Die letzte (?) Ohrfeige der scheidenden US-Regierung gegen Israel

Die letzte (?) Ohrfeige der scheidenden US-Regierung gegen Israel


Die Enthaltung der USA bei der Abstimmung zur Resolution 2334 des UN Sicherheitsrates am 23.12.2016 als auch die Rede des US Außenministers John Kerry über den Nahostkonflikt im Allgemeinen und die Siedlungen im Besonderen wenige Tage später, sind weniger der letzte Versuch der scheidenden US-Regierung, Israel anhand gleicher Werte zur Vernunft zu bringen, sondern scheinen eher in den Rahmen der Abrechnung zu passen.

Die letzte (?) Ohrfeige der scheidenden US-Regierung gegen Israel

von Simon Pohl

 

US Präsident Barack Obama hatte schon früh, d.h. spätestens mit seiner berühmt-berüchtigten Kairoer Rede im Jahr 2009, deutlich gemacht, mit welchem Blickwinkel er die Siedlungs-Thematik betrachtet und zementierte während seiner Amtszeit beispiellos, was ihm bezüglich Israel das im Grunde einzig (sic!) wichtigste ist: die Gewährleistung und Verbesserung der Sicherheit Israels.

 

Fast schon unermüdlich diente letzteres als Beleg der Freundschaft und Großzügigkeit der US-Administration Obamas gegenüber Israel, während gegenüber den Siedlungen derart negativ Einfluss ausgeübt wurde, dass sich die Palästinenser ohne große Mühe im Recht sehen konnten und nicht weniger zu fordern brauchten, als das, was auch vom Weißen Haus aus zu hören wie lesen war. Grundlegende Details die die Siedlungen betreffen, schien dabei niemanden zu interessieren. Das zeigt nicht nur die UNSC-RES 2334, sondern auch John Kerry´s umfangreiche Bemühung der Rechtfertigung der Enthaltung bei der Abstimmung in seiner Rede am 28.12.2016.

 

Sein Argument für die Enthaltung war es u.a., dass die Ägypter, die Palästinenser und viele andere verstanden, „dass wenn der Text ausgeglichener ist, es möglich ist, dass wir ihn nicht blockieren.“ Also wurde das Interesse der USA beigefügt, damit der Weg frei ist. Oder wie John Kerry es ausdrückte: „Doch wir konnten mit gutem Gewissen, eine Resolution nicht mit einem Veto belegen, die Gewalt und Anstiftung verurteilt […].“

 

Die palästinensische Seite hat zwar seit Jahrzehnten aktiv bewiesen, was sie von der Beendigung der über Generationen hinweg anhaltenden Aufhetzung, Verleumdung und dem vielfältig betriebenen Geschichtsrevisionismus hält, doch für Kerry war es wichtig, dieses Lippengeständnis seitens der Palästinenser im Text vorzufinden. Dabei wissen die Palästinenser, dass sie keine negativen Konsequenzen erheischt, wenn sie mit genau diesen Maßnahmen fortfahren.

 

Während Israel durch die RES 2334 unumwunden diskreditiert ist, feiern die Palästinenser unter der Führung von Abbas den Sieg ihrer Strategie, sich solange auf der internationalen Ebene zu beschweren, bis ihnen nachgegeben wird. John Kerry verdeutlichte mit seiner Rede die Täuschung, diese Resolution, genauer die Enthaltung der USA bei der Abstimmung, trüge keine strategischen Implikationen in sich. Die immense Einleitung seiner Rede ist derart von der Schilderung guter Absichten geprägt, dass man sich an die Naivität des scheidenden Außenministers zu Zeiten des Beginns der US-geführten Friedensverhandlungen im Juli 2013 erinnert. Da stand Kerry noch im Benjamin Franklin Esszimmer im Außenministerium und sagte voll des Optimismus: "Unser Ziel wird es sein, ein endgültiges Abkommen im Verlauf der nächsten 9 Monate zu erreichen."

