Absturz des Cicero: AfD ohne Beweise als „Corona-Leugner-Partei“ bezeichnet

Absturz des Cicero: AfD ohne Beweise als „Corona-Leugner-Partei“ bezeichnet


„Absturz der Corona-Leugner-Partei – Die AfD verspielt in der Corona-Krise das letzte Vertrauen“, titelte Antje Hildebrandt auf Cicero, und verspielt damit wohl das letzte Vertrauen in das ehemals konservative „Magazin für politische Kultur“.

Absturz des Cicero: AfD ohne Beweise als „Corona-Leugner-Partei“ bezeichnet

Von Collin McMahon

Dabei muss die Publizistik- und Politologiestudentin Hildebrandt (ein Abschluss war ihr zumindest laut Cicero-Biografie nicht gelungen) einräumen, dass „schon am 25. Januar der AfD-Politiker Malte Kaufmann (forderte), die Bundesregierung müsse sofort Einreisekontrollen einführen und einen Krisenstab bilden. Doch in weiten Teilen der Partei sind solche Warnungen ungehört verhallt“, behauptet Hildebrandt ohne Belege. Mit AfD-Politikern hat sie vor Veröffentlichung ihres Hetzartikels erkennbar nicht gesprochen, erst recht nicht mit solchen, die „Corona leugnen“.

Hildebrandt muss einräumen, dass der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen „ein Corona-Krisenkabinett“ für Deutschland gefordert hat. „Doch außer dem üblichen Merkel-Bashing und der Kritik an der EU kommt von der größten Oppositionspartei nichts, was zur Lösung der Probleme beitragen könnte.“ Ein „Fünf-Punkte-Sofortprogram“, das die Partei vorgelegt hat, reicht Hildebrandt scheinbar nicht aus, denn es „greift im Wesentlichen Vorschläge der Großen Koalition auf.“ Schlimm!

Als Beweis für ihre Behauptung, die AfD sei „die Partei der Corona-Leugner“ geworden, führt die Online-Redakteurin den Berliner Abgeordneten Martin Trefzer an, der trotz positivem Corona-Test an einer Sitzung des Abgeordnetenhauses teilgenommen habe, obwohl sie selbst einräumt, Trefzer habe „erst nach der Sitzung (erfahren), dass sein Test doch positiv ausgefallen ist.“

Außerdem würden die Bundestagsabgeordneten „das Sicherheitsabstandsgebot ignorieren“, die Sachsen-AfD habe „den Plan für ein Notparlament (boykottiert). Sie zwang den Landtag, in voller Stärke zu tagen.“ In Sachsen hätten sich AfD-Politiker sogar vor einem Krankenhaus postiert, um Blumen an Mitarbeiter zu verteilen. Skandal!

Die Landtagssitzung, auf die Hildebrandt sich bezieht, hatte ausdrücklich die Corona-Krise zum Thema: „Der AfD-Fraktionsvorsitzende Jörg Urban teilte mit, die Plenarsitzung sei nötig, um die Staatsregierung davon zu überzeugen, den Katastrophenalarm in Sachsen auszurufen. Alle Bürger müssten nachhaltig geschützt werden, nicht nur die Parlamentarier, sagte Urban. Es sei „perfide, angesichts der Corona-Pandemie Tausende Bürger weiter in ihren Betrieben arbeiten zu lassen und gesundheitlichen Gefahren auszusetzen“,“ schrieb die WELT. Von einer bewussten Irreführung Hildebrandts zu sprechen scheint hier also nicht abwegig.

Hildebrandt scheint desweiteren nicht bekannt zu sein, dass die AfD eine Webseite zum Thema Corona eingerichtet hat, oder dass AfD-Gesundheitsausschussmitglied Paul Podolay zusammen mit dem bayerischen Gesundheitsausschussmitglied Andreas Winhart und MdB Petr Bystron bereits am 5.3. auf den dringenden Bedarf an Schutzmasken und -kleidung hingewiesen hatten: „Laut (Bundesgesundheitsminister Jens) Spahn sind wir angeblich schon seit Januar auf Corona vorbereitet. Wenn dem so ist, wo sind dann die FFP-Masken für das Pflegepersonal? Wo sind die Quarantänebetten bereitgestellt? Wo ist die Schutzausrüstung für unsere Polizei und Einsatzkräfte? Das Einzige, worauf Jens Spahn sich jetzt noch vorbereiten sollte, ist sein Rücktritt, damit ein qualifizierter Mediziner als Gesundheitsminister übernehmen kann. Und zwar lieber heute als morgen.“

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hielt am 4.3. im Bundestag einen flammenden Appell für bessere Vorbereitung in der Corona-Krise und wurde von den anderen Fraktionen ausgelacht. Weidel wies darauf hin, dass „von dem Virus eine höhere Ansteckungsgefahr und ein größeres Mortalitätsrisiko (ausgeht) als von der gewöhnlichen Grippe. Eine Erkenntnis, die Sie, Herr Minister Spahn, noch am 24. Januar geleugnet haben. Die Infektion verlaufe bei Corona milder, haben Sie gesagt. Das war nicht Ihre einzige Fehleinschätzung – leider. Am 27. Januar haben Sie behauptet: ‚Wir sind gut vorbereitet.‘ – Sie tun es noch heute.“

