Antisemitismus-Vorwürfe: Journalisten fragen - der mdr schweigt

Antisemitismus-Vorwürfe:

Journalisten fragen - der mdr schweigt


Auf der Grundlage unserer Berichterstattung hat Hans Werner Conen einige Fragen an den mdr gestellt - und eine vielsagende Antwort bekommen.

Journalisten fragen - der mdr schweigt

Nachfolgend dokumentieren wir den, für sich selber sprechenden Mailwechsel zwischen unserem Autor und der mdr-Redaktion.

Text der  Mail mit den Fragen an den mdr:

"Betrifft: Antisemitismus im MDR

Sehr geehrte Damen und Herren,  

da ich mich als Journalist seit längerer Zeit mit dem immer wichtigeren Problemfeld „ANTISEMITISMUS in Deutschland“ beschäftige, weckte ein Bericht auf dem Internet-Portal vom

 DJV-Landesverband Berlin-Brandenburg 

mein besonderes Interesse. 

Unter dem Titel „Antisemitismus im Mitteldeutschen Rundfunk“ beschreibt dort ein Autor eine Reihe von Tendenzen, die zu dieser Schlagzeile geführt haben – ohne Fragezeichen, wohlgemerkt. 

In diesem Zusammenhang stellen sich mir mehrere, substantielle Fragen. 

Da ich diese Recherche vor Veröffentlichung kurzfristig abschließen möchte, bitte ich Sie, mir bis 

    Mittwoch, 28.10.2020

Ihre Antworten zukommen zu lassen. Diese Frist scheint mir auskömmlich zu sein.

Sollte ich in dieser wichtigen Angelegenheit bis dahin nichts von Ihnen hören, muß ich davon ausgehen, daß die in dem erwähnten Artikel benannten Details und Begebenheiten zutreffen und der MDR von einem jeweiligen Kommentar absieht.

