Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser


Dieser Tage verbreitete die dpa eine Forsa-Umfrage in der Badischen Zeitung mit der Schlagzeile: „Vertrauen in den Staat ist gewachsen.“

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Von Albrecht Künstle

Untertitel: „Laut einer Umfrage des Forsa-Instituts trauen weit mehr Bürger als noch vor einem Jahr der Regierung zu, ihre Aufgaben zu erfüllen.“ 2018 bejahten das 34 Prozent der Befragten, letztes Jahr 56 Prozent. Nun ja, ich selbst traue dieser Regierung auch fast alles zu. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu meinen Erfahrungen und denen meines Umfeldes. Auch wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass die CDU/CSU der Corona-Gewinnler wurde, im Gegensatz zur SPD, die ja auch Regierung zu sein glaubt. Aber sind diese Parteien „der Staat“?

Als erstes suche ich beim Lesen solcher Thesen den Wortlaut der Fragestellung. Diese wurde in der dpa-Meldung diesmal angegeben. Der Fragesatz (?) lautete: „Der Staat ist in Bezug auf seine Aufgaben in der Lage, sie zu erfüllen.“ Dies war aber eine waschechte Suggestivfrage, welche die Antwort schon beinhaltete. Hinter einer Frage hat ein Fragezeichen zu stehen, kein Punkt.

Aber selbst in diesem Wissen hätte ich die Frage nach dem Können mit Ja beantworten dürfen. Notwendig wäre aber die Anschlussfrage gewesen, „Erfüllt der Staat aus Ihrer Sicht seine Aufgabe auch, oder wäre er dazu nur in der Lage?“ Oder einfach nur eine echte Fragestellung, „Erfüllt der Staat die für Sie wichtigen Aufgaben?“ Aber an der gestellten Suggestivfrage zeigt sich, dass nicht nur die Medien zu Hofberichterstattern der Regierung wurden, sondern auch Demoskopen zu deren Erfüllungsgehilfen.

Deutschland gilt als der Nachwächter in Europa

Zur Sache: Der Staat hat Geld wie nie und müsste in der Lage sein, alle Aufgaben zu erfüllen. Aber er will es nicht, kann es nicht oder tut es nicht. Wenige Beispiele in alphabetischer Reihe.

Am Tag des Alarms am 10. September hätten probehalber alle öffentlichen Alarmsysteme ihre Aufgabe zu erfüllen gehabt – sie taten es nicht, der Staat hat versagt.

Die Bahn-Politik Deutschlands ist ein Desaster, sie versagt auf ganzer Strecke. Unpünktliche und ausfallende Züge, der Schienenausbau dauert meist um die Hälfte länger und wird doppelt so teuer, mit Fertigstellung oft erst in der nächsten Generation – Deutschland gilt als der Nachwächter in Europa.

Gerade am Anfang der Informationen über Corona im Ausland hat unser Staat geschlafen. Dann verharmloste er, anschließend überreagierte er und verordnet bis zum heutigen Tag widersprüchliche Maßnahmen. Aber gerade das Corona-Virus soll das Vertrauen in den Staat gestärkt haben? Dann „kam“ es ja gerade zur rechten Zeit!

… ich kürze es ab, weil das Alphabet lang ist und schließe ab mit Z wie Zuwanderung. Aufgabe des Staates wäre es, Zuwanderung zu steuern und dabei auch unsere Interessen zu wahren, und nicht nur die der Buntisten und Moralisten. Aber jeder, der das Wort Asyl aussprechen kann, wandert zu und nicht mehr weg. Und wer es an der Grenze nicht aussprechen kann, wird hergeholt. Das ist keine Aufgabe des Staates, die er gut zu erfüllen hat. Und so weiter und so fort.

Journalisten sind nur halb so angesehen wie Polizisten

Ich wollte diesen Artikel gerade beenden, da erreichte mich die Antwort von Forsa. Die Umfrage gab der Deutsche Beamtenbund in Auftrag. Die Intention ist mir klar: Die Umfrage sollte rechtzeitig vor den Tarifverhandlungen vorliegen und dessen Verhandlungsposition stärken mit der Aussage, „Deutschland kann Staat“ – was er den Beamten zu verdanken habe, die besser entlohnt werden müssen. Das verstehe ich als ehemaliger Gewerkschafter gut.

Aber die mir zugeschickte Rangfolge der Antworten zeigt etwas ganz anderes und höchst Interessantes, was die Medien unterschlugen: Ein schlechtes Zeugnis stellten die Befragten in den Bereichen Schul- und Bildungspolitik, Asyl- und Flüchtlingspolitik, Corona-Management und innere Sicherheit aus.

Und auch wer dafür verantwortlich gemacht wird, brachte die Umfrage zwar an den Tag, aber die Medien brachten es nicht unter die Leute. Die schlechtesten Noten erhielten die Landes- und Bundesministerien sowie die Sozial- und Arbeitsämter. Hat jemand etwas darüber gelesen?

Jetzt noch zum „Ansehen einzelner Berufsgruppen“: Die viel geschmähten Polizisten/innen haben mit 82 Prozent ein „sehr hohes Ansehen“. Nur halb so angesehen sind Journalisten – was für eine Überraschung! Aber immerhin ist deren Ansehen um zwei Prozentpunkte gestiegen, seit auch ich schreibe.


Autor: Albrecht Künstle
Bild Quelle: Wilhelm Trübner zeno.org via Wikimedia Commons


Samstag, 26 September 2020