Parallelwelt Links: Die Verteidigung des Wahns

Parallelwelt Links: Die Verteidigung des Wahns


Wie verstehen die uffjeklärten Milieus, also die selbsternannten Eliten in Medien, Partei und Staat, die realexistierende Wirklichkeit?

Parallelwelt Links: Die Verteidigung des Wahns

von Ramiro Fulano


Auf diese Frage gibt es zwei Antworten: eine lange und eine kurze. Die kurze Antwort lautet: Sie verstehen sie nicht. Oder zumindest nur in dem Maße, in dem sie alles, was ihr einmal etabliertes Weltbild stört, ignorieren können. Mit der langen Antwort beschäftigt sich der Rest dieses Artikels.


Die ungeschickten und im Großen und Ganzen missglückten Bemühungen interessierter Stellen, die unbequemen Folgen der deutschen Einwanderungspolitik zu leugnen, kleinzureden, zu kaschieren und zu relativieren werfen einmal mehr die Frage nach dem prekären Bezug des linksalternativen Establishments zur Wirklichkeit auf.


Insbesondere die von den Staatsmedien unternommenen Versuche, alle Bürgerinnen und Bürger zu pathologisieren, die mit der staatlich verordneten Einheitsmeinung nicht einverstanden sind (indem man ihnen „Angst“ vor irgendwas oder irgendwem unterstellt) sind eine besonders infame, perfide und skrupellose Manipulation, die dem demokratischen Diskurs selbstverständlich nicht zuträglich sein wird (und das eventuell auch nicht sein soll).


Für die Art und Weise, in der das progressive Bewusstsein sich sein Weltbild zusammenzimmert, ist bezeichnend, dass es empirische Fakten nur in einer reduzierten, instrumentellen Funktion nutzt: als Hängematte, in der es sich mental von der Wirklichkeit ausruhen und erholen kann – und nicht etwa als Sprungbrett zu neuen Ideen. 
Das ist nicht nur faul und träge, sondern das ist vor allem ein Erbe des klassischen deutschen Idealismus („Die Welt als Wille und Vorstellung“, Leipzig 1819) und hat schon einmal in den Untergang geführt. 


Sehen wir uns das an einem beliebig gewählten Beispiel an (zahllose weitere ließen sich finden): Als am Neujahrsabend tausend Menschen „nordafrikanischen oder arabischen Aussehens“ massenhaft Jagd auf

Kölnerinnen und Kölner machten, sah die Linke nur „Sexismus und Rassismus“ am Werk. 
Das ist so, als würde man eine Tüte Chips sehen und behaupten, man hätte „Ernährung und Konsum“ gesehen – bloß leider nicht so appetitlich. Und natürlich wäre es dumm, Übergewicht bekämpfen zu wollen, indem man gegen „Ernährung und Konsum“ protestiert. Das versteht jeder, nur nicht die Linke. 
Die Wirklichkeit auf Abstrakta zu reduzieren, ist an sich nicht schlimm. Aber wenn die Abstrakta die Phänomene einer konkret sehr vielfältigen Welt ersetzen und an ihre Stelle treten sollen, wird es prekär. Ich möchte an dieser Stelle nicht von Wahnsinn reden, denn diese Diagnose sollte der Branche vorbehalten bleiben, die von ihren therapeutischen Dienstleistungen lebt. 
Auffallend finde ich bloß die in weiten Teilen der linksalternativen Szene entwickelte Bereitschaft, unbequeme Wahrheiten zum Verschwinden zu bringen, indem man sie verschweigt oder verallgemeinert. 
Angesichts der Frauenjagd vom Hauptbahnhof davon zu sprechen, auf dem Oktoberfest oder in den meisten Schlafzimmern ginge es auch nicht anders zu, kann ja nicht wirklich aus der empirischen Beobachtung von tatsächlich vorhandenen Zustände abgeleitet sein; mal abgesehen von den Zuständen im Kopf von Claudia Roth und ähnlichen Figuren.


Auf dem letzten Oktoberfest kamen in zwei Wochen 140 Anzeigen wegen sexueller Übergriffe zusammen, in Köln 600 in nicht mal acht Stunden. Und in den allermeisten Schlafzimmern tummeln sich selbst nach redlichem Bemühen wohl kaum mehr als tausend Täter auf einmal. 
Das allein zeigt bereits, wie haltlos dieser schiefe Vergleich ist. Aber mal abgesehen davon waren die Hälfte der Opfer Männer. Was einmal mehr belegt, dass es um den Wahrheitsanspruch nicht gut bestellt sein kann, wenn man das alles unter der Rubrik „Gewalt gegen Frauen“ einordnet, liebe FeministInnen jederlei Geschlechts. 


Natürlich kann man alle Fakten so weit verallgemeinern, bis sich aus ihnen keine vernünftigen Schlüsse mehr ableiten lassen. Aber ist das nicht so, als dürfte man sich gefälligst nicht über einen Wolkenbruch beklagen, solange Nieselregen existiert? Inklusive jenes penetrant-autoritären Tonfalls, in dem die selbernannten Bastionen sozialer Gerechtigkeit zu solchen Anlässen gerne reden…


Mit Intelligenz hat Eure Wahrnehmung der Wirklichkeit leider nichts zu tun, liebe uffjeklärte Milieus, denn Intelligenz basiert nicht zuletzt auf Differenzierung. Welchen Sinn aber hat die Dummheit des Staates?


