Aus dem Tagebuch einer IDF-Berufssoldatin: An der Frontlinie zum Gazastreifen

Aus dem Tagebuch einer IDF-Berufssoldatin:

An der Frontlinie zum Gazastreifen


An der Frontlinie zum Gazastreifen

Eine Berufssoldatin und Offizierin der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF/ZaHal), die in den Tagen der anhaltenden Raketenangriffe der radikalislamistischen Terrororganisation Hamas auf ziviele Ziele in Israel, an der Grenze zum unter der Gewaltherrschaft der Hamas stehenden Gazastreifens stationiert war, hat Auszüge aus ihrem Tagebuch exklusiv haOlam.de zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Wie veröffentlichen diese, um unseren Lesern einen Einblick zu geben, den man aus den Berichten der meisten Medien eher nicht bekommt und danken ausdrücklich, für die zur Verfügungstellung der Auszüge.

Sonntag 28.10.2012

Es ist 3:31 als mein Computer, den ich über Nacht immer online habe, einen Alarm gibt. Ich habe einen online Dienst eingeschaltet, der mir einen Alarm bei registrierten Raketen in meiner Region gibt. Genau neben meinem Haus steht eine Sirene - aber auch sie gibt die letzten Wochen nicht jeden Alarm durch, so installierte ich dieses Programm. Mein Freund schaut mich schlafend an, es ist sein erster Raketenalarm - er ist kein Israeli und kennt dies nicht. Wie gut, daß mein Schlafzimmer auch schon mein Schutzraum ist.

3.43 Uhr: Jetzt heult mein Computer und die Sirene. Es klingelt wie verrückt an meiner Wohnungstür. Meine Nachbarskinder stehen da mit ihrem Hund. Sie haben keinen Schutzraum so wurde es Selbstverständlichkeit, daß sie bei Alarm zu mir kommen, für den Fall daß ich nicht zu Hause bin, haben Sie extra einen Schlüssel bekommen. Mein Freund steht auch auf und trottet in die Küche, schaltet die Kaffeemaschine an. Die zwei Mädchen und ihre Labrador Hündin verschwinden schon in meinen Schutzraum - mein Schlafzimmer. Mein Freund schaut mich fragend an. Ich muss lachen und sage, daß es gut ist, daß ich in meinem Büro noch eine Ausziehcouch habe.

6.30 Uhr: Mein Wecker klingelt - in zwei Stunden muss ich zum Dienst. Während ich äberlege, was ich einpacke merke ich, wie meine Füsse nass werden. "Kneydel" - die Labrador Dame - hat mir vor lauten Angst auf den Boden gepinkelt. Ich wecke die Mädchen - auch die kleinere von beiden hat wie fast jede Nacht ins Bett gemacht. Ich denke darüber nach wie ich mich fühlen würde, wenn es meine Kinder wären. Aber sind sie es nicht schon? Der Vater ist alleinerziehend, die Mädchen sind 7 und 9 und dauernd bei mir. Es klingelt, der Vater der Mädchen steht da mit frischem Brot. Zu fünft setzen wir uns in meine kleine Essecke (eigentlich quetschen wir uns mehr rein) und versuchen gut gelaunt zu frühstücken. An das typische Israeli Frühstück kann ich mich nach zwei Jahrzehnten immer noch nicht gewöhnen. Meine Nachbarn essen Salat mit Zitrone. Um kurz vor halb acht gehe ich zur Arbeit. Mein Freund bleibt allein zu Hause.

Samstag 10.11.2012

Ich bin bei der Arbeit irgendwo im Süden stationiert und belehre neue Sanitäter. Es ist gegen 19.00 Uhr und kurz nach Shabbat Ende als mein Handy klingelt "Elishewa, Elishewa hast Du was von Idan gehört?" "Idan, welchen Idan?" frage ich. "Du weisst schon, der aus Itamar". Mein Telefonanrufer erklärte mir, daß ein Jeep in die Luft gesprengt worden sei und man wisse nicht, ob alle überlebt haben und daß ein Bekannter von uns - wohl der Fahrer gewesen sei. Geschockt lege ich auf und erkundige mich. Wir sind ein kleines Land und man kennt immer einen irgendwo oder einer der den anderen kennt. So erfahre ich von dem Attentat auf einen Jeep mit vier verletzten Kameraden, aber Idan war nicht dabei. Ich frage mich, warum wohl der Anschlag war, obwohl es die letzten Tage wieder zu spüren war, daß was in der Luft lag, konnten wir keinen Sinn erkennen, warum dieser Anschlag war. Es gab von uns nichts, was hätte direkt provozieren können. Jedenfalls nicht in dieser Region.
Ich drehe mich um und hinter mir liegt noch die Hawdala Kerze (die Frau meines Kommandeurs macht sie selber) und ich mache mir meine Gedanken, warum das Leben hier im Sueden so anders ist als im Norden wo ich Jahrelang lebte.
Ich gehe in mein Büro, mache ein paar Berichte fertig und gegen 23.00 Uhr melde ich mich ab. Fahre nach Hause Richtung Ashdod.
Freue mich auf ein paar freie Tage, die ich mit meinem Freund verbringen will, bevor er wieder Israel verlassen muss.

Montag 12.11.2012 und Dienstag 13.11.2012

Ich verbringe die Tage zu Hause mit meinem Freund. Wir können nirgends hin, denn egal wohin wir gehen, es ist alles ausgestorben. So bleiben wir den ganzen Tag liegen, bestellen uns Pizza, sehen im Bett DvD´s und spielen Playstation. Machen eben das, was junge verliebte Menschen so machen.

