Berlin: Aktuelle Nachrichten aus Europas Antisemitismus-Hauptstadt

Berlin: Aktuelle Nachrichten aus Europas Antisemitismus-Hauptstadt


Es ist noch nicht weithin bekannt, dass Berlin in den letzten Jahren zur Hauptstadt des europäischen Antisemitismus geworden ist.[1]

Berlin: Aktuelle Nachrichten aus Europas Antisemitismus-Hauptstadt

Von Dr. Manfred Gerstenfeld

Die antijüdischen und antiisraelischen Einstellungen in Berlin haben viele Facetten. 2018 gab es 1.083 antisemitische Vorfälle; 2017 waren es noch 951.[2] Dutzende davon sind Fälle physischer Aggression gegen Juden. 35 Prozent der Berliner betrachten das Verhalten Israels als vergleichbar mit dem der Nazis.[3]

Zahlreiche jüdische Schüler mussten öffentliche Schulen verlassen. Aaron Eckstadt, der Direktor des jüdischen Moses-Mendelsohn-Gymnasiums in Berlin, hat gesagt, dass alle zwei Wochen neue Schüler an seine Schule kommen, weil sie aus ihrer bisherigen Schule fliehen. Sie haben die Nase voll von Mobbing, Drohungen und dem täglichen Antisemitismus dort. Er fügte hinzu, dass die Täter nach seinen Informationen hauptsächlich muslimische Schüler sind. Deutschlands Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) besuchte das Gymnasium im Oktober 2019. Sie sagte, dass die Polizei und die Beschäftigten der Justiz dafür sensibilisiert werden müssen antisemitische Motive zu erkennen.[4] Man fragt sich, warum das in den letzen Jahren noch nicht passiert ist.

In der Stadt findet jedes Jahr der Al-Quds-Marsch statt, der zur Vernichtung Israels aufruft. Die Hisbollah, von den USA als Terrororganisation eingestuft, ist nicht nur in Berlin aktiv, sondern auch in anderen Teilen Deutschlands.[5] Der Hamburger Verfassungsschutz hat berichtet, dass 30 Moscheen und Kulturzentren in Deutschland Verbindungen zur Hisbollah oder ihrer Ideologie haben. Deutschland behält eine künstliche Trennung des militärischen Flügels dieser Terrororganisation bei, den es verbietet, dem politischen Zweig, der seine Ideen im Land propagiert, wird erlaubt Mitglieder zu werben, Geld zu sammeln und nach Beirut zu schleusen.[6]

Jeder Monat bringt neue Skandale. Im Dezember 2019 fand in der deutschen Hauptstadt eine Konferenz von Hamas-Anhängern statt – in der Stadt, in der Hitler und seine Leute den Völkermord an den Juden planten. Die Konferenz hieß „Die Palästinenser in Europa und in der UNRWA“. Ihre Organisatoren hat der deutsche Geheimdienst in der Vergangenheit mit der Hamas in Verbindung gebracht.[7] Die Stadt Berlin, regiert von einem Bündnis linker Parteien, erlaubte, dass die Veranstaltung stattfindet. US-Botschafter Richard Grenell twitterte: „Die Hamas ist eine Terrororganisation und sollte in Berlin nicht willkommen sein.“[8]

Am 3. Oktober marschierten rund 1.000 Menschen in Berlin unter dem Motto „Wir für Deutschland“. Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus (JFDA) veröffentlichte ein Video, das zeigte, dass es sich dabei um einen Marsch von Neonazis handelte. Ein Mann schrie: „Nie wieder Israel!“ Es gab zudem Aufrufe zu einer tausendjährigen Schlacht, eine Anspielung auf die tausend Jahre, die Hitlers Reich hätte dauern sollen.[9]

Im September stürmte ein mit einem Messer bewaffneter 23-jähriger Syrer auf den Wächter an Berlins größter Synagoge auf der Oranienburger Straße zu. Nach Angaben von Zeugen schrie er „Allahu Akbar“ und „F*ck Israel“.[10] Der Angreifer ist später freigelassen worden, wo er sich aufhält ist unbekannt.[11]

Im Oktober wurde in Berlin ein 70 Jahre alter Mann geschlagen. Der Anschlag begann mit einem verbalen Angriff mit antisemitischen Inhalten. Es war unklar, ob das Opfer Jude war.[12]

Der Rabbiner der Berliner jüdischen Gemeinschaft, Yehuda Teichtal, wurde im Juli angegriffen. Im Oktober stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Teichtal kritisierte die Entscheidung der Behörden. Er sagte: „Vier Menschen waren Zeugen der Attacke. Sie wissen, wer der Täter ist. Dennoch lehnen sie es ab eine Aussage zu machen.“ Teichtal sagte, eine erfolgreiche Ermittlung hätte den Menschen Vertrauen in die Justizbehörden geben können. Er schloss: „Der Schaden ist enorm.“[13] Man muss hier sagen, dass diese Entwicklung typisch für die linkliberale Stimmung ist, die in Deutschland vorherrscht. Das Militär des Landes befindet sich in schlechter Verfassung,[14] die Justiz ist schwach und die Polizei stark unterbesetzt.[15]

Am 9. November, anlässlich des dreißigsten Jahrestags des Falls der Berliner Mauer, fand am Brandenburger Tor eine Aufführung statt. Sie wurde vom öffentlich-rechtlichen Sender ZDF live übertragen. Während dieser Show, deren Ausstrahlung  mit dem Jahrestag der Kristallnacht 1938 zusammenfiel, wurde eine Parole in hebräischen Buchstaben projiziert; sie lautete: „gegen die Besatzung“. Die Organisatoren entschuldigten sich. Ihr Vertreter sagte dem israelischen Botschafter in Deutschland, ihm sei nicht bekannt, was das bedeuten sollte.[16] Das war wieder eine weitere Facette des Antisemitismus in Berlin.

