Sind Muslime die neuen Juden?

Sind Muslime die neuen Juden?


`Was haben meine Vorfahren während des Holocausts gemacht? Was hätte ich gemacht?´

Sind Muslime die neuen Juden?

Von Gerd Buurmann

Diese zwei Fragen quälen viele Deutsche. Die zweite Frage quält besonders, wenn die Antwort auf die erste Frage lautet, dass die Vorfahren weggesehen oder sie gar aktiv an der Vernichtung der Juden mitgewirkt haben. Daher wollen viele Deutsche die Antwort auf die erste Frage gar nicht wissen. Dafür sind sie sich dann aber bei der Beantwortung der zweiten Frage umso sicherer: „Ich hätte mich für die Juden eingesetzt!“

Es gibt da nur ein Problem. Es lässt sich so schwer beweisen, dass man sich für Juden einsetzt, wenn es nur noch so wenige davon gibt. Wie soll man sich für Juden einsetzen, wenn man persönlich keine kennt?

Über achtzig Millionen Menschen leben in Deutschland. Davon sind weniger als zweihunderttausend Menschen Juden. 0,25 Prozent aller Deutschen sind Juden. Unter vierhundert Deutschen ist vielleicht ein Jude dabei. In den meisten Dörfern und in vielen kleineren Städten Deutschlands wohnt kein einziger Deutscher, der Jude ist. Wie kann man da zeigen, dass man nichts gegen Juden hat? Man braucht Ersatzjuden!

4,5 Millionen Muslime leben in Deutschland. Das sind 5,5 Prozent. Wenn sich zwanzig Deutsche treffen, ist gewiss ein Moslem dabei. Der Islam gehört ganz selbstverständlich zu Deutschland. Der Islam ist ein Teil Deutschlands. Wenn ein Deutscher selbst kein Moslem ist, hat er gewiss Nachbarn, Freunde oder Kollegen, die deutsche Muslime sind.

Muslime sind in Deutschland zwar eine Minderheit, wie das Judentum, allerdings nicht so klein, als dass man keine Muslime kennen könnte. Warum also nicht Muslime als Ersatzjuden nehmen, um zu zeigen, dass man nichts gegen Juden hat? Der Islam ist eine Religion wie das Judentum und es gibt viele Menschen, die mögen Muslime nicht. Da ist es doch nur logisch, dass Muslime die neue Juden sind, oder?

Nein!

Die Deutschen, die einst Juden verfolgt haben, waren Christen oder kamen aus einem christlichen Umfeld. Ihr christlicher Glaube hielt sie nicht davon ab, Juden zu hassen. In vielen Fällen befeuerte der christliche Glaube diesen Hass auf Juden sogar. Martin Luther war ein glühender Judenhasser. In den Kirchen Deutschlands wurden Juden als Christusmörder verunglimpft. Es galt das Credo: „Extra ecclesiam nulla salus“ („Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil“).

Das Christentum war über die Jahrhunderte eine brutale und mit Zwang missionierende Religion. Es wurde missioniert, weil die Christen glaubten, im Besitz der allein seligmachenden Wahrheit zu sein. Wer nicht Teil der christlichen Gemeinde war, stellte sich gegen die Wahrheit. Juden war somit für diese Christen schon durch ihre pure Existenz eine Provokation, da sie sich weigerten, Jesus als Messias anzuerkennen. Es gab nur zwei Möglichkeiten: Annahme des christlichen Glaubens oder Vernichtung. Beide Möglichkeiten wurden als Akt der Gnade verstanden. Es war die Aufklärung, die diesem Fundamentalismus ein Ende setzte.

Nach dem Holocaust war es Papst Johannes XIII. der im Jahr 1965 in der Erklärung „Nostra aetate“ („In unserer Zeit“) die Haltung der Katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen neu definierte. Es wurde anerkannt, dass Wahres und Heiliges in den anderen Religionen zu finden sei und die bleibende Erwählung des Judentums, in dem das Christentum wurzelt, wurde bestätigt. Die Erklärung relativierte „Extra ecclesiam nulla salus“ und stellte stattdessen fest: Auch in Religionen außerhalb der Kirche gebe es Wahrheiten.

Der Islam ist ebenfalls eine missionierende Religion. In der muslimischen Tradition finden sich ebenfalls viele judenfeindliche Passagen. Es gibt Länder, in denen der Islam herrscht und alle Juden vertrieben wurden. Es gibt islamische Kindersendungen, wo lustige Puppen Kindern im Namen Gottes den Hass auf Juden beibringen. Das Wort „Jude“ wird von diesen Kindern als Schimpfwort auf den Schulhöfen benutzt. Die deutliche Mehrheit aller terroristischen Morde an Juden, die in den letzten Jahren in Europa in jüdischen Schulen, Museen, Geschäften und Wohnungen verübt wurden, waren islamistisch motiviert.

