Einen Traktor und Strafverteidiger für Broder!

Einen Traktor und Strafverteidiger für Broder!


Einen Traktor und Strafverteidiger für Broder!

Für meinen Artikel “Broder bis Woelki” zitierte ich aus einem Mailverkehr zwischen Henryk M. Broder und der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Der Mailverkehr sollte mit der Veröffentlichung des Berichts noch lange nicht vorbei sein. Der Verkehr ging weiter. Und wie er weiterging!

Wenn ich alles richtig verstanden habe, so will der Vorsitzende der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Prof. Dr. Jürgen Wilhelm, Henryk M. Broder einen Strafverteidiger empfehlen, sollte Broder einen Traktor mieten und damit die sogenannte “Kölner Klagemauer” vor dem Kölner Dom über den Haufen fahren. “Nur zu”, sagt Prof. Dr. Jürgen Wilhelm zu der Idee!

Das ist mal ein Angebot! Ich setze noch einen drauf: Sollte die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit den Strafverteidiger sogar bezahlen, werde ich für die Miete des Traktors aufkommen. Deal?

Tapfer im Nirgendwo veröffentlicht hier das ganze Gespräch. Viel Spaß!

***

Sehr geehrter Herr Meier,

wie ich höre, wird Kardinal Woelki bei der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit einen Vortrag über Besinnung und Ermutigung auf dem Weg jüdisch-christlicher Begegnung halten. Das halte ich für eine ausgezeichnete Idee, die hoffentlich dazu beitragen wird, dass unsere christlichen Mitbürger uns bald das verzeihen werden, was sie uns antun mussten, um den Tod Jesu’ zu vergelten.

Darf ich in diesem Zusammenhang eine Bitte an Sie richten? Könnten sie Kardinal Woelki fragen, was er auf dem Weg jüdisch-christlicher Begegnung gegen die “Klagemauer” direkt vor seiner Kirche unternommen hat, deren Urheber seit Jahren antisemitische Hetze verbreitet? Oder planen Sie, Walter Herrmann zu einem Vortrag über die Wege jüdisch-christlicher Begegnung einzuladen?

Mit besten Grüßen
Henryk Broder

***

Sehr geehrter Herr Broder,

mein Geschäftsführer, Herr Dr. Meier, hat mir Ihre Mail weitergeleitet. Da die “Woche der
Brüderlichkeit” eine in ganz Deutschland stattfindende Veranstaltung der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit ist, dürfte es an sich nicht verwundern, wenn wir – nach jahrzehntelanger Auszeit – das neue Oberhaupt der katholischen Kirche des Erzbistums Köln um einen Vortrag bitten. Nachdem wir in den früheren Jahren Rolf Hochhuth, Walter Jens, Hilde Domin, Navid Kermani und viele andere Schriftsteller, Intellektuelle und Publizisten für einen Beitrag haben gewinnen können, (die übrigens sämtlich publiziert sind), war es nach den ermutigenden Äußerungen von Kardinal Woelki zu vielen aktuellen politischen Problemen an der Zeit, ihn einzuladen. Wir freuen uns, dass er zugesagt hat. Sie sind herzlich eingeladen!

Was nun die unsägliche “Klagemauer” betrifft, können sich weder die katholische Kirche noch unsere Kölnische Gesellschaft, auch wenn sie die größte Deutschlands ist, über die rechtliche Situation hinwegsetzen. Ich könnte Ihnen Bände und Aktenordner zusenden, die belegen, dass wir, die Stadt Köln, die katholische Kirche und viele andere uns seit Jahren bemühen, diesen Schandfleck zu entfernen. Es gelingt juristisch nicht.

Unsere Veranstaltung in der kommenden Woche mit Kardinal Woelki hat damit gar nichts zu tun.

Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Jürgen Wilhelm

***

Sehr geehrter Herr Wilhelm,

das sehe ich ein. Auch gegen die Nürnberger Gesetze waren seinerzeit alle machtlos, die katholische und die evangelische Kirche, der Bund Deutscher Mädel, die Gemeinschaft Kraft durch Freude, der NS-Rechtwahrerbund, der Reichsnährstand und nicht zuletzt die NSDAP. Gesetz ist Gesetz, da kann man nix machen. Nicht mal eine kleine Mahnwache neben der “Klagemauer”, dazu fehlt sowohl der katholischen kirche wie der GFCJZ offenbar nicht nur der Wille, sondern auch das Personal.

