Von Abbas ist keine Unterschrift zu erwarten

Von Abbas ist keine Unterschrift zu erwarten


Von Abbas ist keine Unterschrift zu erwarten

von Shlomo Avivneri, Haaretz, 18.02.14

Als Ministerpräsident traf sich Ehud Olmert 36 (oder waren es 37?) Mal mit dem Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas, ohne ein Abkommen mit ihm zu erreichen. Doch das hielt ihn nicht davon ab, in einem Fernsehinterview vor kurzem zu sagen, dass er Abbas sicher für einen Partner für eine Vereinbarung hält.

Olmert war bereit, weiter zu gehen als jeder andere israelische Regierungschef vor ihm, um den palästinensischen Forderungen entgegenzukommen, einschließlich der Fragen bezüglich Jerusalems, des Jordantals und eines möglichen Gebietsaustausches. Er bot an, 70 000 Siedler zu evakuieren und in einer humanitären Geste 5000 palästinensischen Flüchtlingen (oder deren Nachkommen) die Rückkehr zu ermöglichen. Dies unterstrich seine Überzeugung, dass Israel schmerzhafte Kompromisse eingehen müsse, und sein Mut und seine Entschlossenheit waren angesichts seiner politischen Vergangenheit bewundernswert.

Doch was war das Ergebnis all dieser Bemühungen? Olmert bot Abbas Dutzende Male an, ein Dokument mit den israelischen Konzessionen zu unterzeichnen, doch dieser weigerte sich. Olmert erklärt dies so, dass Abbas weder ja noch nein gesagt habe. Dies erscheint besonders lächerlich: indem er die Unterschrift verweigerte, sagte Abbas eindeutig nein.
Abbas war offensichtlich nicht bereit, irgendetwas einzuräumen, aber er war in der Lage, Olmert zu weitreichenden Konzessionen zu bringen, nur um dann die Verhandlungen zu unterbrechen. In der Folge heißt dies, dass bei einem Neubeginn der Verhandlungen die Palästinenser darauf bestehen, dort zu beginnen, wo man aufgehört habe – wobei der Startpunkt in den israelischen Positionen liegt, die in Olmerts großzügigem Angebot liegen, ohne dass die andere Seite irgendwelche Zugeständnisse gemacht hätte.

Interpretiere ich die Dinge falsch? Genau dasselbe geschah 1995 in den Verhandlungen Yossi Beilins mit Abbas. Auch damals führten die Gespräche zu extensiven Zugeständnissen Israels; auch damals wollte die israelische Seite die Punkte schriftlich und abschließend vereinbaren – und auch damals weigerte sich Abbas zu unterschreiben. Es gab nie ein Beilin-Abbas-Abkommen. Es gab nur ein Papier, das die israelischen Zugeständnisse festhielt.

In Camp David hatte der damalige US-Präsident Bill Clinton genug von dieser Methode und wandte sich ungeduldig an Yassir Arafat, der bis dahin jedes Angebot zurückgewiesen hatte. Vielleicht machen Sie selbst ein Angebot, schlug Clinton Arafat vor. Aber ein Vorschlag von palästinensischer Seite lag nie auf dem Tisch.

Die Palästinenser haben niemals eine umfassende Vorstellung eines Abkommens dargelegt, abgesehen natürlich bezüglich territorialer Fragen. Aber in Punkten, die für Israel von entscheidender Bedeutung sind – Verzicht auf das Rückkehrrecht, irgendeine Form der Anerkennung Israels als jüdischen Staat – wies die palästinensische Führung eindeutig die israelische Position zurück. Auch wenn Abbas verkündete, er persönlich habe kein Interesse daran, nach Safed zurückzukehren, erklärte er auch, dass die Palästinenser das Recht auf Rückkehr nicht aufgeben könnten, weil es ein „individuelles Recht“ sei. Sowohl Abbas als auch sein Chefunterhändler Saeb Erekat verweigerten sich den Rufen nach einer Anerkennung Israels als jüdischem Nationalstaat und beriefen sich auf die grundlegende palästinensische Position, dass Juden eine Religionsgemeinschaft und keine Nation seien.

Abbas Weigerung, eine Vereinbarung mit Olmert oder Beilin zu unterzeichnen, birgt eine klare Implikation: nicht etwa, dass er kein Verhandlungspartner ist, sondern dass er ein hervorragender Verhandlungspartner ist – solange die Verhandlungen dazu dienen, Israel mehr und mehr Zugeständnisse abzuverlangen und diese schriftlich festzuhalten. Dann wird er unter irgendeinem Vorwand die Unterschrift verweigern und die Verhandlungen zum Stillstand bringen, so dass sie in Zukunft beim letzten Stand wieder aufgenommen werden: einschließlich der Zugeständnisse Israels und ohne, dass die palästinensische Seite etwas beigetragen hätte.

In bestimmten Kreisen wird es heute in Israel als Häresie angesehen, irgendetwas Positives über Ehud Barak zu sagen. Aber er zog die richtige Schlussfolgerung aus alldem. Seine Aussage, dass er im Jahr 2000 nach Camp David ging, um Arafats wahres Gesicht zu zeigen, mag von manchen skeptisch gesehen werden. Er ging mit der ernsthaften Überzeugung zu dem Gipfel, dass seine Bereitschaft, deutliche Konzessionen zu machen, die seine politische Stellung gefährdeten, Früchte tragen würde. Aber als er sah, dass die Palästinenser sich anschickten, nichts zu tun, als durch die Verhandlungen mehr und mehr israelische Zugeständnisse herauszuquetschen, ohne im Gegenzug ihrerseits etwas beizutragen, zog er die angemessenen Schlussfolgerungen.

Man kann Olmert und Beilin verstehen: es ist normal, dass jene, die verhandeln, sich so innig mit dem Verhandlungsprozess identifizieren, dass sie unbedingt einen Erfolg erzielen wollen. Aber sie können oder werden nicht sehen, was jeder unbeteiligte Beobachter sehen kann, auch wenn die Sicht schlecht und unbequem ist. (Um ganz ehrlich zu sein: auch mir fällt es schwer, weil ich viel lieber dem Optimismus Olmerts und Beilins folgen würde, der aber nicht in der Wirklichkeit wurzelt.)

Wenn also in den laufenden Verhandlungen etwas Ähnliches geschieht, sollte Israel bereit für eine Alternative zu dem endlosen, nicht-fassbaren und umfassenden Abkommen sein: ein ernsthafter Vorschlag für ein Interims- oder Teilabkommen, unilaterale Handlungen, ein Siedlungstopp in den Gebieten, und den Willen anzuerkennen, dass selbst in Ermangelung eines abschließenden Abkommens, das den Konflikt offiziell beendet, Dinge getan werden können, die die Spannung abbauen und sichtbare Veränderung bringen – nicht nur in Israel, sondern auch im Mainstream der palästinensischen Nationalbewegung. Auf Zypern, im Kosovo und in Bosnien geschieht das schon. Vielleicht ist dies – für den Moment – alles, was zu tun bleibt.

 

Der Autor ist Politologe und Historiker und lehrt an der Hebräischen Universität Jerusalem. / Newsletter der Botschaft des Staates Israel in Berlin

 

 

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Autor: fischerde
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Sonntag, 02 März 2014

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