Weidel sagte, „Wir müssen die vorhandenen Behandlungskapazitäten laufend erfassen und zügig erweitern, um für einen schlagartigen Anstieg der Erkrankungsfälle gewappnet zu sein. Wie viele Intensivbetten können kurzfristig bereitgestellt werden, wie viele Isolierstationen sind vorhanden? Wie viele werden benötigt? Das muss koordiniert werden. Wir brauchen flächendeckende und verpflichtende Tests für Risikopersonen sowie Menschen, die an Grippe oder schweren Erkältungen erkrankt sind. Nötig ist eine getrennte Testinfrastruktur, statt Arztpraxen und Krankenhäuser mit Untersuchung und Versorgung alleinzulassen. Von Hausärzten und Primärversorgungspraxen zu erwarten, dass sie ohne den erforderlichen Schutz Hilfe leisten, grenzt an fahrlässige Körperverletzung.“

Es müsse „dringend fehlende Schutzausrüstungen für Ärzte und medizinisches Personal bereitgestellt werden, sonst wiederholen sich Pannen wie letzten Sonntag in der Charité, als eine ganze Notaufnahmeschicht selbst in Quarantäne musste, nachdem ein Verdachtsfall hochpositiv getestet worden war, und das, nachdem der Patient nach Hause geschickt wurde. Nötig sind auch Temperaturkontrollen an den Flughäfen; das wird in China gemacht.“

Weidel forderte außerdem „systematische Einreisekontrollen an den Grenzen“, da Österreich bereits Züge stoppe, und Italien Migrantenschiffe unter Quarantäne stelle. Darüber lachten dann die Abgeordneten der anderen Fraktionen lautstark. Florian Post (SPD) höhnte: „Sollen wir die Grenzen schließen?“ Zwölf Tage später, am 16.3., begann Deutschland wieder mit Grenzkontrollen.

Es ist nicht bekannt, dass Antje Hildebrandt die Abgeordneten, die Dr. Alice Weidel noch am 4.3. verhöhnten und auslachten, als „Corona-Leugner“ dargestellt hat. „Im Fall der AfD verfestigt sich das Bild einer Partei, der es in Wirklichkeit nie um das Allgemeinwohl gegangen ist, sondern nur darum, das Vertrauen in die Demokratie und ihre Institutionen zu erschüttern“, fantasiert stattdessen die Welt-, Zeit- und EMMA-Autorin, scheinbar ohne mit einem Einzigen der derart diffamierten gesprochen zu haben.

Die AfD würde „in der Coronakrise sogar in Kauf nehmen, sich und andere in Lebensgefahr zu bringen“, halluziniert die Alt-68er-Autorin am Ende ihrer Wutschrift, die darin ihre „schlimmsten Vorurteile gegenüber der Partei“ bestätigt sieht.

Die Ironie, ihre eigenen Vorurteile auch noch zuzugeben, scheint Hildebrandt nicht bewusst gewesen zu sein.

 

Wir haben an Antje Hildebrandt und die Redaktion des Cicero geschrieben, mit folgenden Fragen:

1.) In dem Artikel werden keine AfD-Politiker zitiert, die “Corona leugnen”. Bitte schicken Sie uns ein paar Originalzitate von führenden AfD-Politikern, die „Corona leugnen“.

2.) Mit welchen führenden AfD-Politikern haben Sie gesprochen? Warum werden diese nicht zitiert?

3.) Wir haben z.B. die Bundestagsrede von Alice Weidel am 5.3. oder die Presseerklärung von Paul Podolay und Kollegen am 4.3. gefunden, die weit vor der Bundesregierung sehr konkret die Probleme mit Corona benannten. Diese werden in Ihrem Artikel nicht genannt. Ist das Absicht, oder Unkenntnis?

4.) Auf Cicero heißt es, Sie haben „Publizistik und Politikwissenschaften studiert.” Welchen akademischen Abschluss haben Sie hierbei erreicht? Was war das Thema Ihrer Abschlussarbeit?

Der Artikel geht um 17 h am 29.3. online. Falls Sie diese Nachricht erst am Montag erhalten können wir gerne Ihre Antwort nachträglich noch einfügen. 

Auf Ihre Antworten sind wir sehr gespannt!

Ein Antwort steht noch aus. Als wir diese Fragen um 16 Uhr am 29.3. auf Twitter stellten hat „Cicero“ uns blockiert.

Antje Hildebrandt hat uns ebenfalls blockiert, anstatt die Fragen zu beantworten.

Inzwischen ist der Artikel von "Cicero" hinter einer Paywall versteckt und nicht mehr frei abrufbar.

 

Erstveröffentlicht bei jouwatch - Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.


Autor: Collin McMahon
Bild Quelle: Screenshot


Montag, 30 März 2020