Religionsfreiheit in Israel

Religionsfreiheit in Israel


`Der Staat Israel … wird Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur gewährleisten, die Heiligen Stätten unter seinen Schutz nehmen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen treu sein.´ Israels Unabhängigkeitserklärung, 1948

Religionsfreiheit in Israel

Von Paul Shindman, HonestReporting

1948 verpflichteten die Gründer Israels das frisch entstandene Land dazu ein jüdischer Staat zu sein, aber die freie Religionsausübung für jedermann sicherzustellen, ungeachtet der religiösen Zugehörigkeit. Israel hat zwar keine Verfassung, aber die Knesset, Israels Parlament, erließ im Lauf der Jahre Grundlegende Gesetze, die die Freiheit der Zugehörigkeit und Ausübung von Religion schützen.

Israels Bevölkerung besteht 2019 aus rund 8,4 Millionen Menschen und davon 75 Prozent Juden, 18% Muslime, 2% Christen und 1,6% Drusen. Zu den verbleibenden vier Prozent gehören Immigranten aus der ehemaligen UdSSR, von denen sich einige als keiner Religion religiös zugehörig identifizieren und andere, die sich als jüdisch identifizieren, aber nicht der jüdisch-orthodoxen Definition von „jüdisch“ entsprechen. Es gibt zudem Gemeinschaften der Samaritaner, Karaiten, Ahmadi-Muslimen, Bahai und verschiedenen (in Israel) kleinen christlichen Kirchen. Und am anderen Ende des Spektrums gibt es in Israel sogar einige Heiden und Hexen.

Religionsfreiheit wird von der Regierung unterstützt

Es gibt keine religiösen Barrieren um für ein öffentliches Amt zu kandidieren und Minderheiten sind immer in der Knesset vertreten gewesen. Anders als in vielen westlichen, liberalen Demokratien unterstützen Steuergelder Gottesdienste religiöser Gemeinden aller Glauben. Öffentliches Geld hilft unter anderem Folgendes zu unterstützen:

  • Betriebskosten für Moscheen, Synagogen und Kirchen
  • Gehälter für Leiter religiöser Gemeinschaften
  • Unterhalt zahlloser heiliger Stätten für alle Religionen

Das Bildungsministerium finanziert das Schulsystem, einschließlich sowohl säkularer als auch religiöser Schulen – jüdischer, muslimischer und  christlicher sowie einge Colleges und religiöse Seminare.

Alle Bürger und Gäste – die Millionen Touristen, die jedes Jahr zu Besuch kommen – haben freien und unbeschränkten Zugang, um ihren Glauben zu leben und es gibt keine Zensur von Predigten. Trotz der frostigen Beziehungen zwischen Israel und der palästinensischen Autonomie ist der Tourismus ein wichtiger Kooperationsbereich zwischen den beiden Seiten und erleichterter Zugang für Touristengruppen durch Grenzübergänge, insbesondere für heilige Stätten auf beiden Seiten wie Jerusalem, Nazareth, Bethlehem und Jericho.

Wie in anderen Demokratien gelten die Gesetze des Landes, also schließt Religionsfreiheit kein Recht ein die Gesetze zu verletzen, die die Zivilgesellschaft regeln. 1992 verabschiedete die Knesset das „Grundgesetz zu menschlicher Würde und Freiheit“, das Bürger- und Menschenrechte in Gesetzesform goss. Es ist eine interessante Fußnote, dass dieses Gesetz von einer Likud-Regierung unter Führung von Yitzhak Shamir beschlossen und 1994 von einer von Yitzhak Rabin geführten Regierung geändert wurde; diese Änderung fügte die Betonung der Freiheiten hinzu, die in der Unabhängigkeitserklärung ausdrücklich formuliert wurden.

Obwohl das Grundgesetz zu menschlicher Würde und Freiheit Israel als einen „jüdischen und demokratischen Staat“ bezeichnet, überrascht es viele, dass Israel keine offizielle Religion hat. Jede der größten religiösen Gemeinschaften des Landes – jüdisch, muslimisch, christliche, drusisch – ist für ihre internen Angelegenheiten, religiösen Angelegenheiten und persönlichen Status selbst zuständig, darunter Heirat, Scheidung und Beerdigungen. Alle religiösen Familiengerichte sind als autonom anerkannt und werden von der israelischen Regierung bezahlt.

Jede Person in Israel genießt Freiheit des Gewissens, der Überzeugungen, der Religion und der Gottesverehrung. Diese Freiheit wird jeder Person in jedem aufgeklärten, demokratischen System gewährt und ist daher für jeden in Israel gewährleistet. Es ist eines der fundamentalen Prinzipien, auf denen der Staat Israel gründet.
Mosche Landau, Richter am israelischen Obersten Gerichtshof

Streitpunkte

Ist Israel, da die freie Religionsausübung in Gesetz gegossen ist, eine Bastion religiöser Harmonie ohne Streitpunkte, die die Ausübung der Religion umgeben? Natürlich nicht. Israel sieht sich, wie andere Demokratien, ständig einer Vielzahl von Themen ausgesetzt, die die religiösen Bekundungen umgeben.

