5 gunther - 05.02.2019 - 06:36
Gauland betreibt eine Ehrenrettung der Wehrmacht im 2.Weltkrieg, obwohl auch er wissen müsste, dass die Wehrmacht intensiv, massiv und aktiv an der Ermordung europäischer Juden beteiligt war. Natürlich verschweigt er das. Doch diese Umwegkommunikation beinhaltet eine klare antisemitische Tendenz.
Und sein von ihm geschätzter Parteifreund Höcke verlangt ein Ende der Erinnerung und eine 180 Gradwende in der Geschichtsschreibung. Natürlich verschweigt auch Höcke, dass er ein Ende der Erinnerung an den Holocaust meint.
Vielmehr wird deutlich, welche Vorstellungen in dieser Partei wirklich vorherrschen. Ein offenes Aussprechen der antisemitischen Positionen wäre ein Tabubruch. Allerdings braucht die AfD nicht befürchten, dass sie dadurch Wähler verlöre. Denn nach einer Allensbach-Erhebung vertreten 55% der AfD-Anhänger antisemitische Positionen. Sie scheinen sich also gut aufgehoben zu fühlen.
Wiederherstellung (!) des deutschen Volkscharakters und Kritik an der parlamentarischen Demokratie sowie an den Parteien werden betrieben mit Vokabular der Nazis („System“).
Die AfD benutzt ihre angebliche Verteidigung Israels, um ihre Feindschaft gegen den Islam und ihren Rassismus zu untermauern. Somit werden Israel und die Juden zu bloßen Instrumenten marginalisiert.
Mandatsträger der AfD marschieren gemeinsam mit Neonazis gegen Ausländer.
„Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen.“ (Höcke). Dabei ist es für ihn auch selbstverständlich, dass es „bedauerliche“ Opfer geben werde. Für Höcke ist die individuelle Freiheit kein Grundwert der Demokratie, sondern eine Bedrohung der „sozialen Gesellschaft“ (Originalton Höcke).
Samuel Salzborn, Gastprofessor für Antisemitismusforschung an der TU Berlin, sagte dem ARD-faktenfinder, man müsse "im Blick haben, dass es unterschiedliche Formen gibt, in denen sich Antisemitismus äußert: die antisemitische Schuldabwehr und die Täter-Opfer-Umkehr sind zentrale Formen". Und besonders davon finde "sich auf allen Ebenen der AfD eine erhebliche Verbreitung, von der lokalen Ebene bis zum hochrangigen Funktionär".
Salzborns Fazit: Die prominenten Fälle Gedeon und Höcke seien "nur die Spitze vieler Eisberge".
Der Antisemitismus-Experte Gideon Botsch sagte im Deutschlandfunk, die AfD zeige "ein einseitig instrumentelles Verhältnis zum Antisemitismus". Dieser werde immer nur dann wichtig, "wenn er sich mobilisieren lässt gegen andere Minderheiten, insbesondere gegen muslimische Communities in Deutschland und gegen Flüchtlinge". Andere Facetten des Antisemitismus thematisiere die AfD nicht.
Anfang 2017 forderte Gedeon in einem Papier ("Wird die AfD eine zionistische Partei?") eine klare Distanzierung vom "israelischen Zionismus". Im Dezember 2017 sprach er sich zusammen mit anderen Mitgliedern seiner Partei bei deren Bundesparteitag dafür aus, dass man sich gegen Israel auch eine Unterstützung der Kampagne "Boycott, Divestment and Sanctions" vorbehalten müsse.
Wolfgang Gedeon aus Baden-Württemberg hatte in seinem Buch "Der grüne Kommunismus und die Diktatur der Minderheiten" die Erinnerung an den Holocaust "Zivilreligion des Westens" und Holocaustleugner als Dissidenten genannt. Das Judentum bezeichnete er als "inneren" und den Islam als "äußeren" Feind des "christlichen Abendlandes".
Das Thema Holocaust und Zweiter Weltkrieg beschäftigt immer wieder AfD-Politiker. Björn Höcke sprach von einem "Denkmal der Schande" in Berlin und forderte eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad". Alexander Gauland hatte gefordert, man müsse den Deutschen "diese zwölf Jahre" zwischen 1933 und 1945 "nicht mehr vorhalten". Die Deutschen hätten zudem "das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen".
Der ehemalige AfD-Funktionär Franz Eibl berichtete gegenüber der "Huffington Post", mehrfach habe er in seiner Zeit bei der Partei in Gesprächen antisemitische Äußerungen gehört: Es seien Verschwörungstheorien über die Rothschilds oder den jüdisch-stämmigen Soros vertreten worden. Als Historiker habe es ihn "schockiert", als AfD-Mitglieder gegenüber ihm die deutsche Kriegsschuld verleugnet hätten.