Die Essener Tafel ist ein Ort des Bürgerkriegs

Die Essener Tafel ist ein Ort des Bürgerkriegs


„Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Essen nur für Deutsche. Migranten ausgeschlossen.“ Dies schrieb Sawsan Chebli via Twitter über die Essener Tafel. Sawsan Chebli ist seit Dezember 2016 Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales. Die Unterstützung bürgerschaftliches Engagements ist somit ihre Kernaufgabe.

Die Essener Tafel ist ein Ort des Bürgerkriegs

von Gerd Buurmann

 

Die Essener Tafel ist eine gemeinnützige Hilfsorganisationen, die Lebensmittel, welche im Wirtschaftskreislauf nicht mehr verwendet und ansonsten vernichtet werden würden, an Bedürftige verteilt. Die Tafel ist somit ein Beispiel für bürgerschaftliches Engagement. Wenn ausgerechnet die Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement die Essener Tafel öffentlich kritisiert, müssen die engagierten Bürgerinnen und Bürger dieser Tafel etwas schlimmes verbrochen haben. Sawsan Chebli kritisiert, dass die Essener Tafel nur Essen für Deutsche ausgibt und Migranten ausschließt. Das stimmt jedoch nicht! Das Gegenteil ist der Fall.

 

Die Essener Tafel wird mehrheitlich von Migranten frequentiert. Über zwei Drittel aller Menschen, die von der Essener Tafel Unterstützung erhalten, sind Migranten. Wie also kommt Sawsan Chebli dazu, diese Lüge über die Essener Tafel zu verbreiten? Ende Februar 2018 gab die Essener Tafel bekannt:

 

„Da Aufgrund der Flüchtlingszunahme in den letzten Jahre, der Anteil ausländischer Mitbürger bei unseren Kunden auf 75% angestiegen ist, sehen wir uns gezwungen um eine vernünftige Integration zu gewährleisten, zurzeit nur Kunden mit deutschem Personalausweis aufzunehmen.“

 

Begründet wurde die Entscheidung damit, immer mehr junge Kunden mit Migrationshintergrund hätten eine überdurchschnittlich hohe Aggressivität an den Tag gelegte, was dazu geführt hätte, dass immer mehr Bedürftige mit deutschem Pass der Essener Tafel fern geblieben sein sollen. Ein Verantwortlicher erklärte:

 

„Wir wollten erreichen, dass der Weg in die Tafel für alle wieder offen ist. Die deutsche Oma oder die alleinerziehende deutsche Mutter haben sich bei uns zuletzt nicht mehr wohlgefühlt. Der Aufnahmestopp ist nur eine vorübergehende Maßnahme und geht wahrscheinlich nicht über den Sommer hinaus.“

 

Die Essener Tafel führte somit lediglich eine vorübergehende Quote für Bedürftige mit deutschem Pass ein. Das heißt, Migranten werden ausdrücklich nicht ausgeschlossen, denn auch Migranten können im Besitz eines deutschen Passes und somit deutsche Staatsbürger sein. Es handelt sich somit nachweislich nicht um eine rassistische Entscheidung. Es ist auch lächerlich, ausgerechnet einer Organisation, die überwiegend Migranten hilft, Rassismus vorzuwerfen.

 

Man kann zu einer Quotenregelung stehen wie mal will, ich persönlich bin kein besonderer Freund davon, aber in Deutschland gilt sie als probates Mittel zur Herstellung einer gerechten Verteilung. Die SPD zum Beispiel beschloss im Jahr 1988 eine Frauenquote für Ämter und Mandate und erklärte im Jahr 1998, diese Quote müsse vierzig Prozent entsprechen.

 

Sawsan Chebli gehört genau dieser Partei an. Sie weiß, dass die SPD die Frauenquote deshalb unterstützt, weil sie auf der männlichen Seite der Gesellschaft besonders viel Aggressivität auszumachen glaubt und fest davon überzeugt ist, dass diese Aggressivität zu einer Benachteiligung von Frauen führt und deshalb mit einer Quote bekämpft gehört. Nichts anderes steht hinter der Entscheidung der Essener Tafel.

