Der anhaltende Einfluss der Nazis auf arabische Einstellungen

Der anhaltende Einfluss der Nazis auf arabische Einstellungen


Der anhaltende Einfluss der Nazis auf arabische Einstellungen

Dr. Manfred Gerstenfeld interviewt Dr. Matthias Küntzel

Bedeutende Elemente des Einflusses Nazideutschlands auf den Nahen Osten haben bis heute Bestand. Dies beeinflusst auch die derzeitigen Konflikte in der Region.

Im Sommer 1937 machte Großbritannien den Vorschlag, Palästina in einen kleinen jüdischen und einen erheblich größeren arabisch-muslimischen Staat aufzuteilen. Dieser sogenannte „Peel“-Plan alarmierte die Naziführung in Berlin: Von nun an begann man in großem Maßstab Geld zu investieren und Propaganda zu verbreiten, um die Araber gegen die Juden aufzuhetzen. So steckten die Nazis in Ägypten mehr Geld in die Muslimbruderschaft, als in jede andere antibritische Gruppe. In Palästina wurde gleichzeitig der Mufti Hadj Amin el-Husseini mit Geld und Waffen versorgt.

Mitte der Dreißigerjahre waren die moderaten arabischen Kräfte, die mit dem Zionismus auszukommen suchten, noch keineswegs marginalisiert. Dies änderte sich, nachdem die Nazis ihr Gewicht in die Waagschale der Islamisten geworfen hatten. Der Mufti konnte im „arabischen Aufstand“ von 1936-39 die moderaten Palästinenser durch Terror aufreiben oder vertreiben. Die ägyptischen Muslimbrüder wiederum nutzten die Zusammenstöße in Palästina für antisemitische Kampagnen und wurden hierdurch erst zu einer Massenorganisation. Ihre Mitgliederzahl stieg von 800 im Jahr 1936 auf 200.000 im Jahr 1938 steil an.

Im April 1939 begann Deutschland antisemitische Propaganda auf Arabisch, Persisch, Türkisch und Hindi zu verbreiten. Der Kurzwellensender Radio Zeesen war in der arabischen Welt besser als jeder andere Sender zu empfangen. Die Programme, die der Sender von 1939 bis 1945 täglich ausstrahlte, waren professionell gemacht. Antisemitische Hetzbeiträge wurden geschickt mit Zitaten aus dem Koran und arabischen Musikbeiträgen vermischt. Die Alliierten des Zweiten Weltkriegs wurden als von „Juden“ abhängige Mächte gezeichnet und „Juden“ zugleich als die schlimmsten Feindes des Islam attackiert: „Der Jude ist ein Feind und ihn zu töten erfreut Allah.“ Die Nazipropaganda knüpfte also an den im Islam vorhandenen Judenhass an, um ihn zu radikalisieren.

Verschiedene Aussagen aus dieser Zeit deuten darauf hin, dass diese Sendungen weithin angehört wurden. Ein arabischer Informant erzählte der Jewish Agency, dass er am 7. Oktober 1939 in Jaffa „an einem Café vorbeikam und eine deutsche Sendung hörte. Um das Café herum standen Araber – auch auf den umliegenden Balkons – und hörten der Übertragung zu.“

Der iranische Schriftsteller Amir Cheheltan schrieb, es sei üblich gewesen, dass Passanten auf den Bürgersteigen vor den Teehäusern in Teheran standen, um den Berichten in Radio Zeesen über die Geländegewinne der deutschen Armee zu lauschen. Er schrieb: „Die Berichte inspirierten die Phantasie der Menge auf der Straße, denn jeder Sieg entsprach einer Niederlage der Kolonialmächte Sowjetunion und Großbritannien, den sie bejubelte und beklatschte.“

Radio Zeesen trug auf diese Weise dazu bei, dass ein immer größerer Teil der arabischen Welt den Nahostkonflikt durch die antisemitische Brille der Nazis zu betrachten begann. Als Nazideutschland 1945 besiegt war, befanden sich dessen wichtigste Agenten im Nahen Osten auf dem Höhepunkt ihrer Macht. So verfügten die Muslimbrüder nach 1945 in Ägypten über 500.000 Mitglieder. 1946 bereiteten sie dem Mufti von Jerusalem, Amin el Husseini einen begeisterten Empfang. Sie bezeichneten ihn als „Helden, der mit der Hilfe Hitlers … gegen den Zionismus kämpfte“ und erklärten: „Deutschland und Hitler sind nicht mehr, aber Amin al-Husseini wird den Kampf fortsetzen.“

Die Haltung der ägyptischen Muslimbrüder und des Mufti spielten eine maßgebliche Rolle bei der arabischen Ablehnung des UNO-Teilungsplans für Palästina. Dasselbe galt für den Ausbruch des Kriegs 1948, dessen Hauptziel die Vernichtung Israels war. Ihr Ursprung ist im Antisemitismus zu finden, den Deutschland zwischen 1938 und 1945 systematisch verbreitet und den Amin el-Husseini und der Muslimbruderschaft zwischen 1946 und 1948 weiter geschürt hatten.

Die Kontinuität eines vom Nationalsozialismus inspirierten Denkens lässt sich auch anhand zahlreicher anderer Indizien belegen. Viele antisemitische arabische Karikaturen ähneln denen der Nazizeit. Es gibt zahlreiche Ausgaben von Hitlers „Mein Kampf“ mit der begleitenden Verehrung Hitlers. Man trifft regelmäßig auf die Leugnung des Holocaust oder die Befürwortung eines neuen im Nahen Osten.

Dennoch wird bis heute der Nazi-Einfluss auf jene Region von der internationalen Nahost- und Islamforschung in der Regel ignoriert – auch in Deutschland. Radio Zeesen ist ein Thema, das von staatlich finanzierten deutschen Instituten wie z.B. dem „Zentrum für Antisemitismusforschung“ oder dem „Zentrum Moderner Orient“ ignoriert werden.

Küntzel schließt: Offenbar gilt das Axiom, dass die israelische Politik den Antisemitismus in der Region verursacht haben muss und niemand sonst. Was diesem Postulat der „political correctness“ – „Israel ist schuld!“ – widerspricht, wird gar nicht erst ins Blickfeld genommen. Dies ist nicht einfach Ignoranz. Es geht um eine aktive, bewusste, zielgerichtete Ignoranz – um die Korruption von Wissenschaft.

Dr. Manfred Gerstenfeld ist Mitglied des Aufsichtsrats des Jerusalem Center of Public Affairs, dessen Vorsitzender er 12 Jahre lang war. Dr. Matthias Küntzel ist ein deutscher Politikwissenschaftler und Autor zahlreicher Bücher.1 Eines davon behandelt Jihad und Antisemitismus. Er lebt in Hamburg. - Erstveröffentlicht bei unserem Partnerblog Heplev.

 

Dr. Matthias Küntzel bei haOlam.de:

 

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Autor: fischerde
Bild Quelle:


Mittwoch, 04 Dezember 2013

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