Antisemitismus und Antiisraelismus in den sozialen Medien

Antisemitismus und Antiisraelismus in den sozialen Medien


Antisemitismus und Antiisraelismus in den sozialen Medien

Dr. Manfred Gerstenfeld interviewt Dr. Andre Oboler

Der Aufstieg der sozialen Medien hat für Juden und Israel vielfältige Probleme geschaffen. Viele davon manifestieren sich auf eine Art, die die Gesellschaft als Ganzes betreffen. Juden und Israel allerdings scheinen oft die ersten zu sein, die negativ betroffen sind. Meine eigene Arbeit im Verlauf fast eines Jahrzehnts hast sich hauptsächlich darauf konzentriert Veränderungen ausfindig zu machen und zu empfehlen, die diese Probleme eliminieren oder entschärfen können.

Das erste Thema, dem wir uns gegenüber finden, ist ein ideologisches. Das Internet erwuchs aus einem gesetzfreien Umfeld. Diese Tradition der „Einzigartigkeit des Internets“ hält an, selbst wenn sie zunehmend in Frage gestellt wird. Es gibt einen Zusammenprall der Kulturen zwischen den Amerikanern (die viele der globalen Service-Provider betreiben) und dem Rest der Welt. Die Amerikaner wollen völlige Freiheit bei ihren Operationen. Außerhalb Amerikas lautet die allgemeine Einstellung aber, dass Hassreden höchst unerwünscht ist. Die dortige Öffentlichkeit hat eine legitime Erwartung, dass der Staat Schritte unternimmt, um das zu verhindern und vielleicht sogar zu kriminalisieren. Das geschieht angesichts der wichtigen Rolle, die Hassreden bei der Ermöglichung des Holocaust spielte.

Ein zweites wichtiges Thema betrifft Schwachstellen im System von Service-Providern wie Facebook, YouTube und Twitter. Sie können die Software, die Prozessabläufe und manchmal die involvierten Menschen betreffen. Twitter hat keinen Mechanismus, um auf problematische Inhalte aufmerksam zu machen. Dadurch hat es keine wirkliche Kontrolle zu Antisemitismus. Dieses Thema befindet sich derzeit nach einer Anzeige durch die Französische Union Jüdischer Studenten vor französischen Gerichten.

Viele Beispiele aus Facebook gehen mit Antisemitismus in verschiedenen Formen einher, z.B. der Förderung der Protokolle der Weisen von Zion, der klassischen Dämonisierung der Juden, dem Vergleich des Staates Israel mit Nazideutschland sowie Verschwörungstheorien. Eine Schwachstelle in den Verfahren bei Facebook besteht darin, dass Beschwerden zu solchen Inhalten oft abgewiesen werden. Daten einer Gruppe israelischer Studenten, die Antisemitismus entgegenwirken, legen nahe, dass dies bei mehr als der 85% berechtigten Beschwerden geschieht. Da Facebook kein System zur Qualitätskontrolle hat, wird es noch schwieriger, diese Inhalte danach zu entfernen.

Bei einigen Providern erhält man manchmal den Eindruck, dass diejenigen, die sich mit Beschwerden zu befassen haben, diese nicht diskutieren möchten. In einige Firmen ist es schwierig eine bestimmte Person zu finden, die zu ernsten und fortgesetzten Problemen in Sachen Antisemitismus als Verbindungsperson fungieren kann. Oft erhält man eine allgemeine Antwort, die vom „Team der Firma“ oder einer fiktiven Person abgezeichnet ist.

Noch ein wichtiges Anliegen ist das mangelnde Verständnis der Firmen zum Wesen des Antisemitismus. Diese älteste Form des Hasses besteht seit Jahrtausenden und ist gründlich studiert worden. In den meisten Formen ist sie von Forschern und Experten einfach und beständig identifiziert worden. Die Provider jedoch wollen ihre eigenen Definitionen und Verständnis des Antisemitismus schaffen. Ihnen fehlt klar die Fachkenntnis, die Fähigkeit oder gar der Wunsch, das ordentlich zu tun. Das hat z.B. zu einer Situation geführt, dass Facebook es Jahre lang abgelehnt hat die antisemitische Natur der Holocaust-Leugnung anzuerkennen, die eine der extremsten Formen des Antisemitismus ist.

In der bürgerlichen Gesellschaft nehmen ähnliche Probleme gegen andere Gemeinschaften wie indigene Gruppen, Homosexuelle, religiöse und kulturelle Minderheiten und Einwanderer zu. Eine öffentliche Diskrepanz zwischen Facebooks Haltung und öffentlicher Meinung fand sich bei Seiten, die Vergewaltigung herunterspielen. Facebook betrachtete das anfänglich als humorvollen Inhalt, strebte dessen Schutz an und entschuldigte es. Das führte zu Sexismus-Vorwürfen und größeren öffentlichen Gegenreaktionen. Facebook steuerte dann schnell in die Gegenrichtung.

Juden sollten die aus dem Kampf gegen Antisemitismus gewonnenen Fachkenntnisse nutzen, um anderen angegriffenen Gemeinschaften zu helfen. Regierungen müssen innerhalb ihrer eigenen Grenzen stärker die Kontrolle haben, genauso auch – wenn ihre Bürger angegriffen werden – über internationale Verträge außerhalb des eigenen Territoriums. Die Rechtsdurchsetzung außerhalb der USA kämpft oft damit entweder eine angemessene oder eine rechtzeitige Reaktion von Service-Providern mit Sitz in den USA zu bekommen. Das Internet sollte nicht Amerikas Spielplatz sein. Die reine Weitergabe von Informationen über die USA oder die Nutzung von Diensten einer Firma in den USA sollte keine Probleme schaffen, wenn sowohl der Täter als auch das Opfer in einem anderen Land wohnen.

Gegen den jüdischen Staat wird in den sozialen Medien auch ein ständiger Propagandakrieg geführt. Desinformation verbreitet sich in Windeseile wie ein Virus. Videos von gestellten Vorfällen und manipulierte Fotos grassieren, insbesondere in Zeiten von Konflikten. Die Wahrheit spielt in dieser besonderen Arena keine Rolle. Der Inhalt ist König und je sensationeller, desto besser. Es gibt außerdem einen ständigen Strom an Unterstützung für große Lügen wie die „israelische Apartheit“.

Israel sieht sich darüber hinaus koordinierter Nutzung der sozialen Medien als Kriegsmittel des Iran ausgesetzt. Netzwerke israelischer Aktivisten werden kompromittiert. Gruppen wie „Anonymous“ werden infiltriert und zu iranischen Marionetten. Die sozialen Medien werden so zum Megafon für staatlich geförderte Hass-Propaganda, Entmenschlichung und – natürlich – Antisemitismus. Doch die Firmen der sozialen Medien stehen untätig daneben und betrachten ihre hereinströmenden Werbeeinnahmen.

 

Dr. Andre Oboler ist Geschäftsführer des Online Hate Prevention Institute (Institut für die Verhinderung von Online-Hass) in Australien. Er ist Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe zu Antisemitismus im Internet und in den Medien beim Global Forum to Combat Anti-Semitism (Globales Forum zur Bekämpfung von Antisemitismus). - Dr. Manfred Gerstenfeld ist Mitglied des Aufsichtsrats des Jerusalem Center of Public Affairs, dessen Vorsitzender er 12 Jahre lang war. Erstveröffentlichung bei unserem Partnerblog Heplev.

 

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Autor: fischerde
Bild Quelle:


Montag, 08 Juli 2013

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