Islamisches Zentrum Hamburg: Eine neue Dimension der Gefährdung

Islamisches Zentrum Hamburg: Eine neue Dimension der Gefährdung


In einem Werbevideo für das „Islamische Zentrum Hamburg“ (IZH) gerieren sich die Protagonisten als Botschafter des Friedens, hinter den scheinbar freundlichen Worten steht indes eine klare Drohung.

Islamisches Zentrum Hamburg: Eine neue Dimension der Gefährdung

Von Birgit Gärtner, MENA Watch

Das Video unter dem Motto „Wir sind alle IZHamburg“ ist die Antwort auf die Forderung nach Schließung des schiitischen Zentrums seitens der Hamburger Bürgerschaftsfraktionen von CDU und AfD. Vordergründig ist darin viel von Dialog zwischen Muslimen, Christen und Juden sowie gesellschaftlichem Miteinander die Rede; bei genauerer Betrachtung ist die Botschaft jedoch: Wer das IZH angreift, kriegt es mit Hunderttausenden Schiiten aus ganz Europa zu tun.

Seit 2004 im Visier des Verfassungsschutzes

Seit etwa 60 Jahren seien das IZH und die daran angeschlossene „Imam-Ali-Moschee“, „liebevoll Blaue Moschee genannt“, ein gastlicher Ort des friedlichen Miteinanders, werden die Protagonisten des Videos nicht müde zu betonen. Das sehen bekanntermaßen nicht alle so, ist das IZH doch seit vielen Jahren in der Kritik. So wurde es bereits 2004 im Hamburger Verfassungsschutzbericht erwähnt:

„Das IZH, Träger der ‚Imam-Ali-Moschee‘ an der Außenalster, gehört zu den wichtigsten Zentren schiitischen Glaubens in der Bundesrepublik Deutschland und Europa. Seine besondere Bedeutung als Repräsentanz der Islamischen Republik Iran wird dadurch unterstrichen, dass die Einrichtung dem geistigen Oberhaupt Irans unmittelbar unterstellt ist und dieser den jeweiligen Leiter direkt bestimmt.

Das IZH verfolgt als verlängerter Arm der Teheraner Revolutionsführung konsequent das Ziel, islamistisches Gedankengut nach heimatlichem Vorbild in Deutschland zu verbreiten und seinen Einfluss auf die schiitische Gemeinde zu intensivieren, u.a. durch die Gründung neuer Islamischer Zentren bzw. die Unterstützung entsprechender Vorhaben sowie durch vielfältige Formen der Kooperation mit anderen Gruppierungen und Einrichtungen in Deutschland und im europäischen Ausland. (…)

Als Einrichtung der iranischen Regierung ist das IZH jedoch weiterhin den Revolutionszielen Khomeinis verpflichtet, die auf den Export der islamischen Revolution mit dem Ziel der Islamisierung der gesamten Welt ausgerichtet sind.

Ebenso gehört das IZH zu den Organisationen, die die jährlich in Berlin stattfindende Großdemonstration zum ‚Jerusalem-Tag‘ (‚Quds-Tag‘, zuletzt am 22.11.2003) veranstalten, auf der das Ziel der Wiedereroberung Jerusalems für die Muslime propagiert und damit die aggressive Konfrontation mit Israel betont wird. Auch in dieser Frage folgt die Einrichtung der politischen Linie der Islamischen Republik Iran.

Bezeichnend für die politische Ausrichtung des IZH ist zudem seine Unterstützung der in Hamburg lebenden Hizb-Allah-Anhänger, denen u.a. Versammlungsräume zur Verfügung gestellt werden.“

Ein Blick hinter die hübsche Fassade der „Blauen Moschee“

2005 später gründete sich in Hamburg der „Rat der Islamischen Gemeinschaften“ (SCHURA), das IZH stellte von Anfang an einen der drei Vorsitzenden. Aktuell bekleidet Mohammad Ale Hosseini dieses Amt, der zudem Vorstandsmitglied der „Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands“ (IGS) ist. Laut Kazem Moussavi, Sprecher der „Green Party of Iran“ ist die IGS mittlerweile hauptverantwortlich für die Organisation des alljährlich am letzten Wochenende des Fastenmonats Ramadan stattfindenden „Al-Quds-Tags“. Hosseini hat es sich nicht nehmen lassen, eine eigene Botschaft zu verfassen.

Am 13. November 2012 unterzeichnete der damalige Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, den „Staatsvertrag“ mit den islamischen Verbänden, u.a. mit der SCHURA. Diese wurde von einem Vorstandsmitglied geführt, das eine Organisation vertritt, die zum damaligen Zeitpunkt bereits seit fast 10 Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wurde; der von diesem attestiert wurde, die Berliner Judenhasser-Demonstration zum al-Quds-Tag zu verantworten sowie Terrororganisationen zu unterstützen und deren Anhängern Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.

