Jüdisches Museum Berlin Der Pluralismus der Einheitsmeinung

Jüdisches Museum Berlin

Der Pluralismus der Einheitsmeinung


Der Pluralismus der Einheitsmeinung

Das Schöne an der Demokratie, wie wir sie bisher kannten, bestand gewöhnlich darin, dass alle das Recht haben, sich zum Narren zu machen*; man kennt das auch als Meinungsfreiheit. Selbige ist in unserer Gesellschaft ein höchst geschätztes Gut und das nicht nur, weil wir Spaß daran haben, wenn Menschen sich zum Narren machen.

Aber gerade auch dann, wenn Meinungsfreiheit nicht wehtut, ist man in Deutschland sehr dafür. Denn solange alle einer Meinung sind, hat man mit der Freheit anderer Leute kein Problem. Dafür nimmt man sogar die Förderung der Dummheit in Kauf.

Womit wir bei jenem Jüdischen Museum wären, das mit “Boycott-Divestment-Sanctions”-Judith einen spätsommerlichen Blockbuster der “Israel-Kritik” produziert hat, in Berlin.

Ja, ganz genau, verehrte Leserinnen und Leser: Das ist genau dieselbe Frau Butler, die eben erst in Frankfurt/Main den Adorno-Preis für ein Lebenswerk kassiert hat, in dem das Lob von Hamas und Hizballah als sozial progressive “Bewegungen” nicht zukurz gekommen ist.

Es muss dem lokalen Honoratiorentum ein echter Herzenswunsch gewesen sein, Frau Butler für ihre “Israel-Kritik” mit einem Preis zu dekorieren.

Am letzten Samstag durften sich nun in Berlin um die etliche hundert Personen eingeladen fühlen, mit Judith “I love Hamas” Butler zu “diskutieren”; oder vielmehr, von ihr “diskutiert” zu werden.

Fragen aus dem Publikum waren auf dieser angeblichen Diskussionsveranstaltung erlaubt - aber bitte: nur solche Fragen, die vorher mit Katharina Schmidt-Narischkin, der Öffentlichkeitssprecherin des Jüdischen Museum, abgesprochen waren.

In Ermangelung einer Erlaubnis von Frau Schmidt-Narishkin hätte es sicherlich auch ein von Cilly Kugelmann, von Beruf Musemumsdirectrice, erteilter Dispens getan. Oder irgendeine andere Ausnahmegenehmigung; wegen akutem, geistigem Notstand.

Aber irgendwie war wohl die Tinte auf den Formularen zur Beantragung einer vom Gruppenkonsens abweichenden Einzelmeinung nicht ganz trocken, mit denen man einen Antrag auf eine abweichende Einzelmeinung bei der Leitung des Jüdischen Museums Berlin hätte stellen dürfen.

Egal, ob Sie das nun an die böse alte Zeit erinert, als es noch ein ZK und ein Politbüro gab: Alle Fragen bedurften der vorherigen Prüfung. Vorausgesetzt, die Frage wurde genehmigt, klappte es auch mit der Meinungsäußerung, zumindest dem Anspruch nach.

Was dazu angetan war, die angestrebte Diskussion vielleicht in vielen Punkten der Lebhaftigkeit und Spontaneität, aber nicht der Einheitlichkeit und Konformität zu berauben; voilà: der Pluralismus der Konformität – wenn alle auf die selbe Art “anders” sind.

Panem et circensis, Brot und Spiel, für die “Linke”.

Die etwa 700 Gäste, die im Innenhof ihren Platz gefunden hatten, waren von diesem doch recht eigentümlichen Umgang mit ihren Grundrechten nicht im mindesten befremdet oder gar verstört.

Meinungsfreiheit unter Führung der “wissenschaftlichen” Weltanschauung? Das ist doch total okay, sagte man sich, und einige der Anwesenden kamen vielleicht sogar ein wenig ins Schwärmen, wegen früher.

Dabei versteht sich das Museum zumindest in seiner Selbstdarstellung als ein Ort der Debatte, der Auseinandersetzung, der Diskussion. Aber das gilt anscheinend nur hinter den Kulissen, und auch da nur, wenn alle einer Meinung sind. Heißt es.