Israels Bemühungen die religiösen Dinge zu steuern sind nicht anders als die Erfahrungen anderer Gesellschaften, zum Beispiel in Großbritannien, wo die Leiter beider großen Parteien in mit Religion in Zusammenhang stehenden Kontroversen verwickelt sind; oder in Kanada, wo die Provinz Quebec beschloss das Tragen religiöser Symbole zu verbieten (ein Schritt, der in Israel unzumutbar wäre, wo das Tragen religiöser Symbole üblich ist, sei es ein Christ, der ein Kreuz trägt oder eine religiöse Muslima oder Jüdin, die beide ihre Köpfe gemäß ihrer jeweiligen Bräuche ihren Kopf bedecken).

Zu den religiösen Streitigkeiten, die es in Israel gibt, gehört das Fehlen von standesamtlich geschlossenen Ehen. Ehen können nur von den jeweiligen Religionsobrigkeiten geschlossen werden. Es ist in erster Linie ein jüdisches Thema, dass es eine lange bestehende Notlösung gibt, wonach außerhalb des Lands standesamtlich geschlossene Ehen von jüdischen Religionsobrigkeiten anerkannt werden. Für die, die mit den Argumenten nicht vertraut sind, klingt das aberwitzig, aber währen dieses und andere Probleme mit Bezug zur Religion in der politischen Arena ausgefochten werden, heiraten Israelis weiter Zuhause sowie im Ausland.

Ironischerweise fahren viele der israelischen Paare, die sich entscheiden im Ausland zu heiraten, in das nahe gelegene Zypern, wo Auslandsehen eine kleine Touristenindustrie sind. Die israelischen Frischvermählten treffen oft auf Verliebte aus dem benachbarten Libanon, der ebenfalls keine Institution der Zivilehe hat.

Religiöse Vielfalt

Israels muslimische Bevölkerung besteht in erster Linie aus rund 1,4 Millionen sunnitischen Arabern. Tscherkessen und Beduinen sind Mitglieder des muslimischen Sektors Israels. Tscherkessen sind eine kleine sunnitisch-muslimische Minderheit, die ursprünglich aus dem Nordkaukasus stammt und sich in Israel ansiedelte, nachdem sie durch das zaristische Russland von dort vertrieben wurde. Wie die Drusen und Beduinen dienen tscherkessische Männer im israelischen Militär.

Während Christen im gesamten Nahen Osten angegriffen werden, ist Israels kleine und sehr diverse, 170.000 Personen zählende christliche Gemeinschaft, die sicher in einem Land lebt, das ihre religiösen Rechte schützt.

Als Heim der heiligsten Stätten der Christenheit erkennt Israel offiziell 10 christliche Denominationen für die Zwecke des persönlichen Status wie Heirat und Scheidung an: griechisch-orthodox, griechisch-katholisch, römisch-katholisch, armenisch-orthodox, armenisch-katholisch, maronitisch, syrisch-orthodox, syrisch-katholisch, chaldäisch-katholisch und (anglikanisch-) episkopal.

Die drusische Gemeinschaft hat in Israel wegen ihrer religiösen Lehre, dem Land gegenüber loyal zu sein, in dem die Gemeinschaft wohnt, eine besondere Stellung. Die meisten der rund 140.000 Drusen des Landes leben in 22 Dörfern in Nordisrael. Wie Judentum, Christentum und Islam ist der drusische Glaube monotheistisch und abrahamitisch, wobei die Drusen Jethro verehren, den Schwiegervater von Moses. Das Grab von Jethro, bekannt als Nabi Schu’ayb, liegt nahe Tiberias und ist einer der wichtigsten Orte im drusischen Glauben.

Israel dient als Zuflucht für die Bahai, eine religiöse Minderheit, die in Persien entstand und deren Anhänger unter der islamisch-schiitischen Regierung im Iran regelmäßig verfolgt wurden. Hunderte Freiwillige der Bahai aus aller Welt wohnen nahe des Bahai-Weltzentrums in der nördlichen Hafenstadt Haifa, wo sie die internen und internationalen Angelegenheiten der Bahai-Weltgemeinschaft verwalten. Die Mitarbeiter kümmern sich um die heiligen Stätten der Bahai in Israel, einschließlich dem Bahji, wo der Gründer des Bahai-Glaubens, Bahá’u’lláh, in Akko in Nordisrael starb. Die schönen Zentren in Haifa und Akko sind UNESCO-Welterbestätten.

Der Tempelberg

Das Gesetz in Israel ordnet an, dass jeder, ungeachtet religiöser Zugehörigkeit, das Recht hat alle heiligen Orte innerhalb Israels zu besuchen. Das Gesetz zum Schutz der Heiligen Stätten von 1967 erklärt, dass jeder, der versucht dieses Recht zu behindern oder einen heilige Stätte mutwillig beschädigt, mit Strafverfolgung und Gefängnis bis zu fünf Jahren rechnen muss. Ausnahmen werden während religiöser Feiertage und nach Terroranschlägen gemacht, wenn die Regierung gezwungen ist wegen Sicherheitsbedrohungen Einschränkungen zu verhängen.

