Lizas Welt kommentiert: Schlechte Karten sind Trumpf

Lizas Welt kommentiert:

Schlechte Karten sind Trumpf


Schlechte Karten sind Trumpf

In Kriegen und kriegsähnlichen Auseinandersetzungen wird in der Regel viel mit Bildern gearbeitet, Bildern, die etwa die besondere Schändlichkeit des Gegners belegen sollen, die eigene moralische Überlegenheit oder die Ignoranz des restlichen Welt. Im »Nahostkonflikt« ist das bekanntermaßen nicht anders, wobei die palästinensische respektive arabische Seite und ihre Unterstützer – häufig flankiert von den Medien – in erheblich größerem Ausmaß auf die Macht und Kraft der Symbolik setzen, als die Israelis es tun. Und wenn ein Bild, ein Symbol, eine Ikone dann erst einmal die beabsichtigte emotionale Wirkung entfaltet hat, ist es kaum mehr möglich, sie zu korrigieren, selbst wenn die Widersprüche und Falschheiten himmelschreiend sind. Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist die Causa Mohammed al-Dura, mit der die zweite »Intifada« der Palästinenser entscheidend befeuert wurde, obwohl – oder gerade weil – sie letztlich ein Produkt aus dem Hause »Pallywood« war.

Überaus einprägsam ist auch eine Serie von vier Karten (siehe oben), die veranschaulichen soll, dass Israel sich im Laufe der Jahrzehnte immer weiter ausgedehnt und den bedauernswerten Palästinensern so fast ihr gesamtes Land genommen hat. Diese Kartenserie mit ihrer einfachen Botschaft und extremen Suggestivwirkung ist seit vielen Jahren im Umlauf und wird von »Antizionisten« regelmäßig herangezogen, wenn es darum geht, die vermeintlichen expansionistischen Gelüste des jüdischen Staates aufzuzeigen und anzuprangern. Der Historiker Yaacov Lozowick hat sie sich kürzlich vorgenommen; hier ist ein Großteil seiner Analyse, ins Deutsche übersetzt:

Fangen wir mit der Karte von 1946 an. Selbst wenn man sie einzeln betrachtet, also getrennt von der Serie, ist sie insofern irreführend, als sie zwei verschiedene Arten von Information enthält: Ihre Umrisse zeigen das von den Briten kontrollierte, gemeinhin Palästina genannte Territorium. Da es sich um die Karte einer politischen Einheit handelt, müsste das Gebiet eigentlich vollständig mit einer einzigen Farbe gefüllt sein, schließlich wurde das gesamte Land von den Briten beherrscht, die weißen Teile genauso wie die grünen. Wollte man dagegen privaten Landbesitz unter britischer Souveränität entlang ethnischer Kriterien darstellen, müsste das Grüne durch einen Mischmasch von Farben ersetzt werden: Ein Teil des Landes gehörte Juden, ein anderer jenen Arabern, die man heute Palästinenser nennen würde, ein weiterer arabischen Grundbesitzern (Libanesen, Syrern, Ägyptern etc.), die nicht auf ihrem Land lebten, wieder ein anderer europäischen Kirchen (beispielsweise der katholischen, protestantischen, griechisch-orthodoxen oder russisch-orthodoxen). Der bei weitem größte Teil des Landes aber gehörte keinem der Genannten und somit der Regierung, also den Briten.

Wenn ich es richtig sehe, wird auf der Karte das jüdische Eigentum an Grund und Boden in Jerusalem (wo es eine jüdische Mehrheit gab) übergangen; Gleiches gilt für Ortschaften wie Gusch Etzion und Neve Yaacov, für Siedlungen am Toten Meer sowie in Hebron, in Safed, in Naharia und dem Hinterland, in Kfar Darom im Gazastreifen und so weiter. Aber das Hauptproblem mit dieser Karte ist nicht, dass sie über jüdisches Eigentum an Grund und Boden hinweggeht, sondern vielmehr die implizite Behauptung, dass alles Land, welches nicht Juden gehörte, »Palästina« war. Und das stimmt nicht. Wenn hier Landbesitz dargestellt werden soll, dann müsste der größte Teil des Territoriums als der britischen Regierung gehörend abgebildet werden; geht es um politische Souveränität, dann war sogar das gesamte Gebiet britisch.

Die zweite Karte beschäftigt sich nicht mehr mit dem Thema Landbesitz, und die Serie kehrt auch nicht mehr dorthin zurück. Es handelt sich vielmehr um eine halbwegs genaue Darstellung des UN-Teilungsplans vom 29. November 1947 – mit einer eklatanten Auslassung allerdings, nämlich der Gegend um Jerusalem und Bethlehem, die eindeutig nicht einer Seite zugeordnet, sondern als corpus separatum behandelt wurde. Ich betone: Jerusalem und Bethlehem. Der Kartenzeichner hat also einem prospektiven Staat Palästina ein sehr wichtiges Stück Land zugeschlagen, das er in Wirklichkeit nie hatte.

