Ein junger Jude beschreibt sein Leben in Berlin-Wedding:

Ein junger Jude beschreibt sein Leben in Berlin-Wedding:


Ein Jugendlicher rennt durch die Straßen des Berliner Stadtteils Wedding. Er wird gejagt von einer Gruppe anderer Jugendlicher, die sind mit aufgeklappten Messern und Schlagstöcken bewaffnet haben. Nur knapp entkommt er seinen Verfolgern, die ihre Absicht nicht in die Tat umsetzen können. Der Grund für die Jagd: Der junge Mann ist Jude. In der Schule wird er deshalb ausgegrenzt, gemobbt, beleidigt und beschimpft. Nur wenn er in Begleitung von Freunden nach der Schule den Weg zurück nach Hause zurücklegt, kann er halbwegs sicher sein. Szenen aus Berlin - aus dem Berlin des Jahres 1933? Aus dem Berlin des Jahres 1940? Weder noch. Es sind Szenen aus dem Berlin der Gegenwart. In dem am 1. Oktoiber bei dtv erschienenen autobiographischen Buch beschreibt ein deutsch-iranischer Jude sein Leben im Wedding.

 

von Izi Aharon und Holger Raak

 

Autor des Buches "Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude" ist Arye Sharuz Shalicar, geschrieben wurde es vom Leben Der Autor beschreibt nüchtern, aber aufrüttelnd seinen Lebens- und auch Leidensweg im realen, von Migranten aus islamischen Ländern geprägten sogenannten Multi-Kulti-Stadtteil Wedding.

Die Eltern von Arye kommen aus dem Iran, wo noch Verwandte leben, so gewinnt der Leser durch wiedergegebene Erzählungen Einblicke in das Leben der persischen Juden im Iran - vom Leben im Ghetto, den Schickanierungen und Diskriminierungen. Geboren wird er im niedersächsischen Göttingen, die Familie zieht aber nach Berlin, zunächst in den eher bürgerlichen Stadtteil Spandau, wo Arye auch die ersten Schuljahre verbringt - ohne nennenswerte Probleme. Doch dann erfolgt der Umzug in den Wedding, einem der Berliner Stadtteile, die von muslimischen Zuwanderen geprägt sind. Hier herrschen Hass und Gewalt - Hass vor allem auf Israel und auf die Juden. Bislang hatte sich der Jugendliche kaum, bzw. gar nicht für seine Herkunft und seine jüdische Identität interessiert, auch die regelmäßigen Besuche bei Verwandten in Israel änderten daran nichts. Als jedoch zunächst in der Schule bekannt wird, das er "einer von denen", ein Jude ist, wird er zur Zielscheibe eines rasenden, antisemitischen Hasses. Selbst enge Freunde wenden sich von einem Tag auf den anderen ab und werden zu erbitterten Feinden.

 

Tag für Tag kommt es zu verbalen und körperlichen Übergriffen, Demütigungen und Beleidigungen. Doch dann lernt Arye einen muslimisch-arabischen Kurden kennen, einen bedeutenden Gangführer, der kein Problem mit dem Jüdischsein von Arye hat. Er gibt ihm den Schutz, den er braucht, um auf den Straßen Berlins im wahrsten Sinne des Wortes überleben zu können. Arye gerät dadurch in eine der berüchtigten Straßengangs - der Jude in der Türken-Gang. Dem Leser offenbart dies Einblicke in eine Gewaltszene, von der man lieber nichts wissen möchte. Schlägereien, Messerstechereien, Sprühereien, Bandenkämpfe auf der Berlins Straßen - das bestimmt nun sein Leben. Um anerkannt zu werden, den Schutz behalten zu können, macht Arye mit - seine Überlebensstrategie.

 

Doch er, der Jude, wird nicht wirklich akzeptiert, bestenfalls toleriert. Auch seine Schulliebe, eine junge türkischstämmige Mitschülerin, macht ihm klar, dass ihre Liebe keine Zukunft hat, weil er Jude ist. Die Einberufung zur Bundeswehr bewahrt Arye vor dem Gefängnis, bei der Vorstellung sagt er seinen Kameraden, dass er Jude ist. Was den Leser vielleicht überrascht: Es gibt keine schiefen Blicke oder diskriminierenden Aussagen. Nach seiner Bundeswehrzeit als Sanitäter, beschäftigt sich Arye intensiver mit seiner jüdischen Identität, er geht für sechs Monate in einen Kibbutz nach Israel, wo er Juden aus aller Welt, nicht nur aus Israel, kennenlernt und sein Hebräisch verbessert. Bei seinem Rückflug nach Berlin steht für ihn fest, nach Israel auszuwandern, Berlin den Rücken zu kehren. Wenn Juden nach Israel einwandern, wird dies Alija genannt, was soviel wie "Aufstieg" bedeutet. Für Arye Sharuz Shalivar war es beides: "Aufstieg" und Heimkehr, in Israel erkannte er seine Heimat, sein Vaterland, in dem er seine Kinder aufwachsen sehen will, ohne schiefe Blicke, ohne Diskriminierung, ohne Gewalt. Er macht es sich nicht einfach - seine Familie, seine Freundin, enge Freunde in Berlin zurück zu lassen. Ein muslimischer Freund bestärkt ihn in seinem Entschluss, nach Israel zu gehen.

 

Arye Sharuz Shalicar gewährt dem Leser Einblicke in den realen Antisemitismus der Gegenwart auf den Straßen Berlins und in die Welt der Jugendgangs - einer Szene, aus der er den Austieg geschafft hat, ein Sumpf, aus dem er sich selber herausgezogen hat und sein Leben in den Griff bekommen hat. Er studiert erfolgreich, zunächst in Berlin, dann an der renomierten Hebräischen Universität in der israelischen Hauptstadt Jerusalem, spricht 11 Sprachen fließend, absolviert seinen aus Altersgründen verkürzten Militärdienst als Fallschirmjäger bei der israelischen Armee, arbeitet zunächst bei Jewish Agency, die jüdischen Neueinwanderern in Israel hilft, und ist heute einer von vier Pressesprechern der IDF, der israelischen Armee. "Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude", der Titel ist ein iranisches Sprichwort, ist ein fesselndes, ein berührendes Buch - das man lesen, aber nicht einfach weglegen kann.

 

Das Buch

Arye Sharuz Shalicar

"Ein nasser Hund ist besser als ein trockener Jude -

Die Geschichte eines Deutsch-Iraners, der Israeli wurde"

dtv (Deutscher Taschenbuch-Verlag) 1. Auflage Oktober 2010

248 Seiten, Bilderteil.

ISBN-10: 3423247975

ISBN-13: 978-3423247979

Preis: Euro 14,90.

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Lesungen und Diskussionen mit Arye Sharuz Shalicar in Deutschland

Mittwoch, 27. Oktober 2010,

Israelitische Kultusgemeinde (IKG) München, Gemeindezentrum,

St. Jacobs-Platz 18, Beginn: 19.30 Uhr (Eintritt Euro 7 ,--/ermäßigt Euro 5 ,--.

 

 

Donnerstag, 28. Oktober 2010.

Jüdische Volkshochschule Berlin, Fasanenstr. 79 (Jüdisches

Gemeindehaus Fasanenstr., Kleiner Saal), Beginn: 19.00 Uhr. Diese Veranstaltung

wird exklusiv von haOlam.de per Livestream ins Internet übertragen. Ausstrahlung

direkt auf haOlam.de

 

Freitag, 29.10.2010

taz-Chafe, Rudi-Dutschke-Str. 23, Beginn: 19.30 Uhr

Pressestimmen

 

Mit Mut und Ehrlichkeit offenbart der Autor seine einzigartige Vita. Sie zeigt die Bundesrepublik von einer Seite, die anderen Durchschnittsbürgern kaum bekannt sein dürfte. Shalicar schreibt damit ein Buch, das erschüttert und zum Nachdenken zwingt. Dieser einzigartige Ausflug in den gefährlichen Hinterhof Deutschlands konfrontiert den Leser mit einer unbequemen Wahrheit jenseits des politisch korrekten Gefasels. Eine Pflichtlektüre für jeden, dem Deutschlands Demokratie und Toleranz am Herzen liegen.

Gil Yaron

Handelte es sich bei der Sarrazin-Debatte nicht um ein Symptom kollektiver Sozialpathologie, sondern um eine rationale Auseinandersetzung, das Buch von Arye Sharuz Shalicar müsste darin eine Hauptrolle spielen. Enthält es doch alle Leitmotive, die darin vorkommen: die Schwierigkeiten junger Menschen mit „Migrationshintergrund“, die hohe Kriminalitätsrate von Ausländern in „sozialen Brennpunkten“, die Frage nach der Vereinbarkeit des Islam mit republikanischen Tugenden, ja sogar die nach der „Vererbung“ von Intelligenz. Shalicar böte sich als Medienliebling überdies weit besser an als der freudlose Ex-Finanzsenator. Gerade mal 32 Jahre alt, hat er etwas von einem knuddeligen Hiphopper und schreibt einen lässigen Stil. Wenn ihm dennoch keine vergleichbare Resonanz zukommen dürfte, hat dies einen einzigen Grund: Shalicar ist Sohn jüdischer Exil-Iraner und vor allem deshalb von Berlin nach Israel gezogen, weil er hier den handgreiflichen Antisemitismus der deutsch-arabischen Communities nicht mehr ertragen hat.

Magnus Klaue in "Der Freitag"

ARD-Magazin "titel, thesen, temperamente" über Arye Sharuz Shalicar


Autor: haolam.de
Bild Quelle:


Freitag, 22 Oktober 2010

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