Eine Ausstellung über die jüdische Familie Mendelsohn in einer Kapelle auf einem Friedhof in Kreuzberg wurde im November verwüstet. Es wurden Hakenkreuze sowie Symbole der linksextremistischen Szene vorgefunden. Die Ausstellung fand nahe der Gräber der Familie Mendelsohn statt.[17]

Die Probleme kommen aus vielen Richtungen. Das Kunstkollektiv Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) installierte im Dezember ein Exponat, zu dem eine Stahlsäule gehört, in der sich Überreste von während dem Holocaust ermordeter Juden befanden. Die Installation der Säule wurde von den Behörden genehmigt. Nach riesigem Protest schloss die Gruppe die Ausstellung. Sie veröffentlichte eine Entschuldigung an Holocaust-Überlebende und andere Nazi-Opfer.[18]

Der sozialistische Bürgermeister Michael Müller hat BDS verurteilt. Andererseits war er im Dezember Gastgeber des Bürgermeisters von Teheran, Pirouz Hanachai.[19] Das ist ein Beispiel für die weit verbreitete lokale wie nationale Ambivalenz, die es ermöglicht hat, dass Berlin zu Europas Hauptstadt des Antisemitismus geworden ist.

[1] besacenter.org/perspectives-papers/berlin-antisemitism/

[2] www.timesofisrael.com/sharp-rise-in-anti-semitic-incidents-in-berlin-in-2018-report-finds/

[3] www.juedische-allgemeine.de/meinung/berlin-monitor-alles-halb-so-schlimm/

[4] http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/du-juedisches-arschloch-wie-berliner-schueler-alltaeglichem-antisemitismus-begegnen/25168026.html

[5] www.jpost.com/International/Islamic-Terrorism/Terrorist-group-Hezbollah-linked-to-30-mosquescenters-in-Germany-595545

[6] www.tagesspiegel.de/themen/reportage/hetze-geldwaesche-rekrutierung-wie-die-hisbollah-in-berlin-im-verborgenen-agiert/25285418.html;%20; http://www.jpost.com/Middle-East/Hezbollah-uses-Germany-to-finance-terrorism-weapons-purchases-report-609554

[7] www.bild.de/regional/berlin/berlin-regional-politik-und-wirtschaft/bild-bei-der-judenhasser-konferenz-in-berlin-66539538.bild.html

[8] twitter.com/OSINT220/status/1204028546173341697

[9] https://archiv.berliner-zeitung.de/berlin/polizei/nazi-sprueche-bei–wir-fuer-deutschland–demo–wenn-wir-wollen–schlagen-wir-euch-tot–33271216

[10] www.bild.de/regional/berlin/berlin-aktuell/mann-mit-messer-vor-berliner-synagoge-gestoppt-65150226.bild.html

[11] www.bild.de/politik/inland/politik-inland/justiz-liess-synagogen-angreifer-laufen-niemand-weiss-wo-der-messer-mann-jetzt-i-65580190.bild.html

[12] www.jta.org/quick-reads/70-year-old-man-beaten-in-berlin-in-attack-described-as-anti-semitic

[13] www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/berliner-rabbiner-teichtal-kritisiert-staatsanwaltschaft-der-schaden-ist-enorm/25162800.html

[14] www.welt.de/politik/deutschland/plus203942290/Bundeswehreinsaetze-Kramp-Karrenbauers-gefaehrliche-Planspiele.html

[15] www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2018-08/polizei-gewerkschaft-personalmangel-bundespolizei-selbstjustiz

[16] www.welt.de/politik/deutschland/article203338200/Feier-am-Brandenburger-Tor-Eklat-waehrend-des-Auftritts-von-Anna-Loos.html

[17] http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/hakenkreuze-und-linksextremistische-symbole-mendelssohn-ausstellung-in-friedhofskapelle-verwuestet/25269588.html

[18] www.juedische-allgemeine.de/kultur/zentrum-fuer-politische-schoenheit-entschuldigt-sich/

[19] https://ejpress.org/simon-wiesenthal-center-german-human-rights-group-urge-german-authorities-to-label-hezbollah-a-terror-organization/

 

Heplev - Dr. Manfred Gerstenfeld war jahrelang Direktor des Jerusalem Centers for Public Affairs (JCPA) und ist Autor von Analysen und Kommentaren u.a. in der Jerusalem Post und dem israelischen Nachrichtensender Arutz Sheva / Foto: Jedes Jahr zieht der antisemitische "Quds-Marsch" über den Ku-Damm in Berlin


Autor: Dr. Manfred Gerstenf
Bild Quelle: H. Raak / haOlam.de


Dienstag, 31 Dezember 2019