Raw Frand zu Parschat Noach: Kamen die Tiere von allein oder musste Noach sie holen?

Raw Frand zu Parschat Noach:

Kamen die Tiere von allein oder musste Noach sie holen?


Im Zyklus der wöchentlichen Torah-Abschnitte kommen wir zu Noach. Raw Frand beleuchtet Aspekte und Schlußfolgerungen aus dem Text des Abschnittes.

Kamen die Tiere von allein oder musste Noach sie holen?

p>G-tt sagte zu Noach: "Und von jedem reinen Tier nimm dir (hebr. tikach lecha) je sieben…" [Bereschit 7:2]. Nur wenige Verse weiter lesen wir: "… sie kamen je zwei zu Noach (hebr. ba'u el Noach) in die Arche…" [Bereschit 7:9]. Es scheint hier eine Diskrepanz zu geben. Der eine Vers deutet an, dass Noach die Tiere zur Arche bringen sollte; der andere deutet an, dass sie von alleine kamen. Der Ramban (Nachmanides) stellt diese Frage in seinem Kommentar zum Chumasch (Pentateuch). Er stellt dieselbe Frage sogar an zwei Stellen [ibid 6:20 und 7:9] und gibt zwei verschiedene Antworten. In Kapitel 6, Vers 20, sagt der Ramban, dass die unkoscheren Tiere von alleine kamen, wohingegen die koscheren Tiere von Noach eingesammelt werden mussten – so wie sich die beiden Sätze ausdrücken.

Der Ramban erklärt, dass der Sinn des selbständigen Kommens für die unkoscheren Tiere in der Selbsterhaltung lag. Sie kamen (ein Paar von jeder Art), um ihre Spezies in die Welt, die nach der Flut folgen würde, hinüberzuretten. Doch die koscheren Tiere (von denen je sieben Paare an Bord der Arche waren), wurden mitgenommen, damit sie (wenigstens teilweise) nach dem Mabul (Sintflut) auf einem Altar geopfert werden konnten. Hier gab ihnen G-tt nicht den instinktiven Drang, sich in Richtung der Arche aufzumachen - und somit in Richtung ihrer eigenen, letztendlichen Schlachtung. Im Falle der koscheren Tiere, musste Noach sie einsammeln und dazu drängen, an Bord zu kommen.

G-tt pflanzt gewisse Instinkte zur Selbsterhaltung in die verschiedenen Tierarten. Warum entscheiden Lachse, die drei Jahre lang im Pazifischen Ozean geschwommen sind, plötzlich den ganzen Weg in Richtung eines kleinen Flusses in Alaska zurückzulegen, nur um dort zu brüten und zu sterben? Warum bauen Biber Dämme? Der Allmächtige hat den Tieren - durch die Natur - Instinkte gegeben, die für ihr Überleben notwendig sind. Sie gehen nicht zur Schule, sondern wissen diese Dinge instinktiv, weil dies die Art und Weise ist, wie der Allmächtige die Welt erschaffen hat.

Der Ramban erklärt, dass aus demselben Grund alle unkoscheren Tiere eines Tages instinktiv vor der Tür der Arche aufgetaucht sind. G-tt hatte ihnen den Instinkt verliehen, der sie dazu gebracht hat, sich an diesen Ort zu begeben. Doch sagt der Ramban, dass G-tt einem Tier nur einen Instinkt gibt, der gut für ihn ist. G-tt gibt einem Tier keinen Instinkt, dass es zur Arche marschiert, damit es später geschlachtet wird. Das wäre nicht „jaschar " (aufrichtig).

G-tt lehrt uns hiermit etwas. Wir müssen darauf achten, Dinge zu tun, die "jaschar" sind. Auf diese Art hat G-tt Seine Schöpfung gemacht - und so möchte Er auch den Menschen handeln sehen. Dies ist eines der wiederkehrenden Themen des Buches Bereschit (Genesis). Der Talmud - im Traktat Awoda Sara (über den Götzendienst) [25a] - bezeichnet das Buch Bereschit als "Sefer Ha'Jaschar" (das Buch der Aufrechten). Dies basiert auf der Tatsache, dass in diesem Buch die wesentlichen "Helden" Awraham, Jizchak und Ja'akow sind - die "Jescharim" (aufrichtige Individuen) genannt werden.

In der Einleitung zu seinem Kommentar „Ha’amek Dawar“ zum Buch Bereschit, schreibt Raw Naftali Zwi Jehuda Berlin (der "Neziw"), dass G-tt aufrichtig ist und keine Menschen toleriert, die "fromm, aber nicht aufrichtig" sind. Dies ist eine der lobenswerten Eigenschaften unserer drei Patriarchen. Abgesehen von der Tatsache, dass sie fromm und g-ttesfürchtig waren, waren sie auch "jaschar" (geradlinig, ehrlich, edel). (Das jiddische Wort, das ihr Wesen womöglich am besten auf den Punkt bringt, ist "sei senen gewen Menschen".)

Der Neziw legt dar, dass als Resultat ihrer Eigenschaft, "jaschar" gewesen zu sein, ihre heidnischen Mitmenschen - unter denen sie lebten und mit denen sie interagierten - sie respektiert und sogar geliebt haben. Die Heiden waren nicht davon beeindruckt, dass sie nur „Bedaz“ assen, Tefillin von Rabbejnu Tam legten, besonders viel Geld für ihre Etrogim bezahlten oder jegliche andere "fromme Taten" an den Tag legten. Sondern die Heiden zollten Anerkennung für Ehrlichkeit und Integrität, wenn es für sie sichtbar war. Sogar für Sedom und Amora setzte sich Awraham vehement ein, dass sie erhalten bleiben, obwohl er ihre Taten hasste. Die Awot (Patriarchen) liebten die gesamte Schöpfung und setzten sich für sie in den verschiedensten Formen ein. Dies ist, was die Awot praktizierten. Dies ist, was ihnen Respekt und Ehre von ihren andersgläubigen Mitmenschen einbrachte. Aus diesem Grund wurden sie "Jescharim" (aufrichtige Individuen) genannt. Auf diese Weise beeinflussten sie die ganze Welt jener Tage.

Bei jeder Gelegenheit während des ganzen Buches Bereschit, lehrt uns der Allmächtige die Wichtigkeit davon, "jaschar" zu sein. Eingeschlossen in diesem Modell der "Aufrichtigkeit", ist G-ttes Ablehnung, den Tieren einen Instinkt zu geben, der sie dazu anstiften würde, ihrer eigenen, zukünftigen Schlachtung entgegen zu marschieren.

Bil'am war eifersüchtig gegenüber dieser Eigenschaft der Patriarchen und ihrer Nachkommen, indem er sich wünschte: "…lasse meine Seele den Tod der Jescharim sterben…" [Bamidbar 23:10]. Jedoch verhielt er sich Zeit seines Lebens absolut entgegengesetzt zum Vers in Dewarim (Deuteronomium) [6:18]: "Tue, was recht und gut ist… (hebr. We’assita ha‘jaschar weha'tow)." Nur wer „jaschar“ lebt, darf auch auf einen Tod der „Jescharim“ hoffen.

Dieser Vers ist auch die Antwort auf die allgegenwärtige Frage: "Wo steht es geschrieben, dass es mir verboten ist, [dies oder jenes] zu tun?" Dieses Gebot, das im Buch Dewarim auftaucht, wird uns zum ersten Mal im Buch Bereschit von den Patriarchen vorgemacht - und sogar vorher noch durch G-tt.

 

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Autor: Raw Frand
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Freitag, 01 November 2019

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