensisch-nationalistischen Staates und eines panarabischen States und hat in einer Regierung eines Staates nichts zu suchen, den zu vernichten sie anstrebt. Aber Gantz‘ Entscheidung wird in Israels linken Medien als Beleidigung aller arabischen Wähler dargestellt, ein Thema, das in den internationalen Medien aufgegriffen worden ist.

Das Problem ist hier nicht nur die verzerrte Berichterstattung über israelische Einstellungen gegenüber der Gemeinsamen Liste. So unfair die Rassismus-Falschmeldung in Bezug auf die Gegnerschaft zu ihrer Beteiligung an einer israelischen Regierung auch sein mag, diese Debatte hat unglücklicherweise die Diskussion über den Platz der arabischen Bürger in der israelischen Gesellschaft polarisiert. Wenn die Partei, für die die Araber stimmten, „Terroristen“ und Anhänger derer sind, die den jüdischen Staat abschaffen wollen, dann untergräbt das die Bemühungen die Araber voll in die israelische Gesellschaft zu integrieren.

Einmal abgesehen von dem hitzigen Reden über die Gemeinsame Liste und ihre Absichten ist das Ziel die israelischen Araber zu vollen Partner werden zu lassen ein Ziel, das alle Freunde Israels unterstützen sollten. Die Gründungsväter des Zionismus – sowohl die der Linken wie David Ben-Gurion als auch Ze’ev Jabotinsky auf der Rechten – stellten sich einen jüdischen Staat immer als einen Ort vor, wo die arabische Minderheit volle Rechte haben und an seiner Regierung beteiligt sein würden. Trotz der Lügen der BDS-Bewegung über Israel, es sei ein „Apartheid“-Staat, gewährt Israel der arabischen Minderheit volle Rechte. Sie sind vor dem Gesetz und an der Wahlurne gleichberechtigt. Araber dienen nicht nur in der Knesset, sondern auch in Positionen im gesamten israelischen Regierungsapparat.

Dennoch fühlen sich die israelischen Araber oft so, als seien sie permanente Außenseiter, während sie in einem Staat leben, dessen Zweck es ist dem jüdischen Volk eine nationale Heimstatt zu geben. Das manifestiert sich nicht nur in Beleidigungen der Gemeinsamen Liste, sondern in unzulänglichen Regierungsleistungen für arabische Orte und Städte. Israel muss diesbezüglich besser handeln; das Problem besteht jedoch nicht nur  in der Tatsache, dass die Führer des Landes dem Thema keine Priorität eingeräumt haben.

Das Problem ist die Gemeinsame Liste.

Wenn israelische Araber voll in die israelische Gesellschaft integriert werden wollen und wollen, dass ihre Stimmen nicht nur gehört, sondern auch beachtet werden, dann müssen sie politische Repräsentanten haben, die für diese Sache eintreten. Stattdessen haben sie Leute gewählt, deren Ziel kein Israel ist, das ein besserer Ort für seine arabische Minderheit ist; stattdessen haben sie Repräsentanten, die der jüdischen Mehrheit ihre Rechte auf Selbstbestimmung in einem jüdischen Staat verweigern wollen.

Man kann von arabischen Wählern nicht erwarten, dass sie begeisterte Zionisten sind, doch sie können erwarten als volle Partner behandelt zu werden, wenn die Leute, die behaupten für sie zu sprechen, den Staat, wie er ist, einreißen und durch etwas anderes ersetzen wollen, das die Juden entrechten wird.

In der Westbank und dem Gazastreifen lebende Palästinenser haben sich damit abgefunden von Gruppen wie der Fatah und der Hamas geführt zu werden, die einzig daran interessiert sind mit dem Zionismus im Krieg zu bleiben, statt daran einen unabhängigen Palästinenserstaat zu schaffen. Dasselbe kann von israelischen Arabern gesagt werden, die für die Konfrontation mit dem Zionismus stimmen, indem sie die Gemeinsame Arabische Liste statt eine Partei wählen, die sich ihrem Wohlergehen und ihren Interessen verschrieben hat. Leider gibt es keine solche Partei, die um arabische Stimmen konkurriert.

Traurigerweise hat sich dieselbe toxische und zerstörerische politische Kultur, die die palästinensischen Araber in den Gebieten zu endlosem Konflikt statt konstruktiven Lösungen verdammt hat, sich auch im Wahlverhalten der arabischen Bürger Israels manifestiert. Wenn ihre Knessetmitglieder, wie ihre Gegenüber auf der anderen Seite der Grünen Linie, sich nur auf den Versuch konzentrieren, die letzten hundert Jahre der Geschichte rückgängig zu machen, dann wird ihnen das jede Möglichkeit nehmen die vollen Vorteile als Bürger einer blühenden Demokratie einzufahren. Genauso gefährlich ist es, dass es die israelischen Juden überzeugt, dass ihre arabischen Nachbarn ihren Staat vernichten wollen, nicht dass sie darin gleichberechtigt sein wollen.

In diesem Licht betrachtet ist das Versagen der Gemeinsamen Arabischen Liste nicht, dass ihr ein Platz in der Regierung Israels verweigert wird, wie die Kritiker behaupten. Das Problem ist, dass sie das größte Hindernis für einvernehmliche Koexistenz für Juden und Araber geworden ist. Das ist kein Beweis für israelischen Rassismus, sondern es ist eine Tragödie.

 

Übersetzt von Heplev - Foto: Mitglieder der Gemeinsamen Liste in der Parteizentrale in der arabischen Stadt Schfar’am während der Knessetwahlen am 2. März 2020


Autor: Heplev
Bild Quelle: David Cohen/Flash90


Montag, 06 April 2020