Innenminister und Verfassungsschutz: Am 9. Dezember wird die AfD zum Beobachtungsfall erklärt!

Innenminister und Verfassungsschutz: Am 9. Dezember wird die AfD zum Beobachtungsfall erklärt!


Vom 9. bis 11. Dezember findet eine turnusmäßige Versammlung aller Innenminister der Länder statt: die Innenminister-Konferenz.

Innenminister und Verfassungsschutz: Am 9. Dezember wird die AfD zum Beobachtungsfall erklärt!

Von Michael van Laack

Nach uns vorliegenden verifizierten Informationen steht auf der Tagesordnung, die AfD als Gesamtpartei mit allen ihren Untergliederungen zum Beobachtungsfall zu erklären.

Es liegen Berichte der Verfassungsschutzämter sämtlicher Bundesländer und des BfV vor, die auf Basis ihrer Erkenntnisse ausnahmslos diese Empfehlung aussprechen. Unmittelbar danach werden der Bundesinnenminister und Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang vor die Presse treten.

Materiellrechtliche Voraussetzung einer Beobachtung

Eine politische Partei darf durch den Verfassungsschutz beobachtet werden, wenn hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Partei verfassungsfeindliche – also gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete – Bestrebungen verfolgt.

Die Rechtsgrundlage hierfür ergibt sich aus den Verfassungsschutzgesetzen des Bundes und der Länder (z.B. § 8 Abs. 1 i. V. m. §§ 3, 4 Abs. 1 Satz 3 BVerfSchG). Voraussetzungen für die materielle Rechtmäßigkeit der Beobachtung sind demgemäß: Die Beobachtung muss sich auf Bestrebungen beziehen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Voraussetzung für die Beobachtung ist nicht, dass bei ihrem Beginn bereits feststeht, dass die zu beobachtende Partei verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt; es reicht aus, wenn es hierfür hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte gibt.

Worauf stützen sich die Ämter unter anderem?

a) Der Flügel und sein Umfeld

Bisher werden nur jene Mitglieder der AfD beobachtet, die dem zwar offiziell aufgelösten – in seinen Strukturen allerdings immer noch existierenden „Flügel“ zugehören. Dass es im Zusammenhang mit einer Beobachtung immer so genannten Beifang gibt, erklärt sich von selbst. Dieser Beifang hat weitere Namen von Abgeordneten der Partei in Bund, Ländern und Kreisen und auch einfachen Parteimitgliedern in den Fokus des BfV und der Ämter der Länder gerückt. Es soll Anhaltspunkte geben, dass die Zahl der Personen innerhalb der Partei, die verfassungsfeindliche Bestrebungen haben, deutlich größer ist als der Kreis der ehemaligen Flügel-Zugehörigen.

b) Kontakte zu rechtsradikalen Personen im Querdenken-Milieu

Die Querdenken-Bewegung ist eine bunte Truppe. Oder präziser: Eine Querfront von Links bis Rechts, von Medizinern bis zu Esoterikern. In der Bewegung finden sich nach Ansicht der Verfassungsschutzämter allerdings auch nicht wenige Rechtsradikale außerhalb der AfD, die zunehmend an Einfluss gewinnen. Zahlreiche Mitglieder des „Flügels“ stehen mit diesen Personen nach Erkenntnis der Ämter in regem Kontakt, sprechen gemeinsam auf Veranstaltungen und organisieren Demos in Demos. D.h., sie organisieren Gruppen innerhalb einer Querdenken-Demo, die bestimmte Botschaften in die Öffentlichkeit tragen sollen.

