Die Mühen des jungen Herrn Lindh

Die Mühen des jungen Herrn Lindh


Man kann der SPD vieles vorwerfen, eines muss man ihr aber lassen: In keiner Partei gibt es so viele und so begabte Komiker wie bei den Sozialdemokraten.

Die Mühen des jungen Herrn Lindh

Von Henryk M. Broder

Ich sage nur: Lauterbach, Stegner, Schulz, Gesine Schwan, Andrea Nahles. Vor allem die beiden neuen Chefs, deren Namen ich mir nicht merken kann. Seit ihrer Wahl an die Spitze der SPD haben die beiden mehr Interviews gegeben als Willy Brandt während seiner ganzen Amtszeit, und eines war komischer als das andere. 

Nun aber zieht ein neues junges Talent an der Schalmeien-Kapelle der SPD vorbei, ganz im Stil der alten DDR-Parole "Überholen ohne einzuholen“: Helge Lindh, ein treuer Leser der Achse und ein begnadeter Debattenredner, mti dem wir uns an dieser Stelle bereits beschäftigt haben. 

Ich mag ihn schon deswegen, weil er mich an eine Figur aus meiner Kindheit erinnert, Hiram Holliday. Nur ist Helge Lindh noch dynamischer, noch charismatischer und vor allem: in Farbe. Er verkörpert die SPD so, wie Jürgen Drews die 68er verkörpert. Ein authentischer Typ, durch und durch.

Ich will Ihnen deswegen einen Notenwechsel nicht vorenthalten, den ich gerade mit ihm hatte. Ein Leckerbissen wie Stockfisch auf Labskaus.

Broder an Lindh, 23.5.

guten abend, sehr geehrter herr lindh, ich hoffe, es geht ihnen gut und sie genießen das schöne wetter.

ich habe zufällig erfahren, dass sie voll des lobes über ihren einsatz im kampf gegen den antisemitismus sind. „Mein Einsatz gegen Antisemitismus, gleich welcher weltanschaulichen, religiösen oder politischen Richtung, ist bekannt und eindeutig.“

es wird ihnen sicher nicht schwerfallen, mich wissen zu lassen, wann und wo sie gegen das abstimmungsverhalten des deutschen UN-vertreters bei israelbetreffenden resolutionen protestiert haben. oder was sie gegen die öffentlichen feiern zum al-kuds-tag unternommen haben. 

und falls sie kontakt zu ihrem ausgeschiedenem kollegen Johannes Kahrs haben, grüßen sie ihn bitte von mir.

Shabbat Schalom und Alahu Akhbar!

 

Broder an Lindh, 1.6.

guten tag, sehr geehrter herr lindh,

ich hoffe, sie haben ein paar erholsame pfingst-tage gehabt und die ausschüttung des geistes nicht verpasst. 

ich will sie nicht drängeln, möchte sie nur daran erinnern, dass sie meine anfrage vom 23. mai noch nicht beantwortet haben. ich verstehe, dass es eine weile dauern kann, bis sie alle unterlagen für ihren „Einsatz gegen Antisemitismus, gleich welcher weltanschaulichen, religiösen oder politischen Richtung“ zusammen haben, ich erwarte freilich kein konvolut über ihr leben sondern nur belege für zwei beispiele. 

bei dieser gelegenheit möchte ich sie daran erinnern, dass sie zwar von ihrer klientel in w-tal gewählt wurden, dass sie aber „Vertreter des ganzen Volkes“ (GG art 38) sind, also auch mir gegenüber zur rechenschaft verpflichtet.

also, mach mal hinne, helge!

mit coronafreien grüßen

Lindh an Broder, 1.6.

Guten Tag, sehr geehrter Herr Broder,

meine Antwort an die Jerusalem Post haben Sie offensichtlich umgehend durch die Jerusalem Post erhalten.

Damit sind sie ja informationell bestens eingebunden.

Ihnen gegenüber Unterlagen zusammenzustellen oder mich zu erklären bin ich selbstverständlich nicht verpflichtet.

Sie haben in Ihrem Artikel im Übrigen erschöpfend Ihr Desinteresse an Sachlichkeit und Fakten kundgetan.

Mit herzlichem Gruß

Helge Lindh

 

Broder an Lindh, 2.6.

guten morgen, sehr geehrter herr lindh,

ich fürchte, ich muss ihnen etwas erklären. wenn ich etwas von meiner frau wissen will, frage ich meine frau. wenn ich etwas von der jerusalem post wissen will, frage ich bei der JP nach. wenn ich etwas von einem abgeordneten wissen will, der sich zu einem speziellen thema geäußert hat, frage ich bei diesem abgeordneten nach.

ich habe es nicht aus spaß an der freud gemacht, aus nicht, um sie zu beschämen, ich wollte einfach nur wissen, was sie so alles bei ihrem heldenhaften „Einsatz gegen Antisemitismus, gleich welcher weltanschaulichen, religiösen oder politischen Richtung“ getan haben. verstehen sie, was ich meine?

natürlich sind sie nicht verpflichtet, sich mir gegenüber zu erklären, obwohl sie es de facto mit jeder zeile tun. im gegenzug bin ich nicht verpflichtet, die närrischen auftritte eines „Arschel“ – wie wir alt-österreicher sagen, wenn es für einen „Arsch“ nicht reicht – zu finanzieren. 

vergessen sie bitte nicht, wie schnell die guten zeiten am katzentisch der macht vorbei sein können. denken sie nur nur an ihren parteifreund kahrs.

mit grüßen aus der distanz

Und hier finden Sie noch mehr Lustiges von und mit Helge Lindh.


Autor: Henryk M. Broder:
Bild Quelle: : Martin Kraft CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons


Montag, 08 Juni 2020