 

Der hochrangige Journalist der Jerusalem Post Herb Keinon fasste die Tragik dieser von den USA tatsächlich exzessiv betriebenen Friedensverhandlungen zusammen: "Die Hoffnung galt einer endgültigen Vereinbarung in 9 Monaten, dann wurde sie zu einer bescheidenen Rahmenvereinbarung und nun nur noch für einen Rahmen, um mit den Gesprächen fortzufahren." (Quelle: ´Lowering the bar´, Herb Keinon, Jerusalem Post daily, 10. Januar 2014) Die Palästinenser hatten sich bei internationalen Organisationen eingetragen und Israel stellte die Freilassung der letzten Welle Häftlinge an die Bedingung, mit den Gesprächen fortzufahren.

 

Die Bemühungen der USA waren damit vergebens, denn die Konfliktparteien rieben sich gegenseitig auf. Die Enttäuschung der USA im allgemeinen und der Kerry´s im Besonderen war groß. Mit ihrem Bestreben hatte die US-Administration unter Obama schlichtweg nicht bemerkt, dass der Boden für Friedensverhandlungen nicht durch den Druck, sich gemeinsam an den Tisch zu setzen, geschaffen ist, sondern genau umgekehrt durch Veränderungen vor Ort, die erst als Einladung hin zu Friedensgesprächen dienlich sind.

 

Doch statt dieser tragisch wie nüchternen Einsicht sagte Kerry: "Leider wurden die Häftlinge nicht wie vorgesehen am Samstag, freigelassen. Ein Tag verging. Ein zweiter Tag verging. Ein dritter Tag verging. Und dann am Abend, wenn sie vielleicht dazu gekommen wären [eine Vereinbarung zur Fortführung der Gespräche zu erzielen, S.P.], wurden 700 [neue, S.P.] Siedlungseinheiten in Jerusalem [im Bezirk Gilo, S.P.] bekannt gegeben und puff…das war einer dieser Momente." Die Enthaltung der USA bei der Abstimmung zur UNSC-RES 2334 als auch Kerry´s Rede schlagen evident in dieselbe Presche, bzw. legen die wesentlichste Konnotation auf die Siedlungen. Und das obwohl diese Resolution kaum einseitiger sein kann, wenn sie im Kapitel 1 erneut bekräftigt „dass die Gründung von Siedlungen durch Israel in den palästinensischen Gebieten, die seit 1967 besetzt sind, einschließlich Ost-Jerusalem, keine Rechtsgültigkeit besitzt […].“ Als wäre das nicht schon genug für die Frage nach der tatsächlichen historischen Gesetzmäßigkeit der Siedlungen, bekräftigt Kapitel 2 der Resolution „die Forderung das Israel unverzüglich und vollständig alle Siedlungsaktivitäten in besetzten palästinensischen Gebieten, einschließlich Ost-Jerusalem, einzustellen hat und die diesbezüglichen rechtlichen Verpflichtungen vollständig akzeptiert“.

 

Allein historisch ist der Frage nach der Legitimität der Siedlungen ein anderer Rahmen gesetzt. Es gibt einige Unterscheidungen -besetzte/umstrittene/private Gebiete zum Beispiel- die die internationale Gemeinschaft so wenig ins Kalkül zieht wie die US-Regierung unter Obama, geschweigedenn die Palästinenser. Einerseits verweist die Frage, ob das jeweilige Land illegal besiedelt wurde auf die Frage nach dem letzten Souverän und die anzuwendende Rechtssprechung. Großbritannien, Jordanien und Israel haben sich hierfür bei den infrage stehenden Gebieten die Rechtssprechung des Osmanischen Reiches zunutze gemacht.

 

Die Landgesetze von 1858 besagen, dass das jeweilige Land an den Souverän zurückgeht, wenn darauf keine Steuern gezahlt wurden. Welche Ländereien rechtmäßig abgekauft wurden, kommt ebenfalls nicht zur Sprache. Selbst das die Frage nach den Ländereien des palästinensischen Staates laut den Oslo-Vereinbarungen erst (sic!) in den endgültigen Verhandlungen zu klären ist und die Frage ihres Verbleibs demgemäß noch überhaupt nicht geklärt ist, spielt für die in-eins-mischende Diskreditierung der UNSC-RES 2334 so wenig eine Rolle wie für den US-Außenminister. Am immer wieder verheerendsten dieser Gleichmacherei ist aber auch, dass von der Frage nach dem „palästinensischen Souverän“ abgelenkt wird. Die Palästinenser bezeugen Jahr um Jahr, dass es diesen Souverän nicht gibt, der mit Israel in Verhandlung treten könnte.