Bitte richten Sie Kardinal Woelki einen herzlichen Gruß von mir aus und sagen Sie ihm, dass ich demnächst eine alternative Klagemauer auf der Domplatte aufbauen werde – über die Verbrechen der katholischen Kirche, von der Zeit der Inquisition bis zum Kindesmissbrauch in Erziehungsanstalten und Klöstern in den letzten Jahren und Jahrzehnten. Bin sehr gespannt, wie lange sich die Kirche so etwas direkt vor ihrer Haustür bieten lässt.

Weiterhin alles Gute bei ihrer segensreichen Arbeit im Dienste der Aussöhnung,
b. in b.

***

Sehr geehrter Herr Broder,

ich teile Ihre grundsätzliche Kritik an der vermeintlich unpolitischen Justiz, die ja in Wahrheit häufig eine politische ist. Aber was sollen wir tun? Ihr Vorschlag einer Mahnwache gegen die Mahnwache ist originell, verschaffte aber dem Schandfleck erneute mediale Beachtung. Und wer findet genügend Menschen, die das über eine lange Zeit durchhalten?

Und ja, die Vergehen und Verbrechen der Christlichen Kirchen sind legendär. Wer wüßte das nicht, und wer bestreitet es heute noch? Aber einen Schandfleck, deren Inhalte wir zu bekämpfen versuchen und die wir verachten, mit einer Mahnwache des von Ihnen vorgeschlagenen historischen Inhalts zu füllen, wäre kontraproduktiv.

Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Jürgen Wilhelm,
Vorsitzender

***

Sehr geehrter Herr Wilhelm,

ja, das sehe ich auch so. Der mangelnde Widerstand gegen Adolf Hitler und seiner Kohorten entsprang auch der Überlegung, er könnte sich als “kontraproduktiv” erweisen.
Dafür wird heute umso heftiger “den Anfängen gewehrt”, vor allem, wenn es vollkommen risikolos los, also in Aufrufen und Sonntagsreden. Eine
“Gegenmahnwache” würde da perfekt ins Programm passen. Aber wenn Ihnen die Idee zu lasch, zu unverbindlich und vor allem “kontraproduktiv” ist, ich hätte da noch was im Angebot: Wie wäre es, wenn Sie einen Traktor
mieten und die “Klagemauer” plattmachen? So etwas würde keine zwei Minuten dauern, Sie müssten sich allerdings auf ein längeres Verfahren wegen Sachbeschädigung einstellen.

Herr Woelki könnte mitmachen oder zumindest die Aktion mit einer
Predigt moralisch unterstützen. Oder wäre das auch kontraproduktiv?

Das, was in Köln seit Jahren auf der Domplatte stattfindet und von der Stadt, den Parteien, den Kirchen, der Justiz und Vereinen wie der GfCJZ geduldet wird, wäre in jeder anderen deutschen Stadt nach spätestens einer Woche zu Ende. Ein Beleg mehr, wie versifft und verkommen Köln ist, das einen durchgeknallten Antisemiten gewähren lässt. Weiter so!

Henryk Broder

***

Sehr geehrter Herr Broder,

Sie werden Verständnis dafür aufbringen, dass ich nach Ihrem wortgewaltigen Gewaltausbruch und Rundumschlag unsere Korrespondenz nicht fortsetze. Nur noch das: Wenn Ihnen das Wegräumen mit einem Traktor als kluge Idee erscheint. Nur zu! Da ich Rechtsanwalt bin, könnte ich Ihnen einen guten
Strafverteidiger benennen. Den werden Sie danach brauchen.

Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Jürgen Wilhelm

***

Ich bin untröstlich, Herr Wilhelm, es fing grade an, Spaß zu machen.
“Wortgewaltiger Gewaltausbruch” ist übrigens Unsinn. Ich glaube, Sie haben ein Pleonasmus-Problem.

Henryk Broder

 

Lesen Sie hierzu auch:


Autor: joerg
Bild Quelle:


Dienstag, 19 Mai 2015

Waren diese Infos wertvoll für Sie?

Sie können uns Danke sagen. Geben Sie einen beliebigen Betrag zurück und zeigen Sie damit, wie viel Ihnen der Inhalt wert ist.




empfohlene Artikel
weitere Artikel von: joerg

Folgen Sie und auf:


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage