Er zeigt ihr wenig Beachtung, sieht Russland wohlwollender und die Verbündeten weniger wohlwollend, als das historisch die Norm war.
Wird der Effekt von Trumps Kritik zusammen mit einer Reduzierung des Anteils an US-Ausgaben für die NATO diese schwächen?
Können andere NATO-Mitglieder die Stärke der NATO angesichts Veränderungen durch Trump aufrechterhalten?
Trump hat bessere Beziehungen zu Ungarn, Polen und anderen osteuropäischen Ländern, als zu Westeuropa; wie beeinflusst das die NATO?
Glauben Sie, die Fragen, die durch Trumps Verbindung zu Russland aufgeworfen wurden, sollten die NATO bewegen?
Beabsichtigt. Trump bewundert Putin und gibt ihm nach, wie bei ihrer gemeinsamen Pressekonferenz in Helsinki im Juli 2018 deutlich wurde.
Hat das der NATO geschadet?
Nein, wie ich oben andeutete, ist dies ein belebendes Element für die Europäer, die mehr Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen müssen als in den letzten 70 Jahren.
Ist zwischen Russland und den osteuropäischen Ländern militärischer Konflikt möglich?
Ja, genauso wie Putin in die Ukraine einmarschierte, könnte er in die baltischen Staaten oder Polen einmarschieren.
Wie beeinflusst die zunehmende Beliebtheit rechtsextremer Parteien in NATO-Mitgliedsstaaten die Allianz, insbesondere angesichts ihrer allgemein pro-russischen Politik?
Da die von Ihnen als rechtsextrem bezeichneten Parteien (ich bezeichne sie als zivilisationistisch) an Größe und Kraft zunehmen, erwarte ich, dass ihre Außenpolitik reifen wird. Unter anderem wird das bedeuten, dass sie Putin gegenüber kritischer werden, wie es die PiS in Polen bereits ist.
Kooperiert die NATO mit Russland bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus?
Sehr wenig. In einigen Schauplätzen – besonders in Syrien und dem Irak – stehen die beiden Mächte auf entgegengesetzten Seiten. In anderen arbeiten sie schlicht nicht zusammen.
Türkei
Die Türkei mit der zweitgrößten Streitkraft in der NATO hat derzeit sehr angespannte Beziehungen zu Washington und geht auf den Iran, Russland und China zu; gefährdet das die NATO?
Nein. Die von Ihnen genannten Staaten haben der Türkei entweder begrenzten Nutzen zu bieten (Iran) oder schwere politische Differenzen (Russland) oder unlösbare ethnisch-religiöse Probleme (China). Die einzige echte Wahl für die Türkei ist entweder die NATO oder Isolation.
Wie bewerten Sie die Rolle der Türkei in der NATO?
Ankara unternimmt feindselige Schritte gegenüber der NATO und behindert ihre notwendige Konzentration auf den Islamismus. Auf viele Weisen ist Ankara ins Lager der Feinde übergelaufen. Es ist für die Allianz eher ein Problem als ein Aktivposten.
Was ist mit den zunehmenden autoritären Tendenzen in NATO-Mitgliedsstaaten?
Autoritarismus ist im Aufstieg begriffen, was vielleicht Teil einer zyklischen Reaktion auf das wahrgenommene Versagen von Demokratie ist.
Kann die NATO ihre Mitglieder zu demokratischem Verhalten zwingen?
Nein, sie ist eine echte Allianz, kein Zwangspakt. Sie kann allerdings Druck ausüben und Anreize bieten.
Vergleichen Sie Ungarn und die Türkei, beide haben ein autoritäres Regime.
Die Beziehungen der NATO zu diesen beiden Staaten unterscheiden sich fundamental. Ungarn unter Viktor Orbán ist autoritär, bleibt aber ein loyaler Verbündeter und hat nicht eine große Anzahl seiner Bürger willkürlich weggesperrt; darin ähnelt es in etwa Spanien und Portugal in deren frühen NATO-Jahren. Die Türkei unter Recep Tayyip Erdoğan ist eine ganz andere Geschichte; sie wird feindselig, aggressiv und zu einem großen Menschenrechtsverletzer.
Und die Politik gegenüber diesen beiden Ländern?
Ich hoffe, dass die Führung sich bemüht Ungarn zur vollen Demokratie zurückzubringen, aber die Türkei kaltgestellt wird.
Warum nicht die Türkei aus der NATO ausschließen?
Weil der NATO ein Mechanismus fehlt ein Mitglied auszuschließen.
Erwarten Sie, dass das Level der Beteiligung der Türkei an der NATO reduziert wird?
Ja, ich sehe eine Art "Schatten-NATO" aufkommen, in der die anderen Mitgliedsstaaten die Türkei bei Waffenverkäufen, beim Teilen von Geheimdiensterkenntnissen, diplomatischen Initiativen und usw. ausschließen werden. Sie können sich Ankara als den unbeliebten Schüler in der Oberschule vorstellen.
Prof. Dr. Daniel Pipes ist Präsident des Middle East Forums (MEF) und Autor bei der Tageszeitung The Jerusalem Post sowie dem israelischen Nachrichtensender Arutz Sheva - Übersetzt von H. Eiteneier / Foto: Die ungewöhnliche Trump-Putin-Pressekonferenz in Helsinki im Juli 2018