2016 geriet das IZH in die Schlagzeilen, weil „laut Verfassungsschutz rund 200 Personen, die die Blaue Moschee regelmäßig besuchen, auf der [Al-Quds-Demonstration; Anm. d. Verf.] am 2. Juli in der Hauptstadt“ zugegen waren, wie seinerzeit das Hamburger Abendblattberichtete. Auch 2017 und 2018 nahmen dem Verfassungsschutz zufolge IZH-Gänger am „Al-Quds-Tag“ in Berlin teil.

2020 wurde der „Al-Quds-Tag“ aufgrund der Corona-Einschränkungen verboten. Deshalb wurde er kurzerhand als „Online-Quds-Tag“ ins MuslimTVverlegt, dem Internetkanal, der von den Brüdern Yavuz und Gürhan Özoǧuz betrieben wird. Neben viel Palästina-Fahnen, religiösem Singsang und Zitaten von Ayatollah Khamenei verortete Yavuz Özoǧuz darin den „Kernkonflikt der Zeit“ in „der Vertreibung und der ethnischen Säuberung Palästinas“.

Ein namentlich nicht genannter YouTuber konnte davon träumen, dass durch eine „demokratische Entscheidung“ der Nachfahren der „Vertriebenen“ der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Tod am Galgen verurteilt und die Vertreibung aller Israelis, auch der in den vergangenen 70 Jahren im Staat Israel geborenen, beschlossen wird. So viel zum Thema Dialog mit den Juden…

Die Hamburgische Bürgerschaft hält am Staatsvertrag fest

Die AfD beantragte bereits 2017 in der Hamburgischen Bürgerschaft, Sanktionen gegen das IZH zu verhängen. Anfang dieses Jahres geriet die „Blaue Moschee“ erneut in die Schlagzeilen, weil sie aus dem Trauern um den Revolutionsgardenführer und „Märtyrer“ Qasem Suleimani nicht herauskam, der im Irak einem US-Drohnenangriff zum Opfer fiel.

Das führte zu Protesten, und CDU-Bürgerschaftskandidat Ali Ertan Toprak, Präsident der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände“ (BAGIV), stellte Strafanzeige gegen das IZH wegen Terrorverherrlichung. Kurz darauf beschloss die Hamburger CDU die Forderung nach Schließung des IZH.

Am 30. April 2020 erließ das Bundesinnenministerium ein Betätigungsverbot der „Hizb Allah“, kurz darauf schrieb der Leiter des IZH, Mohammad Hadi Mofatteh, einen offenen Brief an den Bundespräsidenten, in dem er die direkte Verbindung zwischen der religiösen Führung im Iran und der „Blauen Moschee“ bekräftigte. Das hielt die SPD und die Grünen indes nicht davon ab, im kürzlich vereinbarten Koalitionsvertrag unter dem Stichwort „Dialog mit den Religionsgemeinschaften“ festzuschreiben:

„Die Koalitionspartner werden die islamischen und alevitischen Verbände und Gemeinden auf ihrem Weg der Anerkennung als Körperschaft unterstützen. Die Koalitionspartner sehen das räumliche Problem vieler muslimischer Gemeinden und werden deshalb diesen im Baurecht und bei der Grundstücksvergabe die Möglichkeit zum Bau ihrer Gotteshäuser einräumen, die andere Religionsgemeinschaften auch haben.“

Am 26. Mai 2020 erhielten Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft einen Brief, in dem sich schiitische Vereine aus Hamburg, darunter Schura-Mitglieder, ihrerseits vor das IZH stellten, wie die Islamismus-Expertin Sigrid Herrmann-Marschall auf ihrem Blog „Vorwärts und nicht vergessen“ berichtete.

Damit sollte das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten im Sinne des IZH beeinflusst werden; denn einen Tag späte – auf der Bürgerschaftssitzung am 27. Mai 2020 – stellte die AfD-Fraktion den Antrag „Das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) als Stützpunkt der Hizb Allah mit sofortiger Wirkung schließen“. Fraktionsvorsitzender Alexander Wolf nannte in seiner Antragsbegründung „die Herren aus der Imam-Ali-Moschee hartgesottene Antisemiten“ und bezeichnete sie als „Judenhasser“, die „eine weltweite islamische Revolution herbeisehnten“.

Die CDU stellte einen Ergänzungsantrag wobei der parlamentarische Geschäftsführer der Bürgerschaftsfraktion, Dennis Gladiator, den Antrag auf der Webseite der Partei folgendermaßen begründete: Es gelte

„alle offiziellen Kontakte zum Islamischen Zentrum Hamburg e.V. (IZH) sofort zu beenden, ein Vereinsverbot zu prüfen und umzusetzen sowie den Staatsvertrag mit der SCHURA auszusetzen, solange das IZH ein Teil dieser ist.

