`Gaza - ist das ein Leben? ´: Neue AgitProp bei Arte gegen Israel

`Gaza - ist das ein Leben? ´:

Neue AgitProp bei Arte gegen Israel


Verschiedene zivilgesellschaftliche Organisationen, Vereine und Einzelpersonen - darunter der Zentralrat der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch u.a. - haben sich mit einem Offenen Brief an die Geschäftsführung von Arte Deutschland gewandt.

Neue AgitProp bei Arte gegen Israel

Der gemeinsame Brief kritisiert die Veröffentlichung der Dokumentation „Gaza: Ist das ein Leben?” durch Arte, da diese stark durch Einseitigkeit geprägt sei und Israel die alleinige Schuld an der Situation in Gaza zuweise. Dies sei vor allem dadurch zu erkennen, dass die Dokumentation in weiten Strecken eine Kontextualisierung der Gesamtsituation in Gaza unterlasse. So werde beispielsweise die radikal-islamische Hamas als regierende Partei in Gaza nicht erwähnt und Israel im militärischen Konflikt in Gaza 2014 als Aggressor dargestellt, ohne den Raketenbeschuss aus Gaza auf israelisches Territorium zu erwähnen. Die Dokumentation weise „eklatante journalistische Mängel“ auf und verbreite ein stark verzerrtes und dämonisierendes Bild von Israel. Höchst fragwürdig sei zudem die Verbindungen der Autorin und ihres Teams zu dem Online-Portal „Electronic Intifada“. Bereits der Name suggeriere eine Unterstützung für die gezielte Tötung israelischer Zivilisten.

 

Die Unterzeichner*innen fordern Arte auf, die Dokumentation „unter seriösen journalistischen Gesichtspunkten zu überarbeiten oder die Veröffentlichung zurückzuziehen“. Zudem insistieren sie auf eine Stellungnahme, wie es zu dieser „eklatanten Fehlleistung“ kommen konnte.

 

Dazu kommentierte die Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus e. V. (JFDA) Lala Süsskind: 


„Gerade im Kontext der Diskussion um die Arte-Dokumentation ‚Ausgegrenzt und ausgewählt – Der Hass auf Juden in Europa‘ waren wir über die verzerrende Darstellung der Dokumentation ‚Gaza: ist das ein Leben?‘ erschrocken. Während im ersten Fall eine gesellschaftliche Diskussion entstand, die vermeintlichen Schwächen der Dokumentation in einer Talkshow diskutiert wurden und der WDR sich gezwungen sah den Film nur mit kritischen Einblendungen sowie einem ‘Faktencheck’ zu veröffentlichen, ist in diesem Fall keine einzige Verlautbarung wahrzunehmen. Es drängt sich zwangsläufig der Eindruck auf, dass beim Thema Antisemitismus und Israel mit zweierlei Maß gemessen wird.“ Abschließend fordert Süsskind: „Die Dokumentation 'Gaza: ist das ein Leben?' ist unter journalistischen Gesichtspunkten inakzeptabel. Wir fordern Arte daher auf, die Dokumentation grundlegend zu überarbeiten oder ihre Veröffentlichung zurückzuziehen.“

 

 


Offener Brief an Arte Deutschland

Sehr geehrter Herr Bergmann,


sehr geehrter Herr Dr. Nievelstein,
wir begrüßen es prinzipiell sehr, wenn sich der Sender Arte im Rahmen einer Fernsehdokumentation mit der Situation im Nahen Osten sachlich auseinandersetzt. Umso stärker bedauern wir, dass die am Samstag, den 22.07.2017 in “Arte Reportage” ausgestrahlte Dokumentation “Gaza: Ist das ein Leben?” stark durch Einseitigkeit geprägt ist und den Zuschauerinnen und Zuschauern entscheidende Informationen vorenthält. Wir möchten Ihnen unsere Sichtweise im Folgenden detailliert erläutern.