Hinzu kommt, dass auch mancher – ich möchte ihn advokat „naiv“ nennen – AfD-Kader der Mitte Kontakt zu solchen Personen pflegt. Oft wohl auch, weil sie nicht wissen, mit wem sie da kooperieren. Denn ihnen wird vorgespielt, dass es nur um Corona und Merkel gehe. Für die Verfassungsschutzämter ist das allerdings berechtigterweise irrelevant. Sie entdecken Verbindungen und ziehen daraus ihre Schlüsse. Sie fragen nicht bei den betreffenden Mitgliedern der Mitte nach: „Was weißt Du über diese Person?“ oder „Teilst Du alle seine Ansichten“?

c) Die „Bedrängungs“-Aktion im Bundestag

Sie wird sicher nicht den Ausschlag dafür geben, ob es zu einer Beobachtung der Gesamtpartei kommt oder nicht. Aber wir dürfen getrost davon ausgehen, dass diese ebenso überflüssige wie unprofessionelle Aktion ausgiebig in der Pressekonferenz thematisiert wird. Sowohl Seehofer als auch Haldenwang dürften in ihren Ausführungen genussvoll die Ereignisse in Erinnerung rufen und die aus ihrer Sicht dramatische Gefahr beschreiben, die von der AfD insgesamt ausgehe.

Ist das noch abzuwenden?

Manche sagen (so auch Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz), eine sofortige Distanzierung von den Querdenker und von bestimmten prominenten Personen in der AfD könnte zumindest einen Zeitgewinn bringen, weil die Innenminister-Konferenz den Tagesordnungspunkt dann erst in 2021 behandeln würde. Allerdings hören wir aus dem Amt, dass diese Distanzierung unverzüglich, deutlich und glaubhaft erfolgen müsste, damit jene Gruppe im BfV, die die Endfassung des Papiers für die Innenminister am Monatsende vorlegen wird, dies noch in ihre Bewertung aufnehmen kann.

Faktisch also dürfen wir sagen: es ist aussichtslos. Ob eine Beobachtung der Gesamtpartei mit Blick auf die Wahlen in 2021 der AfD mehr schaden als nutzen oder wirkungslos bleiben wird, bleibt abzuwarten. Das aber ist nicht das eigentliche Problem. Dies liegt ganz woanders. Die Partei hat wertvolle Jahre in der Frage der Extremismus-Bekämpfung in den eigenen Reihen mit „Abwarten und Tee trinken“ verbracht, Hier mal ein starkes Wort gegen Antisemitismus, dort mal Kritik am Flügel in Sonntagsreden. Und auch ein paar Parteiausschlüsse, wenn es gar nicht mehr anders ging.

Distanz muss sichtbar geschaffen werden, nicht nur mit Worten

„Die Botschaft hör´ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.“ Das ist das Kernproblem der Führung der AfD seit manchem Jahr. „Wir distanzieren uns in aller Form von den Aussagen des Herrn X.“ Prima, wäre da nicht oft genug ein Satz hinterher gekommen wie: „Aber ich schätze dennoch seine Leistung für die Partei. Bisher hatten wir auch keine Probleme mit ihm!“ – Oft genug fand man sich dann auch schon am Tag nach der Distanzierung in leutseligem Plausch mit Herrn X. vor den Kameras der Hauptstadt-Journalisten am warmen Buffet ein.

Eine Spaltung der Partei wollte niemand riskieren. Nicht, als es noch schmerzfrei hätte vollzogen werden können (2018). Und auch nicht 2019, als die Causa Kalbitz noch einmal die Möglichkeit geboten hätte. Man kann nur hoffen, dass vom Bundesparteitag an diesem Wochenende in Kalkar ein starkes Signal ausgeht. Und zwar nicht wieder dummschwätzerisch: „Einer für alle. Und alle für den Flügel! Wir lassen uns nicht spalten.“ sondern: „Wir wollen zu einer wirklichen Alternative für Deutschland werden. Und das kann nur gelingen, wenn wir uns von allem verfassungs- bzw. demokratie-feindlichen und sonstigem radikalen Unrat reinigen!“ Nicht in einem Jahr, nicht in einem Monat. Sondern so schnell, wie es jetzt geboten und überhaupt noch möglich ist.

 

Philosophia Perennis


Autor: Philosophia Perennis
Bild Quelle: Screenshot YT


Mittwoch, 25 November 2020