Frankreich: Eine sich zersetzende Zivilisation

Frankreich: Eine sich zersetzende Zivilisation


Frankreich steht kurz vor dem Gedenken an die Opfer der Terroranschläge vom 13. November 2015. Was wurde in den zwei Jahren seit den Anschlägen erreicht?

Frankreich: Eine sich zersetzende Zivilisation
  • Die Behörden und Eliten Frankreichs zerreißen Stück für Stück das historische, religiöse und kulturelle Erbe des Landes, so dass am Ende nichts mehr übrig bleibt. Eine Nation, die ihrer Identität beraubt ist, wird feststellen müssen, dass ihre innere Kraft gebrochen ist.
  • Kein französischer Terrorist, der zum Köpfe abschneiden nach Syrien gereist ist, hat seine Staatsbürgerschaft verloren. Die Zeitschrift Charlie Hebdo erhält jetzt neue Morddrohungen, und keine größere französische Publikation brachte ihre Solidarität mit ihren ermordeten Kollegen zum Ausdruck, indem sie islamische Karikaturen zeichnete. Viele der französischen Intelligenzia wurden wegen angeblicher "Islamophobie" vor Gericht geschleppt.
  • Das Martyrium von Pater Jacques Hamel in den Händen der Islamisten ist bereits in Vergessenheit geraten; der Ort des Massakers wartet noch immer auf einen Besuch von Papst Franziskus als Zeichen des Mitgefühls und der Achtung.
  • Frankreich "opferte die Opfer, um den Kampf gegen die Mörder zu vermeiden". - Shmuel Trigano, Soziologe.

 

von Giulio Meotti, Gatestone Institute

Die französischen Behörden gewähren den mehr als 2.500 Opfern der Dschihad-Angriffe in Paris und Saint-Denis eine Entschädigung in Höhe von 64 Millionen Euro. Wichtige Siege wurden auch durch Anti-Terror-Kräfte errungen. Nach einer Umfrage der Wochenzeitung L' Express wurden in den letzten zwei Jahren 32 Terroranschläge vereitelt, 625 Schusswaffen beschlagnahmt, 4.457 Dschihadistenverdächtige durchsucht und 752 Personen unter Hausarrest gestellt. Aber der allgemeine Eindruck ist der eines "von innen her fragilen" Landes.

 

Der spanische antifaschistische Journalist Manuel Chaves Nogales flüchtete 1939 nach Frankreich, wo er den Zusammenbruch der Französischen Republik unter dem deutschen Angriff erlebte. Sein Buch, die Todesangst Frankreichs, hätte auch heute geschrieben werden können. Nogales schrieb, während die deutschen Soldaten durch Paris marschierten, strömten die Franzosen aus den Kinos, "zur rechten Zeit für den Apéritif im Bistro".

 

Nachdem im vergangenen Monat in Marseille zwei französische Mädchen von einem Islamisten ermordet wurden, schreibt der Kommentator Mathieu Bock-Côté, dass Frankreich "einen Prozess des nationalen und zivilisatorischen Zerfalls erlebt, den die Behörden zu begleiten und moderieren beschlossen haben, ohne zu behaupten, ihn zu bekämpfen und zu beseitigen, als sei er unvermeidlich". Er scheint es richtig verstanden zu haben.

 

Der vorige französische Präsident François Hollande versuchte nicht einmal, wiedergewählt zu werden; sein Nachfolger, Emmanuel Macron, weigert sich, über den Islam zu sprechen und scheint die permanente Kapitulation vor Angst und Krisensituationen zu akzeptieren. Die französische Armee versäumte es, Raqqa, Syrien, wie sie nach den Anschlägen versprochen hatte, zu befreien. "Frankreich wird ISIS zerstören", sagte Hollande nach dem Gemetzel in Paris, aber es waren die amerikanischen und kurdischen Streitkräfte, die die Hauptstadt des islamischen Staates de facto befreit haben. 15.000 französische Islamisten werden heute von den französischen Geheimdiensten überwacht. Einstweilen sind in den letzten zehn Jahren 40.000 Juden aus Frankreich geflohen.

Die Sicherheit der Franzosen ist nicht mehr gewährleistet. Islamistische Gewalt kann überall ausbrechen, gegen Uniformierte und gegen Nicht-Uniformierte. Alle französischen Bürger sind jetzt Ziele in einem Krieg, in dem für islamistische Terroristen alles erlaubt ist.