Das linksalternative Establishment weiß, dass es die Probleme, die es mit seiner krautigen Politik geschaffen hat, nicht vom Tisch schaffen kann (und das vielleicht auch gar nicht möchte). Deshalb kehrt es den Dreck unter den Teppich – das ist ein lukrativer Job und irgendwer muss ihn machen!


Aber selbst wenn man zum Thema nur einen instrumentellen Bezug hat, wenn einem das Leid des Menschen egal ist und man sich an der Diskussion nur beteiligt, weil man wider alle Empirie auch noch Recht behalten möchte, muss die Verdrängung der Fakten auf Dauer doch ermüdend sein.
Zum anderen geistert vielleicht noch immer die Utopie durch den Kopf der einen oder anderen selbsternannten Feministin, die Täter von ihrem Sexismus zu heilen, indem man sie in Schutz zu nehmen versucht, sie also gewissermaßen tot oder wenigstens impotent kuschelt.  


Wenn man sich und anderen dabei auch noch vormachen kann, keine RassistIn zu sein, wird daraus offenbar ein emotional derartig griffiges Angebot, dass die uffjeklärte Szene nicht lange widerstehen kann (oder möchte).
Ich persönlich glaube an kein Motiv, das sich nicht durch ein primitiveres ersetzen lässt. Eitelkeit ist ziemlich primitiv, aber letztlich geht es auch dabei um Macht; in diesem Fall um diese postmodern-anämische Deutungs- und Diskurmacht. Oder gemeinverständlich ausgedrückt: Es geht darum, Recht zu behalten (auch wenn man es nicht hat) und den Bestimmer zu spielen (wider bessere Vernunft). 


In dieser Funktion, als selbsternannte Ordnungshüter, versucht die Linke sich in den Verkehr der öffentlichen Ansichten und Meinungen einzubringen, und scheitert kläglich an der Wirklichkeit. Fakten können sehr widerspenstig sein.
Sie unternehmen zwar alles dafür, dass es ihnen nicht bewusst wird, aber sogar die Staatsmedien ahnen, dass sie gegen die Wirklichkeit nur einen Pyrrhussieg davontragen können. Je bedrohlicher diese Ahnung für sie wird, desto aggressiver fallen ihre Abwehrversuche aus. Um den eigenen Wahn zu verteidigen, sind der politischen Kaste alle Mittel recht.


Gerade die deutschen Grünen sondern derzeit offensichtlich ganz besonders viele McCarthy-artige Gedankenpolizisten ab. Steht denn bei den Leuten vom alternativen Hypothekenhügel tatsächlich so viel auf dem Spiel? 


Aus der Verteidigung des Wahns basiert vor allem die von offiziellen Medien gerne beschworene Zivilgesellschaft der „anständigen Deutschen“: Selbsternannte Hexenjäger, die jeden sinnvollen Bezug zur Wirklichkeit sabotieren wollen, weil sie die Welt nicht so ertragen, wie sie ist, sondern weil sie die Wirklichkeit so zu goutieren wünschen, wie sie ihrer subjektiven Meinung nach sein sollte – wenn es sein muss (und meist muss es sein) gegen den Wunsch der meisten anderen Menschen.


Diese kleine, extremistische Minderheit muss man in ihre Schranken weisen und ihr sagen: Das Leben ist kein Wunschkonzert. Wer auf der Ebene hehrer Abstrakta („Friede!“, „Freude!“, „Eierkuchen!“) verkehrt, weil er die empirischen Fakten und die mit ihnen verbundenen Mühen der Ebene nicht verdauen kann, sollte sich überlegen, ob er oder sie nicht im nächstgelegenen „safe space“ besser aufgehoben ist.


Altmodisch nannte man einen „safe space“ übrigens eine geschlossene Anstalt und aus irgendeinem Grund sind die Studierenden vieler ordentlicher Universitäten momentan wie verrückt nach „safe space“. Und sie bleiben sich treu: Einmal in Amt und Würden, am liebsten bei Vater Staat, hängen diese Riesenbabys an ihrem politisierten Spießeridyll wie der Junkie an der Nadel. 
Aber solange zwischen der Kaffeemaschine und der Sansevierie noch genug Platz für ein Poster von „Emma“ oder „konkret“ ist, kann man zumindest versuchen, die KollegInnen jederlei Geschlechts über die längst eingetretene Verspießerung hinwegzutäuschen – nur sich selbst vermutlich nicht. 


Voilà, die Beamtenheere der sogenannten Zivilgesellschaft, die Soldatinnen und Soldaten von Vater Staat, die für ihren Brötchengeber auf die Straße gehen, wenn es um dessen moralische Legitimität brenzlig zu werden beginnt. Die haben wir zuletzt auf der Kölner Domplatte gesehen. 


Der Clou ist nicht etwa, dass diese Untertanen stets zu Diensten sind – sondern dass sie sich in ihrer peinlichen politischen Pose auch noch sozialrevolutionär wähnen. 


Und das ist leider mehr als bloß der Inbegriff der Lächerlichkeit. Denn für unbeteiligte Dritte kann der blinde Fleck der „linken“ Selbstwahrnehmung zum Fluch werden. Das haben die Ereignisse von Köln bewiesen, und noch viel traumatischere Ereignisse könnten diesem traurigen Kapitel folgen.


Aber für das linksalternative Establishment ist sein Wahn ein Segen: Es merkt nichts von seinem Irresein, solange es „nur“ auf Kosten Dritter geschieht
 


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Freitag, 15 Januar 2016