F r a g e n

  1. Trifft es zu, daß bei händischen Eingaben in die MDR-Mediathek unter den beliebigen Stichworten „Juden in Sachsen-Anhalt“ oder „Jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt“ jeweils die Antwort erfolgt: „Keine Treffer – Ihre Suche nach…ergab keine Treffer“. Wie erklärt der MDR, daß derartige „Treffer“ nicht gelingen?
  2. Trifft es zu, daß der MDR keine regelmäßige Berichterstattung über jüdische Ereignisse, Feiertage, Zusammenkünfte etc. vornimmt, obwohl der MDR-Staatsvertrag die Rücksicht auf die Belange von „katholischer Kirche, evangelischer Kirche und jüdischer Gemeinden“ in einem Atemzug und somit gleichberechtigt und gleichwertig nennt? 
  3. Trifft es zu, daß der MDR mit Datum „19.10.19, 11 Uhr 26“ in einem Beitrag auf der MDR-Webseite auf Äußerungen des Antisemitismus-Beauftragten der Landesregierung, Wolfgang Schneiß, hinwies, wonach sich Antisemitismus in Sachsen-Anhalt in einem „großen Graubereich“ befinde?
  4. Sieht der MDR hier ein wichtiges Feld der Information über dieses Thema – wenn ja, auf welchen Sendeplätzen, wo und auf welche Weise findet diese Aufklärung  statt?
  5. Ist dem MDR die Studie unter dem Titel „Antisemitismus in Sachsen-Anhalt“ (ohne Fragezeichen) von RIAS (Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus – bundesweite Koordination) bekannt, die zu der Schlußfolgerung kommt, ein Netzwerk von Journalisten könne dieser antisemitischen Entwicklung im Lande entgegenwirken?
  6. Ist der MDR diesem Netzwerk – falls vorhanden – beigetreten, oder welche Schritte hat der Sender unternommen, um dieses Netzwerk zu knüpfen oder sich in führender Position einzubringen?
  7. Trifft es zu, daß es zu Beginn der 90er Jahre – Umfragen ergaben damals, wie heute, umfassende Unkenntnis der Bürger über jüdisches Leben oder Antisemitismus – Bemühungen im MDR-Funkhaus Halle gab, durch Interviews und Einladungen prominenter jüdischer Vertreter für bessere Aufklärung zu sorgen? Siehe TAZ-Autor Eberhard Löblich Ende 1994 in einem umfassenden Beitrag unter dem Titel „Zuviel Jüdisches“ über Vorgänge im MDR.
  8. Trifft es zu, daß derartige Bemühungen – u.a. offenkundig von TV-Chef Bernd Träger – verhindert oder konterkariert wurden, wobei u.a. die Einladung des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, zur Teilnahme an einem „Magdeburger Gespräch“ vereitelt, aber später peinlicherweise nachgeholt werden mußte?
  9. Trifft es zu, daß TAZ-Autor Löblich in seinem Artikel wahrheitsgemäß darüber berichtete, daß der führende MDR-Mitarbeiter Heiner Tognino, ein Mann aus dem Hamburger Polizeireporter-Milieu -  seinerzeit recherchieren ließ, ob von jüdischer Seite unberechtigte Entschädigungsansprüche in Magdeburg verfolgt würden und sachkundige Mitarbeiter nach Streitigkeiten zum Thema Antisemitismus den MDR verlassen mußten?
  10. Trifft die umfangreiche Recherche der „Frankfurter Rundschau“ aus den Neunziger Jahren zu, wonach im weiteren Ablauf von grundlegenden Unstimmigkeiten über das Thema „Antisemitismus“ der damalige TV-Chef des Funkhauses Magdeburg, Bernd Träger, mit Hilfe einer 25 Seiten umfassenden Vorlage über angebliche Verfehlungen, die seinerzeit dem Verwaltungsrat vorgelegt wurde, aus den MDR-Diensten ausschied? Wer führte diese Neben-Personalakten auf wessen Veranlassung (namentliche Zuständigkeit!) und wurde das Kontrollgremium über die ungesetzliche, auch damaligem Datenschutz extrem widersprechende Praxis wahrheitsgemäß und vollständig unterrichtet?
  11. Falls nein – weshalb nicht? Welche dienstrechtlichen Folgen hatte die Führung dieser Akten, vermutlich auch für andere Führungskräfte? Werden auch heute noch Neben-Akten über interne Personalvorgänge angelegt – und ist dies dem Verwaltungsrat in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung bekannt? Falls nein – was sind die Gründe des Verschweigens dieser Tatsachen?
  12. Wird der MDR angesichts der Attentate von Hanau und Halle und des laufenden Prozesses gegen den geständigen Mörder von Halle im Programm künftig ausführlicher auf das Thema „Antisemitismus“ eingehen?
  13. Falls Ja, auf welche Weise – falls Nein – warum nicht?

 

Mit Dank für Ihre Bemühungen und Ihren Antworten entgegensehend verbleibe ich mit freundlichen Grüßen.

Hans Werner Conen"

 

Und hier die Antwort des mdr:

"Betreff: WG: Fragen an den MDR

 

Sehr geehrter Herr Conen,

 

besten Dank für Ihre Anfrage, die darin enthaltene These von Antisemitismus im MDR weisen wir entschieden zurück. Die Vielfalt der Gesellschaft und auch der Religionsgruppen in unseren Angeboten abzubilden, ist elementarer Teil unseres Programmauftrags. Jüdisches Leben in Mitteldeutschland wird regelmäßig im Fernsehen, Radio und Online abgebildet – in unterschiedlichen Formaten und Schwerpunkten. Einen Überblick finden Sie mit einem Klick: mdr.de/religion/juedisches-leben/index.html und selbstverständlich auch in der Mediathek: www.ardmediathek.de/mdr/sammlung/nach-dem-anschlag-so-leben-juden-heute/68VND1lqSsC6iKa4mHSrPb .

 

Mit freundlichen Grüßen

Julia Krittian"

 


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot


Sonntag, 25 Oktober 2020