Mittwoch 14.11.2012

Gegen Mittag klingelt wieder mein Handy, mein Kommandant ist dran. Ob ich die Nachricht schon gehört habe? Nein habe ich nicht, da mein Freund nur Englisch spricht, sahen wir seit zwei Tagen keine Nachrichten und kein TV Programm."The Phantom is dead". Irgendwie muss ich an Facebook denken. Keine Ahnung warum. Mein Kommandant sagt mir, ich solle mein Telefon immer bei mir haben und nicht lautlos machen, soll mich bereit halten, falls es eskaliere. Ich frage noch, was er meint mit Eskalation. Ich wisse nach all den Jahren aktiven Dienstes schon, was er meint. Ja ich weiss es, denke ich nur.
21:42 Uhr Mein Telefon klingelt wieder, ich muss morgen an einem Sammelpunkt sein. Wie froh ich bin, daß ich im Süden lebe und dort alleine hin kann. So stellte ich mir meine fünf Tage Urlaub nicht vor. Normal wäre ich in Hebron heute, dort bin ich zu Hause.

Donnerstag 15.11.2012

Um 8:00 Uhr stehe ich mit meinen Sachen an der vereinbarten Stelle. Busse kommen sowohl mit Reservisten wie auch mit Wehrpflichtigen. Einige meiner alten Kameraden treffe ich aus Hebron, aber die meisten kenne ich nicht, viel Juenger als ich. Mit 31 Jahren bin ich schon eine alte Dame hier, denke ich mir. Wir werden aufgeteilt und ich komme mit anderen in einen Bus, der uns weiter bringt.
10:30 Uhr wir kommen in Jad Mordehai an. Da hätte ich auch gleich hinfahren können, denn ich wohne um die Ecke.
Bis 18:00 Uhr kümmere ich mich um den medizinischen Bedarf und um mein Team. Kontrolliere die Listen. Kontrolliere sie ein zweites Mal, daß ich auch ja nichts vergesse.
Während ich dies mache, werde ich angestupst, eine junge Rekrutin um die 20 Jahre steht hinter mir und fragt ob ich schon mein Handy abgegeben habe. Ich sage nein und erkläre ihr, daß ich es gleich tun werde.
21:00 Uhr: Ich lerne meine "Schlafkameradinnen" kennen, wie ich sie nenne. Wir sind fünf Frauen und suchen uns eine Ecke in der Turnhalle. Aber an Schlaf ist nicht zu denken, es ist laut hier. Wir sind insgesamt 43 Mann in der Halle.

Freitag 16.11.2012 - Mittwoch 21.11.2012

Die Tage sind alle gleich. Wir haben eine kleinen Shabbat Feier und ich wundere mich, wie viele von den jungen Männern beten. Für mich immer wieder überrschend, wie sehr so eine Situation uns mit G"tt näher bringt.
Wir essen, machen Sport, halten Übungen ein und wenn ich ehrlich bin, reden die jungen immer davon, wann es nun los geht. Wir stehen draussen können die Raketen sehen und danken G"tt, daß es so wenig Opfer auf unserer Seite gibt. Wir versuchen Radio zu hören, aber man kann es einfach nicht, dauernd werden Lieder unterbrochen mit Raketen Warnungen. Wir langweilien uns. Spielen Fussball und lernen uns kennen. Spielen und reparieren unsere Ausrüstung. Wir telefonieren mit unseren Familien.
Am Mittwoch wurde der Waffenstillstand verhängt. Jedoch war auf unserer Seite nicht viel davon zu merken. Die Raketen wurden zwar weniger, jedoch konnte man sie Nachts noch gut sehen und auch zählen. Kipat Barzel schoss noch 16 weitere Raketen ab. Insgesamt sollen noch über 30 abgefeuert sein von der Gaza Seite. Ich frage mich, ob die Weltpresse das interessiert oder ob es nur wieder einen Aufschrei gibt, wenn wir eine Antwort auf den Beschuss geben. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich diese Raketen erwidert. Aber wer bin ich schon?

Donnerstag 22.11.2012

11:30 Uhr Man teilt uns mit, daß wir gehen können. Die Jüngeren schauen sich an, als wissen sie nicht, was dies bedeutet. Sie können nicht glauben, daß sie nach Hause können, fragen sogar, ob sie nicht zum Aufräumen hier bleiben sollen. Man merkt, es ist einer ihrer ersten Einsätze. Sie dachten, daß wir nun in den Gaza Streifen eindringen könnten und waren alle aufgeregt.
An mir selber merke ich, daß ich froh bin, dort nicht hin zu müssen und ich mich auf den Weg nach Hause machen könne.
Wieder steigen wir in Busse, wieder fahren wir zu einer Basis im Süden. Ich lasse mich abholen.

16:00 Uhr ich bin daheim.

Nachwort: Als eine der wenigen habe ich auch bei Einsätzen das Privileg über einen Computer und Internet zu verfügen. Zwar nicht bei jedem, aber solchen die es zulassen. Ich möchte noch nicht von Krieg sprechen, aber wir befanden uns in einer kriegsähnlichen Situation. Wir befinden uns immer in einem Krieg, denn leider ist es tatsächlich so, daß es immer wieder Menschen gibt die uns töten wollen.
Ich bin eine junge Berufssoldatin habe amerikanische Wurzeln, ich könnte mir nicht mehr vorstellen, in die USA zurück zu kehren, Israel ist mein Zuhause, das Zuhause eines jeden Juden. Jetzt habe ich zuhause Zeit und surfe durch www und lese die Berichte zu dem neuesten Konflikt. Es ist furchtbar, daß man uns immer als Aggressor sieht. Derweil sind wir ganz gewöhnliche Menschen, die einfach in Frieden leben wollen.

 

Foto: IDF-Soldatin (Foto: Archiv/IDF)

 

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Autor: haolam.de
Bild Quelle:


Sonntag, 25 November 2012

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