 

Sawsan Chebli hat somit eine falsche Nachricht über die Essener Tafel verbreitet. Diese Fake News spaltet die Gesellschaft nicht nur, sie hat sogar zu einem Anschlag gegen die Essener Tafel geführt. In der Nacht zum 25. Februar 2018 griffen Unbekannte die Essener Tafel an. Sie sprühten „Nazis“ und „Fuck Nazis“ an die Türen und Fahrzeuge der Essener Tafel.

 

Das muss man sich mal klar machen. Engagierte Männer und Frauen nutzen ihre freie Zeit, um ehrenamtlich überwiegend Migranten zu helfen und werden von der Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement verleumdet und müssen sogar erleben, wie sie angegriffen und als „Nazis“ beleidigt werden. Wenn das kein Grund dafür ist, dass Sawsan Chebli ihren Platz augenblicklich räumen muss, dann weiß ich nicht, was noch passieren soll.

 

In Deutschland gibt es zwei große Pfeiler, auf die sich der Sozialstaat stützt. Es gibt die staatliche Sozialhilfe und die private Wohltätigkeit. Mit der staatlichen Sozialhilfe wird ein großer Teil der sozialen Verantwortung an den Staat delegiert. Der Staat erhält das Recht, mit all seinen zur Verfügung stehenden Mitteln der Gewalt Geld von den Bürgerinnen und Bürgern zu erzwingen, um damit dann der Gemeinschaft zu dienen. Die private Wohltätigkeit wiederum basiert auf der freien Entscheidung der Bürgerinnen und Bürgern, mit den Mittel ihrer Wahl Menschen zu helfen.

 

Im Jahr 2017 nahm der Deutsche Staat 38,4 Milliarden Euro mehr ein. Wie ist es möglich, dass ein Sozialstaat mit 38,4 Milliarden Euro Überschuss nicht dafür sorgen kann, dass seine Bürgerinnen und Bürger nicht von einer Tafel abhängig sind? Wie ist es möglich, dass Deutschland zwar 38,4 Milliarden Euro Überschuss erwirtschaftet, aber nicht in der Lage ist, die Flüchtlinge und Migranten so zu versorgen, dass sie nicht zu einer Tafel gehen müssen?

 

Bei der Essener Tafel arbeiteten Männer und Frauen ehrenamtlich und kämpfen gegen die Probleme an, die die deutsche Politik zu verantworten hat. Wenn diese engagierten Menschen nun ausgerechnet von deutschen Politikerinnen und Politiker kritisiert werden und zwar in einer derart verleumderischen Form, dass eine Stimmung entsteht, in der sie angegriffen werden, weil sie zu „Nazis“ erklärt werden, dann ist das Maß der Unerträglichkeit erreicht. Dann läuft es mir eiskalt den Rücken runter.

 

Karl Lauterbach (SPD) schreibt:

 

 

Wie kann man nur so kalt, herzlos und bar jeglicher Empathie über die Ärmsten der Armen sprechen? Die Menschen, die der Essener Tafel fern bleiben, hassen Ausländer nicht! Sie ertragen es lediglich nicht mehr, dass sie kämpfen müssen, um von dem Staat, in dem sie leben und für den sie gearbeitet haben, wenigstens minimalste Hilfe zu bekommen. Diese Menschen kämpfen jeden Tag um den Erhalt ihrer Würde, weil der Staat nicht mehr in der Lage ist, ihnen Artikel 1 des Grundgesetzes zu garantieren. Diese vom Staat im Stich gelassenen Menschen haben niemals damit gerechnet, dass sie in ihrem Elend nun auch noch die Flüchtlingskrise bewältigen müssen.