Aber wenigstens die Gedanken sind immer noch frei? Frau Kugelmann, Frau Schmidt-Narischkin?
Aber wir wollen nicht ungerecht sein: Die Förderung der Demokratie ist ja nicht allein die Aufgabe von diesen beiden Damen – und Meinungsfreiheit richtig verstanden ist eben vor allem Freiheit von Meinung, nicht wahr?

Michael Blumenthal aus dem Vorstand des Jüdischen Museums lobte das Vorgehen der Verwaltung als Beitrag zu einer “fairen und ausgewogenen Diskussion” - in der selbst Micha Brumlik wie durch Zauberhand als jener Bibi-Fan erschien, der er nicht ist, und vom versammelten Meinungsmob niedergebrüllt werden konnte, wie in einem Bierkeller.

Man könnte meinen, diese Veranstaltung hätte sich selbst entlarvt als das, was sie war. Und selbstvertständlich muss man um diese Meinung nicht vorher um Erlaubnis frage.

Angesichts dieser Rahmenbedingungen hätte es auch den Dümmsten klar sein müssen, dass es um keine “faire und ausgewogene Diskussion” ging, und das womöglich nicht einmal dem Anspruch nach.

http://www.jpost.com/JewishWorld/JewishFeatures/Article.aspx?ID=285289&R=R1&utm_source=twitterfeed&utm_medium=twitter

Interessant an Veranstlatungen wie diesen, und die mit Frau Butler ist da nur ein Beispiel unter vielen, ist, dass das Publikum sowas mit sich machen lässt, ohne sich dadurch auch nur im mindesten in seinen Freiheitrechten eingeschränkt zu fühlen.

Besonders bemerkenswert ist das, weil Versanstaltung mit Frau Butler zumeist von Leuten besucht werden, die sonst sehr empfindlich auf eingebildete oder reale Einschränkungen ihrer individuellen Freiheitsgrade reagieren.

Es ist eine freiwillige Selbstkontrolle wie in der “Diskussion” mit Frau Butler im Jüdischen Museum aber anscheinend emotional derartig lukrativ, dass sie gerne in Kauf genommen wird, denn es winkt ein schöner Preis: die Absolution vor dem “politischen” Gewissen, wenn nicht sogar vor der deutschen Geschichte.

Es ist ja ganz und gar nicht so, dass es in Deutschland einen blinden Fleck der Selbstwahrnehmung gäbe, wenn es ums Jüdische geht. Nein, nein, und die Erde ist eine Scheibe.

Es ist vielmehr so, dass zwei Generationen nach der Shoah das Israel der “politischen” Phantasie herhalten soll, wenn das Binnenverhältnis eines staatstragend-identitätsstiftenden Deutschtums emotional attraktiv und sozial akzeptabel gestaltet werden muss.

Und welch eine bezaubernde Pointe des ésprit de l´éscalier, des Treppenwitzes, ist es überhaupt, dass sich für diese “politische” Drecksarbeit mit Frau Butler eine Person hergibt, die sich in ihren früheren, lichteren Momenten einmal die Dekonstruktion von Identitäten auf die Fahne geschrieben hatte.

Für derartig selbstzweckhafte assistierte Selbstgespräche des deutschen Kollektivs diente sich das Jüdische Museum an angesichts der Veranstaltung mit Frau Butler, die ein erneut Podium erhalten hat, um sich erneut als Gallionsfigur des akademisch legitimierten Israel-Boykotts zu inszenieren.

Man kann nur vermuten, dass es damit zu tun haben könnte, dass die “Israel-kritische” Szene sich mit Verve in die Tasche lügen möchte. Und was kann “legitimierender” wirken, als ein Boykott-Aufruf mit Kosher-Siegel? Eben.

Da schließt sich dann der Kreis: Die “Israel-kritische” Szene und ihre Philosophin nach Maß, deutsche “Vergangenheitsbewältigung” und Fau Butler in ihrer Funktion als akademisch legitimiertes Kosher-Siegel haben einander wie Arsch und Eimer verdient.

Es hat das Jüdische Museum der Boykottkampagne gegen den jüdischen Staat ein Podium hingestellt und alle Meinungen lupenrein aussortiert, die von der Affirmationshaltung gegenüber Frau Butler ablenken könnte.

Gefördert hat man damit jenes Ressentiment, das sich noch unter allen sozialen Bedingungen über die Zeiten gerettet hat, und das zuletzt bei Günther “Gedicht” Grass fröhliche Urstände gefeiert hat: Dass Israel den Weltfrieden gefährdet. Man gibt seinen Feind recht - und hat deswegen zwar vielleicht immer noch nicht seinen “Frieden” mit der Welt, aber zumindest ein komfortables Leben “im falschen”, nicht wahr, Frau Kugelmann, Herr Blumenthal, Frau Schmidt-Narishkin?