Dabei ist es für Juden irrelevant, wieviel Prozent aller Muslime Juden hassen. Bei über 1,6 Milliarden Muslime und 15 Millionen Juden weltweit reicht schon ein Prozent fanatischer Muslime, die Juden hassen, um mehr zu sein als alle Juden der Welt zusammen und sämtliche Studien zeigen, dass weit mehr als ein Prozent aller Muslime fanatische Überzeugungen hegen.

Der Islam ist in Deutschland nach dem Christentum die zweitstärkste religiöse Kraft. So stark, wie die muslimische Gemeinschaft heute in Deutschland ist, war die jüdische Gemeinschaft nie. Der Islam ist die zweitgrößte Religion der Welt nach dem Christentum. Mehrere Länder haben den Islam als Staatsreligion. Muslime sind so wenig „die neuen Juden“, wie es Christen sind, obwohl Christen in vielen islamischen Ländern massiv unterdrückt, vertrieben und ermordet werden. Das Christentum ist zur Zeit die am meisten verfolgte Religion der Welt. Nach Schätzungen der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte bekennen sich über siebzig Prozent aller Menschen, die derzeit wegen ihres Glaubens verfolgt werden, zum Christentum. Das christliche Hilfswerk Open Doors schätzt, dass mehr als 200 Millionen Christen weltweit verfolgt oder diskriminiert werden. Seinem Weltverfolgungsindex von 2019 zufolge finden die stärksten Christenverfolgungen in islamisch geprägten Ländern statt.

Dennoch ist es unangebracht, diese Christen als „die neuen Juden“ zu bezeichnen. Der Hass auf Juden ist nämlich nicht nur ein Hass auf eine Religion, sondern auch ein rassistischer Hass. Der Hass richtet sich nicht nur gegen die Überzeugungen, sondern gegen die pure physische Existenz. Dieser rassistische Hass auf Juden findet sich bei Christen und Muslimen. Daher sind beide Gruppen nicht „die Juden von heute“.

Das hält viele Deutsche nicht davon ab, Muslime zu ihren Ersatzjuden zu erklären, um zu zeigen, dass sie nicht so sind wie ihre Vorfahren. Dies führt teilweise so weit, dass jede noch so berechtigte Kritik am Islam als islamfeindlich bezeichnet wird, die ebenso zu ächten sei wie der nationalsozialistische Rassenwahn. Dabei wird übersehen, dass gerade eine notwendige und zum Teil scharf vorgetragene Kritik an Christen die Grundlage dafür war, dass der Judenhass im Christentum überhaupt bekämpft werden konnte.

Kritik am Islam ist nicht islamfeindlich, sondern notwendig, um etwas gegen die Judenfeindlichkeit im Islam zu unternehmen!

Das sehen viele Deutsche, die Muslime zu Ersatzjuden erwählt haben, jedoch ganz anders. Und sie werden besonders ungehalten, wenn es ausgerechnet Juden wagen, ihnen zu erklären, dass Muslime nicht „die neuen Juden“ sind, sondern vielmehr für manche Juden heute so gefährlich sind wie Christen vor ein paar hundert Jahren. Dann werden diese Juden zu den „neuen Nazis“ erklärt, so wie es die muslimischen Ersatzjuden auch gerne tun, besonders, wenn es um Israel geht, wo, so sind sich die Deutschen und ihre Ersatzjuden in der Mehrheit sicher, die Israelis mit den Palästinensern im Grunde auch nichts anderes machen als die Nazis mit den Juden damals.

Und auf einmal passt alles so wunderbar zusammen: Muslime sind die neuen Juden, Juden sind die neuen Nazis und die Deutschen sind alle im Widerstand. Sie verteidigen die Juden! Die neuen natürlich, bei den alten bleibt alles beim Alten.

Muslime sind jedoch nicht „die neuen Juden“. Sie sind vielmehr die neuen mittelalterlichen Christen und sollten auch so behandelt werden, und zwar mit viel Kritik, Spott und der nötigen Deutlichkeit. Dort aber, wo sie heute aufgrund ihrer Religion verfolgt werden, sollten wir für ihre Rechte kämpfen. Es braucht eine neue Aufklärung!

 

Tapfer im Nirgendwo


Autor: Gerd Buurmann
Bild Quelle:


Donnerstag, 02 Mai 2019