 

Die Essener Tafel wurde nicht gegründet, um die Flüchtlingssituation zu meistern. Dennoch öffnete die Tafel wie selbstverständlich ihre Tore. Bis heute hilft sie bei der schwierigen Aufgabe zur Bewältigung der Flüchtlingskrise. Mittlerweile sind sogar über zwei Drittel aller Menschen, denen dort geholfen wird, Flüchtlinge und Migranten. Dabei war die Essener Tafel nicht als Organisation der Flüchtlingshilfe gegründet worden. Was aber machen deutsche Politiker und Politikerinnen wie Chebli und Lauterbach? Sie fallen den Helferinnen und Helfern und den hilfsbedürftigen Menschen in der Rücken.

 

Die Essener Tafel ist ein Ort des Bürgerkriegs geworden. Heute kämpfen dort Deutsche, Migranten und Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten um ihre Würde. Chebli und Lauterbach rührt das aber nicht. Sie verurteilen stattdessen die Ärmsten der Armen, die nicht mehr zur Tafel gehen, weil sie in all ihrem Elend in der Lage sind, mit ihren Ellenbogen gegen den Verdrängungswettbewerb anzugehen. Wie zynisch kann man eigentlich werden?

 

Chebli und Lauterbach leben in einem Wolkenkuckucksheim. Sie tragen weiße Hermeline, lustwandeln tagsüber in ihren ökologisch artgerechten Gärten und philosophieren abends bei Biowein und lokalem Walnussbrot darüber, was es bedeutet, ein gutes und gerechtes Leben zu führen. Sie schlürfen Austern und erklären, es gäbe keine Obergrenze des Machbaren. Wehe aber, es gibt Menschen, die sich weigern, die Zwangsarbeit ihres guten Gewissens zu leisten. Dann werden sie ungemütlich.

 

Den Preis für die Träumereien der Satten zahlen stets die Elenden.

 

Alles hat eine Obergrenze! Keine Organisation hat unendlich viel Kapazität und grenzenlose Möglichkeiten. Die Obergrenze liegt immer dort, wo man nicht mehr in der Lage ist, Hilfe zu gewährleisten. Für die Essener Tafel, die niemals angetreten ist, die Flüchtlingskrise zu meistern, ist die Obergrenze erreicht.

 

Wir reden hier übrigens teilweise von Flüchtlingen, die aus Kriegsgebieten kommen. Dort wurden sie traumatisiert und brutalisiert. Diesen Menschen kann die Essener Tafel überhaupt nicht helfen. Sie ist dafür gar nicht ausgebildet. Dazu braucht es hochspezialisierte Expertinnen und Experten, denn es geht um die Hilfe von durch Krieg und Zerstörung traumatisierten Menschen. Warum wird überhaupt zugelassen, dass sie mit den sozialen schwächsten Deutschen nicht nur konfrontiert, sondern in direkte Konkurrenz gesetzt werden? Wird Deutschland nur noch von zynischen, selbstverliebten und empathielosen Wolkenkuckucksprinzesinnen regiert?

 

Warum regt sich kein lautstarker Protest gegen all die Politikerinnen und Politiker, die die Frechheit besitzen, ausgerechnet die selbstlosen und hilfsbereiten Menschen zu verleumden, die ihre freie Zeit opfern, um anderen Menschen zu helfen? Diese engagierten Bürgerinnen und Bürger haben lediglich erklärt, dass die Obergrenze ihrer Fähigkeit zu helfen, erreicht ist. Das ist kein Verbrechen! Außerdem ist es die verfehlte Politik, die überhaupt erst dazu geführt hat, dass die hilfsbereiten Menschen der Essener Tafel brutal an ihre Grenzen gestoßen sind.

Sawsan Chebli und Karl Lauterbach verdammen engagierte Bürgerinnen und Bürger, weil sie an ihre Grenzen stoßen. Für diese Kaltschnäuzigkeit gehören sie entlassen!

 

 

Tapfer im Nirgendwo


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Sonntag, 25 Februar 2018