Kann das Modell Dubai Araber anspornen?

Kann das Modell Dubai Araber anspornen?


DUBAI - In einer Zeit von Bürgerkrieg, Anarchie, Extremismus und Verarmung im Nahen Osten stechen die Stadtstaaten Dubai und Abu Dhabi als die Orte heraus, in denen Arabischsprechende eine Blütezeit, Innovation und das Angebot eines Modells zum Voranschreiten erleben.

Kann das Modell Dubai Araber anspornen?

von Prof. Dr. DanielPipes, Asia Times

Aber geht das auf Dauer? Ich besuchte vor kurzem die Vereinigten Arabischen Emirate, um Antworten zu suchen.

Zunächst ein paar grundlegende Fakten: Einst nannten die britischen Imperialisten sie die Trucial States[1]; diese bestanden aus sieben kleinen Monarchien am Persischen Golf. Beim Abzug der Briten schlossen sie sich 1971 zusammen und bildeten einen Staatenbund.

Das Land ist doppelt gesegnet: Öl und Gas im Überfluss, dazu eine kluge und wirtschaftlich gesinnte Gruppe Staatslenker. Ersteres gibt dem Land immense Ressourcen, das zweite bringt ihm Sicherheit, hält es frei von ideologischem Extremismus und gibt ihm einen Fokus auf die Wirtschaft. Im Ergebnis sieht es wie ein prinzipiell glücklicher Ort aus und fühlt sich auch so an, besonders da das Los der Gastarbeiter sich bessert.

Für mich ist das vielleicht bemerkenswerteste Kennzeichen der VAE die Warenumschlagqualität von Dubai, das einer nahöstlichen Version Hong Kongs ähnelt. Mich beeindruckte außerdem der innovative religiöse Geist (wo sonst findet man Gebetsräume, die nach Geschlechtern getrennt sind?[2]) und die kulturelle Verspieltheit (der Bau von Eigentumswohnungen, die jemenitischen Hochhäusern ähneln; das Tragen traditioneller Kleidung an einem und westlicher am nächsten Tag).

Aber zählen wir auf, wo das Land verletzbar ist:

Demographie: Infolge des phänomenalen Wachstums bei der Immigration, hat sich die Bevölkerung der VAE in rund neun Jahren auf fast 10 Millionen verdoppelt, was sie weit größer als Nachbarstaaten wie Oman und Kuwait macht. Nur etwa einer von neun Einwohnern ist Staatsangehöriger; die anderen acht sind Expatriates[3], von denen 55 Prozent aus Südasien kommen. Sie sind aktuell zwar ruhig, aber man kann sich ihre Unzufriedenheit und rebellisches Verhalten vorstellen, sollten die guten Zeiten enden.

Wirtschaft: Infolge von Fracking, dem Nachlassen der chinesischen Wirtschaft und anderer Faktoren sind die Öleinnahmen seit 2010 von $75 Milliarden auf $48 Milliarden zurückgegangen. Selbst in einem Land mit etwa einer Billion US-Dollar an Reserven tut dieser Trend weh, besonders, wenn er sich viele Jahre fortsetzen sollte.

Umwelt: Dubai hat die erstaunliche Statistik 98,8 Prozent seines Wassers durch Entsalzung zu gewinnen, während die VAE den weltweit höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Wasser haben. Offensichtlich macht dies das Land außergewöhnlich anfällig für Wasserkrisen.

Regional: Die VAE liegen etwa 650km entfernt vom Irak, 160km vom Iran und haben eine Grenze zu Saudi-Arabien; damit könnte jemand so leicht in sie einmarschieren, sie besetzen und annektieren wie es Saddam Husseins Irak vor 25 Jahren mit Kuwait machte. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass der Schah des Iran 1971 kurz vor der Unabhängigkeit drei Inseln der VAE besetzte.

Sunnitischer Islam: Obwohl die Machhaber den einheimischen Extremismus fest unter Kontrolle hielten, bleibt er vorhanden, wartet auf den rechten Augenblick, auf eine Möglichkeit, um sich zu schlagen.

Die Herrscher sind sich dieser Gefahren äußerst bewusst; sie haben deshalb zwei intelligente Strategien entwickelt. Eine verbindet das Land über Sportveranstaltungen (ich war während eines Formel-1-Rennens dort),kulturelle Beziehungen (ich nahm an einem Gespräch am Abu Dhabi-Campus der New York University teil), Tourismus (s. mein Selfie auf dem höchsten Gebäude der Welt) und internationale Organisationen (gerade hat die International Renewable Energy Agency - IRENA[4] - in Abu Dhabi ihre Tore geöffnet) mit der Außenwelt. Zusammengenommen senden diese Aktivitäten ein Signal, dass die VAE nicht nur ein verwöhnter, maßlos künstlicher Ort ist, sondern einer, der danach strebt etwas beizutragen sowie zu konsumieren, der Unterstützung verdient.

Die zweite Strategie besteht in der zarten Kunst der Kompromisse. Außenpolitisch bedeutet dies, dass man nicht den total antiiranischen Fokus der Saudis, auch nicht den total Anti-Muslimbruderschaft-Fokus der Ägypter übernimmt, sondern die beiden ausbalanciert. Es bedeutet auch, dass man eine israelische Gesandtschaft bei IRENA akzeptiert, aber darauf besteht, dass diese keine größere Bedeutung hat.

Innenpolitisch bedeutet Kompromiss, dass man erlaubt Spirituosenläden zu betreiben, diese aber unter falschen Namen versteckt und für den Kauf von Alkohol eine Erlaubnis der Polizei fordert. Es bedeutet auch Schilder in Hotels, die Bikinis gestatten, aber öffentliche Zuneigungsbekundungen verbieten.

n einer Zeit der Bürgerkriege in Libyen, im Jemen, Syrien und dem Irak, der islamistischen Herrschaft in der Türkei und dem Iran und einer heraufziehenden Katastrophe in Ägypten, Jordanien und Pakistan bieten die kleinen, privilegierten Emirate einen Weg in die Zukunft, der auf Globalisierung und Kompromiss basiert. Werden andere das beherzigen? Werden sie die vielen vor ihnen liegenden Gefahren überleben?

Ich hoffe es, denn die VAE bieten in einer Region einen Weg in die Zukunft an, die genau das dringend braucht.

 

 

Daniel Pipes (www.DanielPipes.org) ist Präsident des Middle East Forum. © 2015 by Daniel Pipes. Alle Rechte vorbehalten / Übersetzt von H. Eiteneier - Foto: Skyline von Dubai (Foto: von Steven Lek (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons)


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Sonntag, 10 Januar 2016