Ist „Russen raus“ kein Rassismus?

Ist „Russen raus“ kein Rassismus?


Dürfen die Russen nicht aus der Verantwortung genommen werden, weil sie schließlich 20 Jahre für Putin gestimmt hätten?

Ist „Russen raus“ kein Rassismus?

Von Aron Sperber

Putins Überfalls auf die Ukraine ist ein unentschuldbares Verbrechen, egal was die Vorgeschichte ist. Putin ist jedoch mit Sicherheit nicht der einzige Verbrecher, der ein Land regiert.

Auch der Nationalislamist Erdogan hat Nachbarländer überfallen und hält bis heute Gebiete wie Afrin illegal besetzt. Hätte man aufgrund Erdogans Politik "Türken raus" gefordert, wäre dies zu Recht als Rassismus gebrandmarkt worden, auch wenn Erdogan bei der Mehrheit der deutschen Türken ähnlich hohe Zustimmungswerte wie Putin bei den Russen hatte.

Selbst darauf hinzuweisen, dass der Nationalislamist Erdogan unter deutschen Türken, die Erdogan als seine "Soldaten" betrachtet, mehr Anhänger als unter türkischen Türken hat, wurde als islamophober Rassismus angeprangert, obwohl es klar belegt ist, dass 70% der deutschen Türken für Erdogan stimmten, während es in der Türkei nur 50% waren.

Gegen Russen ist der Generalverdacht hingegen offenbar politisch korrekt. Wer sich nicht öffentlich von Putin distanziert, verliert alle Rechte, selbst wenn er bzw. sie sich gegen den Krieg ausgesprochen hat.

Von Putins wahnwitzigem Krieg sind Freund und Feind wohl gleichermaßen überrascht worden. Bei unseren Links-Guten war der Sowjet-Nostalgiker Putin weniger wegen seiner eigenen Politik unbeliebt, sondern weil er als Trump-Rechtspopulismus-Förderer angesehen wurde. Es war ein bisschen wie bei Gaddafi, der nicht abgelehnt wurde, weil er der alte Terrorförderer Gaddafi war, sondern weil er als neuer Berlusconi-Freund galt.

Russland wurde von Putin allerdings nicht wie Nordkorea geführt. Die Russen haben trotz „gelenkter Demokratie“ halbwegs frei und gut gelebt. Solange sie das Gefühl hatten, Putin würde im Wohle Russlands handeln, folgten sie ihm wohl weitgehend freiwillig. Das könnte sich jetzt sehr rasch ändern. Das Putin’sche Narrativ von der „Entnazifizierung“ der (von einem Juden regierten) Ukraine, die von ihm als Grund für den Überfall angegeben wurde, ist unglaublich schwach. Nicht einmal RT klang davon wirklich überzeugt.

Die Russen werden wohl kaum wegen des (relativ leicht durchschaubaren) politischen Irrsinns Putins langfristig auf Wohlstand und Anerkennung verzichten und sich daher hoffentlich rasch gegen ihren völlig aus der Spur geratenen Lenker erheben. Der Westen sollte versuchen, das russische Volk als Verbündeten gegen Putin zu gewinnen, statt es durch Generalverdacht gegen alle Russen hintern Putin zu scharen.


Autor: Aron Sperber
Bild Quelle: Nicola, Wikimedia Commons, CC-by-sa 4.0, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons


Mittwoch, 09 März 2022

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