 

Im französischen Parlament werden "islamo-linke" Stimmen immer frecher. Die politische Klasse lenkt sich mit "inklusivem Schreiben" in der Schule ab, mit In-Vitro-Fertilisation für Singles und Schwule und sofort zu zahlenden Geldstrafen für "sexistische" Belästiger. Kein französischer Terrorist, der nach Syrien ging, um Köpfe abschneiden, verlor seine Staatsbürgerschaft. Die Zeitschrift Charlie Hebdo erhält neue Todesdrohungen; keine größere französische Publikation brachte ihre Solidarität mit ihren ermordeten Kollegen zum Ausdruck, indem sie islamische Karikaturen druckte. Die Angehörigen der Opfer veröffentlichten Bücher mit dem Titel Ihr werdet meinen Hass nicht kriegen ("Vois n'aurez pas ma haine") . Viele der französischen Intelligenzia wurden wegen angeblicher "Islamophobie" vor Gericht gezerrt.

 

Inzwischen wurde keine islamistische Enklave innerhalb der säkularen Republik zurückerobert, und nur 19 salafistische Moscheen wurden geschlossen.

 

Das französische Parlament hat es vor kurzem für dringlich gehalten, der Politikerin Marine Le Pen die Immunität zu entziehen, nachdem sie Fotos von ISIS-Opfern, darunter auch die des US-Journalisten James Foley, getwittert hatte. "Daesh ist DAS HIER!" schrieb sie in einem Posting, das die Fotografien begleitet und verwendet das arabische Akronym für ISIS. Ein Land, das 250 Morde von ISIS erlitten hat, hat einer bereits unter Polizeischutz stehenden Führerin den politischen Schutz entzogen, weil sie Bilder von Opfern von ISIS verbreitet und damit die Tür für ihre Strafverfolgung geöffnet hat.

 

Das Martyrium von Pater Jacques Hamel durch die Hand von Islamisten ist vergessen; der Ort des Massakers wartet noch immer auf einen Besuch von Papst Franziskus als Zeichen des Mitgefühls und der Achtung. Französische Richter sind nun damit beschäftigt, christliche Symbole aus der Landschaft zu entfernen: Im vergangenen Monat wurde in Ploërmel angeordnet, dass das Kreuz über einer Statue von Papst Johannes Paul II. wegen angeblicher Verletzung der Trennung von Kirche und Staat entfernt werden müsse.

 

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat kürzlich den Hauptweihnachtsmarkt der Stadt wegen mangelnder Eleganz verboten. Die Behörden und Eliten Frankreichs zerreißen Stück für Stück das historische, religiöse und kulturelle Erbe des Landes, so dass am Ende nichts mehr übrig bleibt. Aber eine Nation, die ihrer Identität beraubt ist, wird feststellen müssen, dass ihre innere Kraft gebrochen ist. Samuel Pruvot, Journalist bei Famille Chrétienne ("Christliche Familie"), sagte kürzlich, dass das Christentum in Frankreich bald "in Museen" zu finden sein werde.

 

Die französische Kultur ist seit zwei Jahren von der "Stimmung des Endes der Welt" geprägt. Intellektuelle von links und rechts haben Essays über den "Selbstmord Frankreichs", seine "Dekadenz" und seine "unglückliche Identität" veröffentlicht. Das sind brillante und wichtige Einblicke in die aktuelle Situation der französischen Gesellschaft. Frankreich muss jetzt über die Trauer hinausgehen. Es muss Stärke zeigen - den Willen zu siegen.

Frankreich muss jetzt beginnen, den ideologischen Krieg zu kämpfen, der nach den Verhaftungen und der Beschlagnahme von Waffen der wichtigste ist. Wenn Frankreich das nicht tut, wird der 13. November 2015 als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem Frankreich, wie der Soziologe Shmuel Trigano sagte,"die Opfer geopfert hat, um den Kampf gegen die Mörder zu vermeiden".

 

 

 

Giulio Meotti, Kulturredaktor für Il Foglio, ist ein italienischer Journalist und Autor. - Übersetzt von Daniel Heiniger / Foto: Das Konzerthaus Bataclan in Paris war Ort eines islamistischen Massakers (Foto: By Céline from Dublin, Ireland (Bataclan - Paris) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons)


Autor:
Bild Quelle:


Donnerstag, 16 November 2017