Die Autorin der Dokumentation, Anne Paq, sowie eine weitere Person ihres Regie-Teams schreiben auch für das Online-Portal „Electronic Intifada“ [1] [2]. Die „Electronic Intifada“ verbreitet nach Kriterien der Arbeitsdefinition Antisemitismus des European Centre on Racism and Xenophobia [3] vielfach antisemitische Propaganda [4] [5] [6]. Bereits der Name „Electronic Intifada“ suggeriert eine Unterstützung für die gezielte Tötung israelischer Zivilisten. Aus unserer Sicht diskreditiert eine solche Verbindung jegliche seriöse journalistische Arbeit.


Gleich zu Beginn der Dokumentation wird auf 2250 Menschen hingewiesen, „die beim Angriff Israels auf den Gaza-Streifen vor drei Jahren starben“ [Minute 01:31]. Nicht erwähnt wird, dass sich unter diesen Palästinenserinnen und Palästinensern 850 Kombattanten befanden [7]. Ebenso wenig findet die Tatsache Erwähnung, dass die Hamas Menschen als Schutzschilde missbrauchte und somit massiv zu den Opferzahlen beigetragen hat [8]. Im Satz darauf wird behauptet, dass „Gaza nach dem Willen der israelischen Politik nur an drei bis vier Stunden pro Tag Strom hat“ [1:35]. Es wird dabei außer Acht gelassen, dass erst vor kurzem auf Bitten der Palästinensischen Autonomiebehörde die Stromversorgung in Gaza reduziert wurde [9]. Ebenso verbreitet die Dokumentation die Falschinformation, Gaza sei “einer der am stärksten überbevölkerten Orte weltweit” [1:58]. Es existieren jedoch zahlreiche Metropolen die eine ebenso hohe oder sogar höhere Bevölkerungsdichte aufweisen [10].


Im weiteren Verlauf der Dokumentation wird analysiert: „Die Belagerung lähmt die Wirtschaft, 80 % der Leute hier überleben nur durch Hilfe von außen.“ [02:40]. Erneut unterlässt die Dokumentation eine Kontextualisierung, die verdeutlicht, dass die Regierung der Hamas durch Korruption, Arbeitsplatzvergabe nach politischer Gesinnung und Veruntreuung von internationalen Hilfsgeldern zu militärischen Zwecken die missliche wirtschaftliche Lage in Gaza maßgeblich mitbedingt [11] [12].


Darüber hinaus heißt es in der Dokumentation in Bezug auf die militärische Auseinandersetzung in Gaza 2014: „Durch israelische Bomben verloren 142 Familien drei oder mehr ihrer Mitglieder. Es war der brutalste Angriff Israels auf das palästinensische Volk seit 1967, als Israel den Gaza-Streifen besetzte“ [11:14]. An dieser Stelle wird das Bild der alleinigen Schuld Israels an den militärischen Auseinandersetzungen gezeichnet. Die Tatsache, dass Israel damit auf intensiven Raketenbeschuss aus dem Gaza-Streifen reagierte, wird verschwiegen [13]. Ebenso wird suggeriert, dass Israels Militäraktionen sich gegen das palästinensische Volk als Ganzes richte und nicht etwa gegen die militärische Infrastruktur der Hamas. Schließlich wird im Zuge des historischen Vergleichs nicht erwähnt, dass der Sechstagekrieg durch die massive Bedrohung arabischer Staaten gegenüber Israel maßgeblich mitverursacht wurde [14].


Schließlich präsentiert die Dokumentation einen Palästinenser, der Gaza in Richtung Istanbul verlassen möchte, da es in Gaza Parks und Tanzmöglichkeiten ebenso wenig gäbe wie Strom [12:15]. Er fügt hinzu: „Das ist die Belagerung, die schnürt uns die Luft ab“ [12:25]. Für fehlende Tanzmöglichkeiten in Gaza eine “Belagerung” verantwortlich zu machen, entbehrt nicht nur jeder Logik, sondern verschweigt, dass die radikal-islamische Hamas die Kulturpolitik in Gaza verwaltet. 


