Obama-Bilanz: Über die Politik des Augenblicks hinaus

Obama-Bilanz:

Über die Politik des Augenblicks hinaus


Fast sieben Jahre sind vergangen, seit Präsident Barack Obama das Amt übernahm und – mit großem Trara – eine neue Nahostpolitik der USA vorstellte. Was ist in dieser Zeit erreicht worden? Was bleibt von der Vision, die Obama in seiner Rede in Kairo umriss? Was ist vom Nahen Osten übrig, der existierte, als Obama an die Macht kam (ein Naher Osten, der Außenminister John Kerry sehr vertraut war)? Sehr wenig.

Über die Politik des Augenblicks hinaus

von Dror Eydar, Israel haYom, 7. Dezember 2015

Nur ein Land im Nahen Osten bleibt stabil – Israel, Gott sei Dank. Die Wahrheit muss gesagt werden: Israel ist gerade deshalb stabil geblieben, weil es den Rat des Weißen Hauses nicht angenommen hat, obwohl dieser Rat auf echter Sorge um Israels Zukunft als „jüdischer und demokratischer Staat“ gründete.

Der islamische Terrorismus erhob sein übles Haupt letzte Woche in San Bernardino, aber Kerry lehnte es ab vom israelisch-palästinensischen Konflikt abgelenkt zu werden. „Es wird immer einen Grund geben nicht zu handeln“, sagte er am Samstag. Aus Kerrys Sicht muss Israel jetzt „handeln“. Warum? Haben die Araber in unserer Gegend sich zum Besseren verändert? Nein. Syrien und der Irak sind in Bürgerkriegen kollabiert. Der Libanon ist ein Pulverfass, das kurz davor steht von einer iranisch-schiitischen Flamme entzündet zu werden. Ägypten durchlief in drei Jahren zwei Revolutionen und Jordanien überlebt nur aufgrund israelischer und amerikanischer Hilfe. Die Gruppe Islamischer Saat verbreitet sich über die Welt. Und die Türkei flirtet mit Visionen eines neuen osmanischen Reichs, was direkt mit den Visionen eines neuen zaristischen Imperium des russischen Präsidenten Wladimir Putin kollidiert. Reicht das an Verrücktheit noch nicht? Wenn es je einen „Grund gab nicht zu handeln“, dann liefert ihn die aktuelle globale geopolitischer Realität.

Die Linke in Israel und den USA spricht von „Hoffnung“, die in Wirklichkeit Verzweiflung ist. Linke in beiden Ländern ziehen Wunschdenken einem korrekten Lesen der Wirklichkeit vor. Israel hat genug Führungskräfte, die glauben, sie sollten den Kurs der Geschichte ändern. „Sie vergaßen maßvoll zu sein“, schrieb Albert Camus in seinem Buch „Die Pest“.

Das binäre Denken, an das wir uns so gewöhnt haben – „zwei Staaten“ oder „ein Staat“ – ist simplistisch und katastrophal. Wie die Dinge aktuell stehen, sind die Araber, die dort leben, was die Römer „Palästina“ nannten, in vier verschiedene politische Einheiten geteilt – Israel, Jordanien, den Gazastreifen und die PA. Glaubt irgendjemand wirklich, dass die Hamas die Macht im Gazastreifen abgeben wird? Und wird die haschemitische Monarchie in Jordanien immer in der Lage sein die palästinensische Mehrheitsbevölkerung des Landes unter Kontrolle zu halten? Geografische „Genies“ in Washington (und den israelischen Medien) zeichnen beliebig neue Landkarten und gehen davon aus, dass die Wirklichkeit sich ihnen anpassen wird. Aber unsere Weisen lehrten uns, dass wir unsere Arbeit nicht beenden müssen, selbst wenn uns nicht erlaubt wird von ihr abzulassen.

Der „Pest-Dialog“ der letzten Jahrzehnte hat eine psychologische Fixierung geschaffen, von der wir uns kaum befreien können, selbst wenn sie nichts mit der Realität zu tun hat. Kerry sorgt sich um Israels Demografie? Wir auch. Aber die jüdische Geburtenrate in Israel ist vielleicht die einzige der westlichen Welt, die einen kontinuierlichen Aufwärtstrend zeigt. Die historische Ironie besteht darin, dass unsere Feinde unbeabsichtigt diesen Prozess der Rückkehr des jüdischen Volks nach Zion unterstützen.

Kerry forderte uns auf „über die Politik und den Druck des Augenblicks hinauszusehen und in die Zukunft zu blicken“. Stimmt haargenau. Das ist der Kern der Rückkehr nach Zion – über die Politik des Augenblicks hinaus zu sehen.

 

Übersetzt von Heplev

 


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Sonntag, 13 Dezember 2015