Bisher steht Phyllis Cheslers Behauptung unwiderlegt im Raum, Judith Butler sei in Frankfurt/Main für ihre “anti-zionistischen” Meinungen prämiert worden:
”Was man in Berkeley und im Adorno-Preis-Kommittee verstanden hat, ist ihre herausragende Stellung und ihr öffentliches Bekenntnisse zu anti-zionistischen Politikangeboten, die im aktuellen historischen Kontext einen Teil des neuen Antisemisitismus begründen.”/ “What Berkeley and the Adorno Prize committee do understand are her very high profile and public anti-Zionist politics which, in these historical times, constitute part of what the ‘new anti-Semitism‘ is about.”

Konfrontiert mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen ließ sich Frau Butler übrigens lediglich zu der Einlassung herab, dass “tausend jüdische Gruppen” ihr zustimmen würden; wobei mir vor allem die Verwendung des qualifizierenden Eigenschaftswortes “jüdisch” bemerkenswert erscheint – oder wird der Unsinn jetzt dadurch geadelt, dass ihn die “politisch” Passenden sagen?

Apropos Blödheit: Jakob Augstein “weiß” nun auch, wer hinter diesem famosen Video steckt, das auf der ganzen Welt für Terror sorgt. Im “Spiegel”, Online-Version des Fachblatts für den Caféhandel, legt Jakob Augstein vollumfänglich selbstbelastend dar, dass “Die Unschuld der Muslime” vor allem den USA und Israel nützt, ergo auf deren Mist gewachsen wäre; eine interessante, aber doch nur wenig überraschende Selbstauskunft.

Sehen Sie, sehr verehrte Leserinnen und Leser, eben das ist das Schöne an der Meinungsfreiheit: Kein Quatsch ist zu blöd, um nicht gesagt, gedacht oder gedruckt zu werden. Er wird er dann aber zumeist auch geglaubt, und davon lebt Herr Augsteins Branche nicht schlecht. “Israel-Kritik” ist hierzulande ein “journalistisches” Geschäft, das anscheinend immer einträglicher wird.

Allerdings sollte man nicht ohne weiteres glauben, dass Unsinn wie der von Jakob Augstein sich von selbst disqualifiziert – dazu sitzen Jakob Augsteins “politische” Halluzinationen zu bequem auf den sozialen und emotionalen Bedürfnissen der “Spiegel”-Leser nach “politischer” Akzeptabilität bei gleichzeitiger “moralischer” Entlastung.

Jakob Augstein ist mit seinem Talent zur “Israel-Kritik” ebenso auf der Höhe seiner Zeit, wie sein Vater es einst war. Wie jener Rudolf Augstein, der sein Redaktionspersonal bevorzugt aus den Reihen jener Reichspressekonferenz rekrutierte, die nach dem 8. Mai 1945 zu ihrem größten Bedauern a.D. gehen musste, und der nach seinem Gastspiel bei der “Einsatzgruppe B” mit journalistischen Mitteln für den “Endsieg” kämpfte, diesmal unter dem programmatischen Titel “deutsches Nachrichtenmagazin”.

Das bleibt nun alles an Jakob Augstein kleben, das mit dem “Endsieg”. Und das, wo es sich bei “Junior” doch um gar keinen eingeborenen Sohn der Augsteins handelt, sondern lediglich um die Fortsetzung von Martin “Moralkeule” Walser mit anderen Mitteln.

*Wer seine Erinnerung daran ein wenig auffrischen möchte, was es bedeutet, sich zum Narren zu machen, sollte sich Jenny Elvers-Elbertzhagens vorläufig letzten Auftritt beim NDR nicht entgehen lassen. Frau Elvers-Elbertzhagen, eine famose Schmuckdesignerin aus dem Homeshopping-Fernsehen, lässt stellt sich und ihren kreativen Prozess live und in Farbe zur Schau, während Bettina Tietjen nur hilflos murmelt “Jenny, wir entdecken ja ganz neue Fassetten an dir”: http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=pJ1l1kM9Ypo

 

 Gerrit Liskow

 

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Mittwoch, 19 September 2012

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