Das IZH wird seit vielen Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet, weil sich seine Aktivitäten gegen die Prinzipien und Werte der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland richten. Auch die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) fordert SPD und Grüne auf, den Staatsvertrag mit der SCHURA auszusetzen, solange das IZH dort Mitglied ist. Jüngst ist das IZH mit mangelnder Distanz zur Terrororganisation Hisbollah aufgefallen.“

Eine Diskussion zu den Anträgen gab es im Parlament nicht, beide Anträge wurden mit großer Mehrheit abgelehnt. Für Ali Ertan Toprak stellen sich die als antifaschistisch bezeichnenden Fraktionen von SPD, Grünen und LINKEN mit ihrem Abstimmungsverhalten ein Armutszeugnis aus:

„Wer ‚nur‘ deutschen Rassismus kritisiert, aber bei Rassismus in Reihen der Einwanderer-Communities schweigt, ist selber ein Rassist. Wäre es nicht im Sinne einer emanzipatorischen Politik, keine doppelten Standards anzulegen, sondern gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, egal woher diese ertönt zu kritisieren und zu bekämpfen?

Würde das nicht bedeuten, dass linke Parteien in Deutschland ihren, (von mir sehr geschätzten) Einsatz gegen Rechtsradikale genauso konsequent gegen Islamisten führen müssten? Vielleicht sollten sie erklären warum Sie hier scheinbar einen Unterschied machen? Ist der Antisemitismus und Hass gegen Israel nicht gerade die Schnittstelle von Islamismus/IZH/Hisbollah und dem Rechtsextremismus?“

In seiner Stellungnahme für Mena-Watch interpretiert er das Werbevideo des IZH zudem als

„eine unverhohlene Drohung. Özoǧuz spricht von Krieg. Mit anderen Worten: Wenn Ihr das IZH verbietet, werden wir hier in den Krieg gegen Euch ziehen. Sie müssen sich wirklich sehr bedrängt fühlen. Ich denke, das bringt eine absolut neue Dimension in unsere Gefährdungsbeurteilung, wenn Sie hier davon reden, dass wir ‚Feinde des Islam‘ sind… Immerhin handelt es sich nicht um irgendwen sondern um die Repräsentanten der Hisbollah und des iranischen Regimes.“

Auch Kazem Moussavi weist gegenüber Mena-Watch eindringlich daraufhin, dass sich in dem Video Statthalter des iranischen Regimes zu Wort melden und fordert rechtliche Konsequenzen:

„Die ‚Blaue Moschee‘ ist nicht ein religiöses Zentrum, sondern eine das friedliche Zusammenleben gefährdende sowie für iranische Oppositionelle im Exil gefährliche staatliche Propaganda-Institution des iranischen Regimes in Europa.

In dem Video wird verschwiegen, dass IZH und IGS Repräsentanten eines religiösen, antisemitischen Terror-Regimes sind, das die Bevölkerung im Iran systematisch schikaniert, Frauen unterdrückt, Homosexuelle und Systemgegner hinrichten sowie Oppositionelle weltweit von seinem Geheimdienst MOIS verfolgen und ermorden sowie jüdische Einrichtungen bespitzeln lässt und somit ein Sicherheitsrisiko für jüdische Bürgerinnen und Bürger in Deutschland darstellt.

Aus diesem Grund sind ihre vom Religionsführer Ali Khamenei direkt beauftragten Verantwortlichen Mohammad Hadi Mofatah und Mahmoud Khalilzadeh in Deutschland vor Gericht zu stellen und die Verbindungen von IZH und IGS zu terroristischen Organisationen und dem iranischen Geheimdienst lückenlos aufzuklären.“

Einseitiger Dialog

Mit der Eigen- und der Fremdwahrnehmung ist es bekanntlich so eine Sache. Die Mitwirkenden in dem Werbevideo sehen sich als Botschafter des Friedens, beschreiben die „Blaue Moschee“ als einen Ort des Dialogs zwischen Muslimen, Christen und Juden sowie des gesellschaftlichen Miteinanders. Jene Moschee, hinter der Organisationen stehen, die alljährlich ihren Judenhass öffentlich zelebrieren. Jene Moschee, die zumindest der Hälfte der Bevölkerung, nämlich den Frauen, versperrt ist, denen nur zu bestimmten Anlässen in bestimmte Räumlichkeiten Einlass gewährt wird.

Nicht zufällig sind in dem Video dann auch fast ausnahmslos Männer zu sehen. Lediglich in einem Beitrag sind drei Frauen platziert, von denen zwei ein Pappschild mit der Aufschrift #izhmeinzuhause halten.

 

MENA Watch


Autor: MENA Watch
Bild Quelle: Pauli-Pirat / CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)


Dienstag, 09 Juni 2020