Diese Karte bildete natürlich niemals eine Wirklichkeit ab. Zur Zeit des UN-Teilungsplans wurde sie von allen arabischen Staaten abgelehnt, die eine Stimme hatten, und darüber hinaus auch von den einheimischen Arabern, die sich seinerzeit – anders als heute – nicht durchweg Palästinenser nannten. Ich werde mich hier nicht mit der Frage beschäftigen, wer den UN-Teilungsplan durchkreuzte, aber ich glaube, man kann sagen, dass dabei alle Seiten eine Rolle spielten: der Jischuw, el-Husseinis palästinensische Truppen, al-Qawuqjis Truppen sowie die ägyptischen, jordanischen, syrischen, irakischen und libanesischen Truppen, die am Kampf um ein Territorium teilnahmen, das zuvor unter britischer Herrschaft gestanden hatte.

Die dritte Karte (1949–1967) ist auf ihre eigene Weise irreführend. Sie zeigt Israel in weiß und zwei andere Gebiete in einheitlichem Grün – dem gleichen Grün, das in den ersten beiden Karten palästinensisches Territorium markieren sollte. Natürlich stimmt das nicht mit der historischen Wirklichkeit überein: Der Gazastreifen wurde von Ägypten kontrolliert, nicht von den Palästinensern, und sollte von Rechts wegen als ägyptisch besetzt bezeichnet werden. Das größere grüne Gebiet wurde von Jordanien kontrolliert und annektiert; die Bewohner bekamen die jordanische Staatsbürgerschaft, weshalb ich nicht weiß, ob dieses Territorium, rechtlich gesehen, besetzt war oder nicht. Falls ja, dann war sein Status wahrscheinlich ähnlich wie der unter israelischer Herrschaft nach 1967: besetzt eben, mit Siedlern aus dem Besatzerstaat. Wenn es nicht besetzt war, dann war es ein Teil von Jordanien. (Das ist ja auch der Grund für den Namen »Westbank« bzw. »Westjordanland«: die westliche Hälfte von Jordanien.) Wie auch immer: Als Palästina kann man es jedenfalls nicht bezeichnen.

Bemerkenswert ist auch, dass die Karte es vermeidet, sich mit dem privaten Landbesitz zu beschäftigen – was ja das Thema der ersten Karte war. Würde sie diesen Besitz anzeigen, dann müsste an ihr deutlich werden, dass ein Teil des Gebietes innerhalb Israels natürlich Palästinensern gehörte, während kein Stückchen Land in Jordanien als in jüdischem Besitz befindlich akzeptiert wurde, auch wenn dieser Besitz mancherorts niemals in so etwas wie einem rechtsstaatlichen Verfahren aufgehoben wurde.

Kommen wir schließlich zur vierten Karte. Zum ersten Mal in dieser Serie gibt es nun so etwas wie eine palästinensische Herrschaft – im gesamten Gazastreifen und im Westjordanland. (Vernachlässigen wir kurz die Unterscheidung zwischen der Herrschaft der Hamas in Gaza und der Herrschaft der Palästinensischen Autonomiebehörde in der Westbank.) Kaum erklärlich ist dabei die Entscheidung des Kartenzeichners, so zu tun, als ob die palästinensische Befehlsgewalt nur für die A-Zone gilt, und die größeren B-Zonen zu unterschlagen. So, wie ich die Geschichte verstehe, zeigt die Karte außerdem keinen palästinensischen Rumpfstaat, sondern im Gegenteil zum ersten Mal überhaupt das Entstehen einer neuen Entität, von und für Palästinenser. Kein verschwindendes Palästina also, sondern ein entstehendes!

Fakten, die notorische »Israelkritiker« nicht auch nur zur Kenntnis zu nehmen bereit sind, weil sie ihr Weltbild nicht durch Tatsachen durcheinandergebracht haben wollen. Dementsprechend schmallippig fiel denn auch die Antwort desjenigen aus, mit dem Yaacov Lozowick sich auseinanderzusetzen versucht hatte: »Wie man es auch dreht und wendet, das Entscheidende ist unbestreitbar: Die Palästinenser haben den größten Teil ihres Heimatlandes verloren«, schrieb er. Das war alles. Lozowick antwortete: »Und genauso unbestreitbar ist: Die Juden haben ihres letztlich zurück.« Nun müssten entweder beide Seiten einen Weg finden, um das Land zu teilen, so der Historiker weiter, oder eine Seite werde leer ausgehen. »Eine Teilung scheint mir erheblich besser zu sein – aber die Option, dass die Juden leer ausgehen sollen, ist unannehmbar.« Wie wahr.

 

Lizas Welt

 

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Autor: haolam.de
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Sonntag, 05 August 2012

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