Im Gegensatz dazu war es Israelis von 1949 bis 1967, als Jordanien die heiligen Stätten in Ostjerusalem kontrollierte, verboten Ostjerusalem zu betreten, einschließlich der Altstadt, in der sie bis 1949 gelebt hatten. Unter jordanischer Herrschaft wurden heilige Stätten und jüdische Friedhöfe innerhalb Ostjerusalems, einschließlich der Altstadt, geschändet. Bei Erwerb der Kontrolle über ganz Jerusalem 1967 öffnete Israel den Bereich für alle Menschen aller Religionen, so dass sie ihre jeweiligen heiligen Stätten ohne Drohung mit Gewalt oder Verfolgung besuchen und dort beten können. Israel machte das in der ersten Radio-Ankündigung nach Eroberung Ostjerusalems deutlich:

Heute Morgen befreiten die israelischen Verteidigungskräfte Jerusalem. Wir haben Jerusalem geeint, die geteilte Hauptstadt Israels. Wir sind zu den heiligsten unserer heiligen Orte zurückgekehrt, um uns nie wieder davon zu trennen. Unseren arabischen Nachbarn strecken wir in dieser Stunde ebenfalls – und mit zusätzlicher Betonung: in dieser Stunde – unsere Hand in Frieden entgegen. Und unseren christlichen und muslimischen Mitbürgern versprechen wir feierlich volle Religionsfreiheit und religiösen Rechte. Wir kamen nicht nach Jerusalem um der heiligen Stätten anderer Völker willen und nicht um uns bei den Anhängern anderer Religionen einzumischen, sondern um ihre Gesamtheit zu schützen und dort mit anderen in Einheit zu leben.
Mosche Dayan, israelischer Verteidigungsminister, 7. Juni 1967

Die Diskussion religiöser Freiheiten schließt fast immer die Altstadt von Jerusalem ein, die Stelle der Überreste der uralten heiligen jüdischen Tempel, des Felsendoms und der Al-Aqsa-Moschee, die den Muslimen heilig sind, und der Grabeskirche, die die Christen verehren.

Für Juden ist der Tempelberg die heiligste Stätte des Judentums. Aufgebaut auf den Überresten des Tempels, besagt die islamische Tradition, dass Mohammed an der Stelle des Tempelbergs, auf Arabisch als „al-Haram al-Scharif“ oder das Edle Heiligtum bekannt, in den  Himmel aufstieg.

Seit Israel 1967 die Kontrolle über Jerusalem übernahm, hat es daran gearbeitet den „Status quo“ im Bereich des Tempelbergs/Haram al-Scharif beizubehalten. Angesichts der komplexen Geschichte des Ortes, verbunden mit den investierten facettenreichen und mehrseitigen Bemühungen versuchen die meisten Beobachter von außen die Vielzahl der Probleme, die üblicherweise verwechselt werden.

Eine Reihe illustrativer Beispiele zeigt die komplizierte Natur des Tempelbergs. Erst einmal werden die muslimischen heiligen Stätten nicht von Israel oder den Palästinensern verwaltet, sondern von der jordanischen Waqf, einer islamischen Stiftung mit Sitz in Amman in Jordanien. Zweitens ist es Juden trotz Religionsfreiheit nicht erlaubt auf dem Tempelberg zu beten und wer das tut riskiert verhaftet zu werden. Diese seltsame Wendung kommt einmal von der langjährigen jüdischen religiösen Verordnung, die es Juden verbietet auf den Tempelberg zu gehen, weil die vorgeschriebene uralte Reinigung heute nicht mehr möglich ist und zum zweiten daher, dass die israelischen Behörden es vermeiden wollen einen Konflikt mit der Waqf auszulösen, die jüdische Besucher in der Gegend überwacht.

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Das Fazit scheint zu sein, dass es in der Praxis, trotz der Geschichten, die Schlagzeilen machen, in der gesamten israelischen Gesellschaft einen allgemeinen Respekt für Religionsfreiheit gibt. In seinen jährlichen Untersuchungen zu Religionsfreiheit in Israel hat das US-Außenminister im Verlauf der Jahre nur unbedeutende Vorfälle und keine großen antireligiösen Trends in der Gesellschaft oder seitens der Regierung berichtet.

In seinem Jahresbericht von 2018 zu internationaler Religionsfreiheit erklärte das Außenministerium: „Die Gesetze des Landes und die Urteile des Obersten Gerichtshofs schützen die Freiheit von Gewissen, Glauben, Religion und Gottesdienst, ungeachtet einer individuellen religiösen Zugehörigkeit.“

 

Übersetzt von Heplev


Autor: Heplev
Bild Quelle: Archiv


Freitag, 15 November 2019