Neben den fehlenden Einordnungen der Gesamtsituation in Gaza, zu der auch die Nichterwähnung der radikal-islamischen Hamas zählt, fällt die Dokumentation auch dadurch auf, dass sie keine israelische Stimme zu den reichlich vorhandenen Vorwürfen gegen Israel zu Wort kommen lässt. Dies wäre im Sinne einer ausgeglichenen Darstellung der Situation jedoch dringend geboten gewesen.


Mit großer Bestürzung müssen wir daher konstatieren, dass die Dokumentation „Gaza: Ist das ein Leben?“ eklatante journalistische Mängel aufweist und letztlich ein stark verzerrtes und Israel dämonisierendes Bild verbreitet. Sie vermittelt insgesamt den Eindruck, Israel sei alleinig an der wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Situation in Gaza Schuld.


Wir fordern Sie daher dazu auf, die Dokumentation unter seriösen journalistischen Gesichtspunkten zu überarbeiten oder die Veröffentlichung zurückzuziehen. Zudem erwarten wir eine Stellungnahme von Ihnen, wie es zu einer solch eklatanten Fehlleistung kommen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
 
Unterstützer*innen


Amadeu Antonio Stiftung
Bundesvorstand des Jungen Forums der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V.
Deutsch-Israelische Gesellschaft Berlin und Brandenburg e.V.
Dr. h. c. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern
Honestly Concerned e. V.
Ibn Rushd-Goethe Moschee
ILI  – I Like Israel e. V.
Jüdischen Gemeinde zu Halle (Saale)
Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e. V.
Landesverband Jüdischer Gemeinden Sachsen-Anhalt
Michael Scherer, Vorstand Aktion 3. Welt Saar
Mideast Freedom Forum (MFFB)
Nahost Friedensforum (NAFFO)
Präsidium der Deutsch-Israelischen Gesellschaft e.V.
Prof. Dr. Julius H. Schoeps, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam
Scholars for Peace in the Middle East (SPME)
Unabhängige Synagogengemeinde Berlin – Bet Haskala e. V.
Verein der Sächsischen Israelfreunde e. V.
Zentralrat der Juden in Deutschland

Fußnoten: 


[1] Anne Paq: https://electronicintifada.net/people/anne-paq 
[2] Ezz Zanoun: https://electronicintifada.net/people/ezz-zanoun
[3] http://www.antisem.eu/eumc-arbeitsdefinition-antisemitismus/   
[4] https://electronicintifada.net/blogs/ali-abunimah/nazi-genocide-and-girls-bikinis-failing-sell-israel-experts-say 
[5]https://electronicintifada.net/blogs/ali-abunimah/israel-boycott-part-global-anti-racist-struggle
[6] https://electronicintifada.net/content/international-jewish-network-condemns-israel-and-zionism/862
[7] http://www.tagesspiegel.de/politik/un-bericht-zum-gaza-krieg-2014-israelis-und-palaestinenser-begingen-zahlreiche-kriegsverbrechen/11952388.html
[8] https://www.unrwa.org/newsroom/press-releases/unrwa-condemns-placement-rockets-second-time-one-its-schools  
[9] https://www.tagesschau.de/ausland/gaza-strom-israel-101.html 
[10] http://www.sueddeutsche.de/politik/nahostkonflikt-neun-fakten-ueber-den-alltag-im-gazastreifen-1.2068820 
[11] http://www.spiegel.de/politik/ausland/gazastreifen-hungern-gegen-die-hamas-a-1098203.html 
[12] http://www.taz.de/!5329105/ 
[13] http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-07/raketen-tel-aviv-hamas-gazastreifen 
[14] http://www.bpb.de/apuz/30496/der-sechstagekrieg 


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Dienstag, 01 August 2017