 

Denn der PA Präsident Abbas, der machtbeflissen alles daransetzt, seine eigene Linie, die mit keiner Seite ausreichend d´accord geht, durchzuringen, ist ausschließlich (sic!) vom Bestreben in diese Position gehoben, diesen Konflikt zu lösen. Das es ihm im besonderen und der Fatah und der PLO im allgemeinen nie gelungen ist, so etwas wie staatliche Souveränität überhaupt umzusetzen, ganz zu schweigen davon das sie evident nicht daran interessiert zu sein scheinen, ist ein weiteres folgenschweres Problem für mögliche Friedensverhandlungen.

 

Desweiteren kann die palästinensische Seite mit einer ruchlosen Taktik fortfahren, die es einerseits auf der israelischen Seite in dem Maße nichteinmal im Ansatz gibt und andererseits die Feindschaft aktiv nährt und beflügelt: Anstiftung, Hetze, Verleumdung, Geschichtsrevisionismus, Verschwörung und religiöse Befeuerung des Konflikts. Die Palästinenser sind dafür nie zur Rechenschaft gezogen worden. Was interessiert es sie also, dass die Verurteilung dieser Angelegenheiten in einer Resolution des oberstens UN-Gremiums auftaucht, die die Verurteilung der Maßnahmen der Gegenseite zum Inhalt hat? Kerry verschweigt in seiner Rede selbst die Folgenlosigkeit: „

 

Wir haben den Palästinensern gegenüber immerwieder und emphatisch betont, dass jegliche Anstiftung zur Gewalt aufhören muss.“ Druck durch Strafandrohungen hat es allerdings leider nie gegeben. Bei all der Beschwichtigung und Rechtfertigung die Kerry in seiner Rede offenkundig betreibt, fällt auch auf, dass er seine eigene Vorgehensweise vor Jahren nicht hinterfragt hat.

 

Es ging ihm schlicht um das Ganze: die Bewältigung des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Man warf zu der Zeit berechtigt ein, dafür fehle es an den Verhältnissen vor Ort. Nun redete er davon, mit Schritten vor Ort zu beginnen, sprich dem „Transfer größerer ziviler Authorität an die Palästinenser im C-Gebiet“, als sei das damals nicht relevant gewesen. Das Israel allein letztes Jahr solcherlei Schritte übernommen hat, wie bspw. dass die Palästinenser ihre Post nun direkt erhalten (09/2016), der Errichtung eines Industrieparks in Jericho (09/2016), die Überlassung der Verteilung der Elektrizität (09/2016) und die Verdoppelung der Wasserzufuhr (2015/2016) spricht Kerry nicht an. Auch das der Auslöser der letzten Terrorwelle, nämlich Paranoia, zeigt, was die fast omnipotente Aufhetzung seitens der palästinensischen Führung anrichtet, findet bei ihm keinen Eingang.

 

Die US-Administration schien keinen durchgreifenden Moment des Zweifelns zu haben. Scheiterten die guten Absichten, war nicht die eigene Projektion inadäquat, sondern das Verhalten der Konfliktparteien. Oder in John Kerry´s Worten: „Am Ende glaube ich, dass die Verhandlungen nicht scheiterten weil die Kluft zu groß war, sondern weil das Vertrauen zu klein war." Doch was von der UNSC-RES 2334 und Kerry´s Rede bleibt ist nicht die Frage, wie Vertrauen geschaffen werden kann, wenn bspw. Kindern im palästinensischen TV fortwährend beigebracht wird, dass das gesamte Gebiet Israels den Palästinensern gehört und die Juden von Grund auf böse sind. Sondern dass die Siedlungen den zukünftigen palästinensischen Staat immermehr unmöglich machen. Eben ganz so, als hätte es nie Evakuierungen von Siedlungen gegeben. Aber der Gazastreifen ist tatsächlich judenrein – dank dem „Bulldozer“ Ariel Sharon.

 

 

Foto: Obama und Kerry beim plauschen (Foto: von The White House from Washington, DC (P102109PS-0280) [Public domain], via Wikimedia Commons - bearbeitet/betextet von haOlam.de)


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Dienstag, 10 Januar 2017